Leitsatz

1. Eintrittserlöse für Techno- und House-Konzerte sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG steuersatzermäßigt, wenn diese Musikaufführungen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellen und die daneben erbrachten Leistungen von so untergeordneter Bedeutung sind, dass sie den Charakter der Musikaufführung nicht beeinträchtigen.

2. Die Darbietung von Techno- und House-Musik durch verschiedene DJs kann einer Veranstaltung auch dann das Gepräge eines Konzerts oder einer konzertähnlichen Veranstaltung geben, wenn die Musikaufführungen regelmäßig (wöchentlich) stattfinden (Fortführung des BFH-Urteils vom 18.08.2005 – V R 50/04, BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101).

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, Art. 98 Abs. 1 und 2, Anh. III Kat. 7 EGRL 112/2006

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt den Techno-Klub "X". Der musikalische Hauptbetrieb findet im ersten und im zweiten Obergeschoss statt. Dort befanden sich die Veranstaltungsbereiche "X" und "Y". In diesen veranstaltete die Klägerin wöchentlich zwischen Freitagnacht und Samstagnachmittag sowie zwischen Samstagnacht und Montagmorgen sog. Klubnächte, bei denen bis zu 30 verschiedene Discjockeys (DJs) auftraten. Während im ersten Obergeschoss ("X") überwiegend Musik des Genres "Techno" gespielt wurde, stand im zweiten Obergeschoss ("Y") Musik des Genres "House" im Vordergrund der Darbietungen. Im "Y" standen die DJs auf Augenhöhe mit dem Publikum, im "X" waren sie in einer Wandnische an einem leicht erhöhten Standort positioniert, gelegentlich wurde eine Bühne mit einer Höhe von etwa einem Meter aufgebaut. Neben den Bühnen befanden sich Bars, Tanzflächen, Sitzmöglichkeiten sowie zwei sog. Darkrooms. Die Gäste konnten nahezu von jedem Platz aus die auftretenden DJs sehen, sie wegen der Lautstärke der abgespielten Musik in jedem Fall aber hören. Die DJs spielten Musik von Tonträgern ein und veränderten diese mithilfe des Mischpults und anderen technischen Hilfsmitteln wie Computern, Filtern, Effektgeräten, Controllern und Synthesizern. Dabei wurden neue Klangfolgen und Musikstücke geschaffen.

Die jeweils auftretenden DJs waren u.a. aus dem Internet ersichtlich, wo auch das Programm ("Running Order") eingesehen werden kann. Die Künstler und deren Musik wurden dort sowie auf Werbeflyern und vor Ort detailliert beschrieben.

Der Einlass zu den Veranstaltungen wurde ausschließlich von Türstehern geregelt, die eine subjektive Auswahl unter den Besuchern trafen und zahlreiche potenzielle Gäste abwiesen; der Erwerb von Eintrittskarten im Vorverkauf war nicht möglich. Die Klubnächte eines Wochenendes wurden von durchschnittlich 3.000 Gästen besucht.

Die Klägerin erklärte die Erlöse aus den Eintrittsgeldern für die Klubnächte als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz. Das FA ging von der Anwendung des Regelsteuersatzes aus. Demgegenüber gab das FG der Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.9.2016, 5 K 5089/14, Haufe-Index 10128336, EFG 2017, 256).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Das FG habe rechtsfehlerfrei entschieden, dass die mit Eintrittsgeldern vergüteten Umsätze aus der Veranstaltung der Klubnächte dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

 

Hinweis

1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.

2. Wesensmerkmal des Konzerts ist die Aufführung von Musikstücken. Hierbei muss es sich um den eigentlichen Zweck der Veranstaltung handeln. Leistungen anderer Art müssen von so untergeordneter Bedeutung sein, dass sie den Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigen. Dabei ist von der Sicht des Durchschnittsverbrauchers auszugehen.

3. Danach ist es eine Einzelfallfrage, ob Techno- und House-Konzerte der Steuersatzermäßigung unterliegen.

a) Damit ein Konzert vorliegt, muss der DJ die von Tonträgern abgespielte Musik mithilfe von Mischpulten oder anderer technischer Hilfsmittel wie Computer, Filter, Effektgeräte, Controllern oder Synthesizern verändern und dabei neue Klangfolgen und Musikstücke schaffen. Der DJ spielt dann nicht nur fremde Tonträger ab, sondern führt eigene Musikstücke auf.

b) Bei der Abgrenzung zwischen einem DJ-Konzert und einer nicht steuersatzbegünstigten Partyveranstaltung kann z.B. auch der Bekanntheitsgrad des DJs zu berücksichtigen sein.

c) Eine Reihe von Umständen lassen den Konzertcharakter nicht entfallen:

  • Einlassregelung wie etwa eine Auswahl der Besucher durch einen Türsteher
  • Fluktuation der Gäste während des Konzerts
  • Fehlen eines Kartenvorverkaufs
  • Einnahmen aus Eintrittsgeldern bleiben hinter den aus begleitenden Gastronomie-Umsätzen zurück
  • Regelmäßigkeit von Veranstaltungen
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.7.2020 – V R 17/17

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