In Niedersachsen werden für die Erstellung der Eröffnungsbilanz (der "Ersten Eröffnungsbilanz")[1] zunächst die Ansatz- und Bewertungsvorschriften für die Jahresbilanz auf die Eröffnungsbilanz übertragen. Die Vermögensgegenstände werden generell nach den historischen Anschaffungs- oder Herstellungswerten, vermindert um Abschreibungen bewertet (fortgeführte historische Anschaffungs- bzw. Herstellungswerte[2]).

Allerdings wollte man den Kommunen durch Vereinfachungsmöglichkeiten entgegenkommen und sie nicht überfordern. Abgesehen von den allgemeinen Vereinfachungsverfahren – Festwertverfahren und Gruppenbewertung (gem. § 48 KomHKVO NI) – sind zur Erstellung der Ersten Eröffnungsbilanz weitere spezielle Erleichterungen wahlweise möglich:[3]

  • Auf die Erfassung von beweglichem Vermögen bis zu einem Anschaffungs- oder Herstellungswert von 5.000 EUR brutto, d. h. mit Umsatzsteuer (vor 2008 lag der Betrag bei 410 EUR netto), kann seit Beginn 2008 ganz verzichtet werden.[4]
  • Auf die Erfassung von bereits abgeschriebenem beweglichem Vermögen kann verzichtet werden.[5]
  • Auf eine Aktivierung geleisteter Investitionszuweisungen und -zuschüsse kann ebenfalls verzichtet werden.[6]
  • "Der Bodenwertanteil für Grundstücke, die vor dem Jahr 2000 erworben wurden (auch unentgeltlich – Anm. AG), kann auch mit einem Zeitwert angesetzt werden, der sich an dem für das Jahr 2000 geltenden Bodenrichtwert orientiert, wenn die Ermittlung von Anschaffungswerten unvertretbar aufwändig wäre".[7]

Bei der Entscheidung über die Nutzung oder Ablehnung der Wahlrechte darf nicht willkürlich vorgegangen werden. Es muss sachgerecht geprüft werden, welche Lösung der Wirklichkeit am nächsten kommt.[8]

Eine Berichtigung der Ersten Eröffnungsbilanz ist nach § 62 KomHKVO NI grundsätzlich bis zum vierten Jahr nach Aufstellung der Ersten Eröffnungsbilanz möglich, wenn dabei wesentliche Fehler vorliegen (wesentliche Beträge fehlen oder sind wertmäßig falsch angesetzt).[9] Dabei wird aber nicht die Erste Eröffnungsbilanz nachträglich geändert, sondern die Änderung wird in dem jeweils zu erstellenden Jahresabschluss in dem betreffenden Jahr vorgenommen und im Anhang erläutert. Damit gilt die Erste Eröffnungsbilanz als geändert. Ein Wechsel des Bewertungsverfahrens gilt allerdings nicht als Fehler und führt deshalb nicht zu einer Korrektur der Ersten Eröffnungsbilanz.

Eine Neuregelung ist mit der Reform 2016/2017 für die sog. "FAG-Rückstellungen" (Rückstellungen für Umlagen nach dem niedersächsischen Finanzausgleichsgesetz) aufgenommen worden, da vor der Reform 2 unterschiedliche Bewertungsmethoden praktiziert wurden, die nun anzugleichen waren (§ 45 Abs. 2 S. 3 KomHKVO NI). Rückstellungen, die vorher von dieser neuen Regelung abweichend gebildet wurden, sind zu berichtigen – und zwar in Form einer Verrechnung mit dem Basisreinvermögen, wenn es sich um regelmäßig zu hohe FAG-Rückstellungen in der Ersten Eröffnungsbilanz handelt, andernfalls durch ergebniswirksame Herabsetzung der Rückstellung, wenn in der Folgezeit weiterhin überhöhte Rückstellungen gebildet wurden.[10]

[1] Die nachfolgend genannten Rechtsquellen werden kommentiert in: Lasar/Grommas/Goldbach/Zähle/Diekhaus/Hankel, Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen in Niedersachsen, 4. Aufl., 2018, Kap. A (für NKomVG) und Kap. B (für KomHKVO). Sach- und Lehrbuch: Lasar/Bußmann, Kommunales Rechnungswesen in Niedersachsen – Band 2: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2. Aufl., 2017, Kap. 6; Goldbach/Thomsen, Doppisches Rechnungs- und Haushaltswesen für die Kommunen in Niedersachsen, 3. Aufl., 2018, Abschn. E.IV.
[2] Gem. § 124 Abs. 4 NKomVG und §§ 47 , 49 KomHKVO NI.
[3] Gem. §§ 61 f. KomHKVO NI. Zu den genannten und anderen Vereinfachungsverfahren s. a. Goldbach, Bewertungsvereinfachung, Haufe Finanz Office für die Öffentliche Verwaltung, HI2049567, Stand: 3.11.2020.
[4] Gem. § 61 Abs. 2 KomHKVO NI. Zu dieser Erleichterung für die Kommunen hat sich der Verordnungsgeber erst relativ spät durchgerungen (vgl. Art. 1 Nr. 9 der Verordnung zur Änderung der Gemeindehaushalts- und -kassenverordnung vom 27.11.2007 (Nds. GVBl. Nr. 38/2007). Beispielhafte Vergleichsberechnungen haben ergeben, dass der "Fehler" durch diese neue Regelung relativ unbedeutend ist (zwischen 0,5 % und 2,5 % der Bilanzsumme).
[5] Gem. § 61 Abs. 3 KomHKVO NI.
[6] Gem. § 61 Abs. 5 KomHKVO NI.
[7] § 61 Abs. 6  KomHKVO NI.
[8] Sollte z. B. ein Landkreis einen relativ hohen Anteil von "Geleisteten Investitionszuwendungen" am Gesamtvermögen haben, wo wäre in diesem Fall das Wahlrecht nach § 61 Abs. 5 KomHKVO mit der Folge der Nichtberücksichtigung solcher immaterieller Vermögensposten sehr fragwürdig.
[9] Wenn eine Korrekturnotwendigkeit für eine wesentliche Position der Ersten Eröffnungsbilanz danach festgestellt und durch die Prüfung des Rechnungsprüfungsamts bestätigt wird, ist sogar eine Berichtigung des Wertes bis zum 10. auf die Eröffnungsbilanz folgenden Jahresabschluss zulässig (§ 62 Abs. 3 S. 2 KomHKVO NI).
[10] Dazu ausführlich Goldbach, Rücks...

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