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Nach Artikel 108 Abs. 7 des Grundgesetzes wird folgende allgemeine Verwaltungsvorschrift erlassen:

I. Allgemeine Anwendungsregelung

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(1) Die Erbschaftsteuer-Richtlinien sind Weisungen an die Finanzbehörden zur einheitlichen Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts und der dazu notwendigen Regelungen des Bewertungsrechts. Sie dienen der Verwaltungsvereinfachung und der Vermeidung unbilliger Härten.

(2) Die Erbschaftsteuer-Richtlinien sind auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1998 entstanden ist oder entsteht. Bisher ergangene Anweisungen, die mit den nachstehenden Richtlinien im Widerspruch stehen, sind nicht mehr anzuwenden.

(3) Diesen Richtlinien liegen, soweit im einzelnen keine andere Fassung angegeben ist, das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I S. 378) und das Bewertungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 (BGBl. I S. 230), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1692), zugrunde.

(4) Soweit in den nachstehenden Richtlinien auf das Einkommensteuergesetz (EStG) und die Einkommensteuer-Richtlinien (EStR), das Körperschaftsteuergesetz (KStG) und die Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) sowie die Abgabenordnung (AO) verwiesen wird, ist die am jeweiligen Besteuerungs- bzw. Feststellungszeitpunkt geltende Fassung[1] maßgebend.

[1] Zitiert werden die EStR 1996 und die KStR 1995.

II. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Zu § 1 ErbStG

R 1. Anwendung der Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen auf Schenkungen

1Die Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 2 ErbStG). 2Bei der Besteuerung von Schenkungen unter Lebenden gelten alle Bestimmungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, sofern sie nicht Sachverhalte betreffen, die allein bei Erwerben von Todes wegen vorkommen. 3Nicht auf Schenkungen anzuwenden sind insbesondere die Vorschriften

 

1.

zum Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten (→ § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG),

 

2.

zum Pauschbetrag für Erbfallkosten (→ § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG),

 

3.

zum Rückfall von Vermögensgegenständen an die Eltern (→ § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG),

 

4.

zur Steuerklasse der Eltern bei Erwerben von Todes wegen (→ § 15 Abs. 1 ErbStG Steuerklasse I Nr. 4) oder zu Erwerben aufgrund gemeinschaftlicher Testamente von Ehegatten (→ § 15 Abs. 3 ErbStG),

 

5.

zum besonderen Versorgungsfreibetrag für den überlebenden Ehegatten oder Kinder des Erblassers (→ § 17 ErbStG). 2Der Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG kann ausnahmsweise bei einem nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG steuerbaren Erwerb gewährt werden, wenn ein Ehegatte als Abfindung für seinen Erbverzicht und aufschiebend bedingt bis zum Tod des anderen Ehegatten ein Leibrentenstammrecht erwirbt,

 

6.

zur Haftung von Kreditinstituten (→ § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG) oder

 

7.

zur Steuerermäßigung bei mehrfachem Erwerb desselben Vermögens (→ § 27 ErbStG).

R 2. Familienstiftungen und Familienvereine

 

(1) 1Vermögen einer inländischen Familienstiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) unterliegt in Zeitabständen von je 30 Jahren der Ersatzerbschaftsteuer.2Die Steuerpflicht setzt voraus, daß die Stiftung an dem für sie maßgebenden Besteuerungszeitpunkt (→ § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) die Voraussetzungen für eine Familienstiftung erfüllt. 3Die Steuerpflicht entfällt hiernach, wenn eine Familienstiftung vor diesem Zeitpunkt aufgelöst oder durch Satzungsänderung in eine andere Stiftung (z.B. Unternehmensstiftung) umgewandelt wird.

 

(2) 1Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind (§ 15 Abs. 2 Außensteuergesetz). 2Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist auch dann gegeben, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein "wesentliches Familieninteresse" belegen. 3Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die Familie wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung der Stiftung hat. 4Für die Frage, ob die Destinatäre zu mehr als der Hälfte oder in den Fällen des Satzes 3 zu mehr als einem Viertel bezugsberechtigt sind, kommt es allein auf die Ausschüttungen der Stiftung an. 5In welchem Umfang die Stiftung ihre Erträge thesauriert, ist für die Bezugsberechtigung der Destinatäre ohne Bedeutung. 6Entscheidend ist, daß die Destinatäre hinsichtlich der tatsächlich ausgeschütteten Beträge nach der Satzung im genannten Umfang bezugsberechtigt sind.

 

(3) 1Unter den wesentlichen Familieninteressen sind Vermögensinteressen im weitesten Sinne zu verstehen. 2Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien und ihre Mitglieder aus dem Stiftungsvermögen ziehen. 3Die Stiftung dient diesen Vermögensinteressen dann wesentlich, wenn nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft deren Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu priv...

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