2.5.1 Rechtslage bis Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020

Schulden, die mit dem begünstigten Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind anteilig nicht abzugsfähig (soweit die Befreiung greift).[1]

Im Regelfall kommt für die Schuld (bzw. Last) ein Abzug in Höhe von 90 % in Betracht.[2]

Dabei liegt ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden (Lasten) mit Vermögensgegenständen nur vor, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen und die Schuld den Vermögensgegenstand wirtschaftlich belastet.[3]

 
Achtung

Wirtschaftlicher Zusammenhang

Ein solcher Zusammenhang ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Schuld zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des jeweiligen Vermögens eingegangen worden ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Schuld und dem begünstigten Vermögen besteht.[4]

 
Praxis-Beispiel

Anteiliger Schuldenabzug

Großmutter GM hat ihren Enkel zum Alleinerben eingesetzt. Im Nachlass befindet sich nur ein Grundstück, das zu Wohnzwecken vermietet wird (Steuerwert 688.000 EUR). Außerdem befinden sich im Nachlass auch Schulden i. H. v. 142.000 EUR, die mit dem begünstigten Grundstück in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Die Großmutter verstirbt am 1.8.2020.

Lösung

Für das zu Wohnzwecken vermietete Grundstück wird ein Verschonungsabschlag i. H. v. 68.800 EUR (10 % von 688.000 EUR) gewährt. Infolgedessen fließt das Grundstück mit einem Wert i. H. v. (688.000 EUR ./. 68.800 EUR =) 619.200 EUR in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein. Die Schulden können nur anteilig abgezogen werden, d. h. 127.800 EUR davon (90 % von 142.000 EUR).

 
Vermögensanfall/Bereicherung 619.200 EUR
(gekürzte) Nachlassverbindlichkeit - 127.800 EUR
Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) - 200.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) – 10.300 EUR
Abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) 281.100 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 11 %) 30.921 EUR

Ist in den Fällen des § 13d Abs. 2 ErbStG beim Erwerber die entsprechende Steuerbefreiung nicht zu gewähren, dann ist bei ihm auch keine Kürzung des Abzugs von Schulden und Lasten vorzunehmen.[5]

Die mit dem Grundstück zusammenhängenden Schulden und Lasten sind in Zeile 14 aufzuführen und in Zeile 15 ist deren Wert anzugeben. Gleichzeitig sind entsprechende Unterlagen beizufügen.

Abzugsfähige Lasten sind auch Nutzungs- oder Duldungsauflagen (z. B. ein Nießbrauchsrecht oder ein Wohnrecht).

 
Wichtig

Belastendes Nutzungsrecht

Für den Fall, dass sich ein Nutzungsrecht als Grundstücksbelastung bereits bei der Ermittlung des gemeinen Wertes einer wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes ausgewirkt hat, ist dessen Abzug bei der Erbschaftsteuer ausgeschlossen. Damit soll eine Doppelbegünstigung vermieden werden.[6]

Handelt es sich dagegen um Pflichteilsansprüche oder andere allgemeine Nachlassverbindlichkeiten, sind diese abzugsfähig. Denn in diesem Fall liegt kein wirtschaftlicher Zusammenhang vor.[7]

 
Praxis-Beispiel

Abzug von Pflichtteilsverbindlichkeiten

Der Onkel O hat seine Nichte N zur Alleinerbin bestimmt. Im Nachlass befindet sich ein Mietwohngrunstück (Steuerwert 1.300.000 EUR). Zudem hat N auch noch eine Pflichtteilsverbindlichkeit an die enterbte Tochter zu erfüllen (Höhe 250.000 EUR). Der Onkel verstirbt am 15.10.2020.

Lösung

Für das zu Wohnzwecken vermietete Grundstück wird ein Verschonungsabschlag i.  H.  v. 130.000 EUR (10 % von 1.300.000 EUR) gewährt. Infolgedessen fließt das Grundstück mit einem Wert i.  H.  v. 1.170.000 EUR (1.300.000 EUR ./. 130.000 EUR =) in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein.

Die Pflichtteilsverbindlichkeit kann in voller Höhe abgezogen werden, da kein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist, d.  h. i. H. v. 250.000 EUR.

 
Vermögensanfall (gekürzter Steuerwert Grundstück) 1.170.000 EUR

Nachlassverbindlichkeit

Bereicherung

- 250.000 EUR

920.000 EUR
Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) - 20.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) – 10.300 EUR
Abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) 889.700 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 30 %) 266.910 EUR
[1] R E 13d Abs. 10 ErbStR 2019 und H E 13d ErbStH 2019 sowie H E 10.10 ErbStH 2019 m. w. N.
[2] R E 13d Abs. 2 Satz 5 ErbStR 2019.
[3] H E 10.10 ErbStH 2019.
[4] H E 10.10 m. w. N.
[5] R E 10.10 Abs. 6 Satz 2 ErbStR 2019.
[6] R E 13d Abs. 6 ErbStR 2019.
[7] R E 10.10 Abs. 3 ErbStR 2019.

2.5.2 Rechtslage ab Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020

a) Es liegt von den Schulden und Lasten ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück vor

Liegen Schulden und Lasten vor, die mit dem zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind diese nur anteilig abziehbar.[1] Dies ergibt sich nun nicht mehr aus dem bisherigen § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG aF sondern aus dem geänderten § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG.

 
Praxis-Beispiel

Anteiliger Schuldenabzug

Der Onkel O hat seine Nichte N zur Alleinerbin bestimmt. Im Nachlass befindet sich ein Mietwohngrunstück (Steuerwer...

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