Leitsatz

Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für einen Sprachkurs kann nicht mit der Begründung versagt werden, er habe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union stattgefunden

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 12 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Arbeitnehmer, der Märkte in den englisch- und französischsprachigen Ländern im Verkaufsaußendienst bearbeitet, hatte an einem 10-tägigen Französisch-Intensiv-Sprachkurs in Frankreich teilgenommen. Dafür waren ihm insgesamt Kosten in Höhe von ca. 5 000 DM (Kursgebühren, Fahrtkosten, Unterkunftskosten, Verpflegungsmehraufwendungen) entstanden.

Deren Anerkennung hatte das FA unter Hinweis auf § 12 EStG mit der Begründung abgelehnt, die Aufwendungen seien nach dem Gesamtbild der Auslandsreise nicht ausschließlich beruflich veranlasst. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Der Auslandssprachkurs sei nach denselben Kriterien wie ein Inlandssprachkurs zu beurteilen. Nach den Feststellungen des FG hätten private Motive erkennbar keine Rolle gespielt.

 

Hinweis

1. Das Besprechungsurteil ist in mehrfacher Weise von Bedeutung. Es macht insbesondere deutlich, in welcher Weise der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts (bzw. die EuGH-Rechtsprechung) sich auf die Auslegung des innerstaatlichen Rechts – auch im Bereich der direkten Steuern – auswirkt und zu einer Änderung der Rechtsprechung zwingt.

Nach bisheriger Rechtsprechung wurden Aufwendungen für einen Sprachkurs im Ausland – gegenüber einem solchen im Inland – unter strengeren Voraussetzungen anerkannt. In früheren Urteilen wurde insbesondere noch darauf abgestellt, ob der Besuch von Sprachschulen im Inland möglich war bzw. den gleichen Erfolg hätte haben können. Hieran bereits scheiterte oftmals die Anerkennung der Kosten für Sprachkurse im Ausland.

2. Der VI. Senat hat die bisherige – europarechtswidrige – Rechtsprechung nunmehr modifiziert. Nach der verbindlichen Auslegung des EuGH zu der in Art. 59 EGV (jetzt 49 EG n.F.) garantierten Dienstleistungsfreiheit (als Grundfreiheit der EU) können Aufwendungen für eine Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung in einem anderen EU-Mitgliedstaat nicht (mehr) anders behandelt werden als eine Fortbildungsveranstaltung im Heimatstaat selbst. Das Recht auf freie Dienstleistung umfasst dabei auch die Freiheit des Dienstleistungsempfängers, sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne durch irgendwelche Beschränkungen daran gehindert zu werden.

Eine solche (europarechtswidrige) Beschränkung bestand nicht nur in der o.a. (bisherigen) Rechtsprechung; betroffen sind ebenso die einschlägigen Verwaltungsvorschriften. Die Finanzverwaltung wird demzufolge auch ihre Einkommensteuer-Richtlinien ändern müssen (vgl. H 117a EStH 2001, Stichwort: Sprachkurse im und Studienreisen ins Ausland). Denn diese Regelungen erschweren gleichfalls die steuerliche Anerkennung derartiger Reisen.

Wie der BFH in der Besprechungsentscheidung ferner hervorhebt, kommt auch dem Umstand, dass mit der Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung in einem EU-Mitgliedstaat – gegenüber einer vergleichbaren Veranstaltung im Inland – höhere (Reise-)Kosten entstehen können, keine Bedeutung mehr zu. Wäre auf die höheren Kosten für die Reise zum ausländischen Veranstaltungsort abzustellen, bedeutete dies ebenfalls eine Verletzung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit.

3.Zusammenfassend: Aufwendungen für Sprachkurse innerhalb der EU sind nach einheitlichen Grundsätzen zu beurteilen. Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung kann bei einem Sprachkurs in einem anderen Mitgliedstaat der EU nicht mehr typischerweise unterstellt werden, dass dieser Kurs – wegen der einer Auslandsreise innewohnenden touristischen Elemente – eher Berührungspunkte zur privaten Lebensführung aufweist als ein Inlandssprachkurs.

Beachten Sie, dass die Grundsätze der Besprechungsentscheidung nicht nur auf Sprachkurse anzuwenden sind. Die angeführten europarechtlichen Vorgaben wirken sich auch auf sonstige Fortbildungsveranstaltungen (Studienreisen, Fachkongresse usw.) innerhalb der EU aus.

4. In Bezug auf Sprachkurse betont der BFH im Übrigen nochmals: Benötigt der Steuerpflichtige zur Ausübung seines Berufs auch allgemeine Kenntnisse einer bestimmten Fremdsprache, ist ein Sprachkurs bereits dann auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Interessen des Steuerpflichtigen zugeschnitten, wenn der Sprachkurs diese Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Auch insofern erleichtert die Besprechungsentscheidung – wie im Übrigen auch das bereits besprochene Urteil vom 10.4.2002, VI R 46/01, BFH-PR 2002, 327 – die Anerkennung von Sprachkursen. Der BFH hebt auch in diesem Urteil hervor, dass Sprachstudien in demjenigen Land, in dem die betreffende Sprache gesprochen wird, besonders effizient sein können.

5. Die Entscheidung stellt den steuerlichen Abzug von Sprachkursen in EU-Mitgliedstaaten mit solchen im Heimatstaat gleich. Offen ist...

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