Leitsatz

Aus sozialer Fürsorge in späteren Veranlagungszeiträumen erbrachte Leistungen sind für die Steuerbegünstigung der Entlassungsentschädigung schädlich, wenn sie diese nicht als Zusatz ergänzen, sondern insgesamt betragsmäßig fast erreichen.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG , § 34 Abs. 1 EStG , Abs. 2 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erhielt im Zusammenhang mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitgeber im Februar 1993 eine Abfindung in Höhe von 99 085 DM. In einer Zusatzvereinbarung garantierte der Arbeitgeber dem Kläger außerdem, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs eine Versorgung, die unter Einbeziehung des Arbeitslosengelds zunächst 90 %, dann 80 % und bis 1998 70 % des letzten Bruttogehalts von 132 786 DM sichern sollte.

Die Aufstockung des Arbeitslosengelds wurde bis Februar 1994 in die Abfindung eingerechnet und ab März 1994 jeweils mit monatlichen Zuschusszahlungen abgedeckt, die sich (bis Februar 1998) auf insgesamt 90 504 DM summierten. Weiter leistete der Arbeitgeber für die (befreiende) Lebensversicherung des Klägers die Differenz zwischen der Leistung der BfA und dem Höchstbetrag in der Angestelltenversicherung.

Der Kläger erklärte für 1993 einen Bruttoarbeitslohn von 15 978 DM und eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung von 63 085 DM. Das FA veranlagte zunächst erklärungsgemäß. Nach einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat es jedoch die Auffassung, dass die Entschädigung wegen der ab 1994 gezahlten Zuschussleistungen nicht habe ermäßigt besteuert werden dürfen; es änderte den Bescheid 1993 entsprechend.

Das FG wies die Klage ab. Wegen der Zahlung über mehrere Veranlagungszeiträume fehle es an einer Zusammenballung der Einkünfte. Das FA habe den Bescheid ändern dürfen. Zwar habe es seine Aufklärungspflicht verletzt, der Anteil des Klägers an der mangelnden Aufklärung überwiege aber.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

Das FA sei zur Änderung des Bescheids berechtigt gewesen. Es habe seine Ermittlungspflichten nicht verletzt; aus der Erklärung und den Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 1993 sei nicht hervorgegangen, dass der Kläger später noch erhebliche weitere Zahlungen erhalten habe.

Die Entschädigung sei mangels Zusammenballung nicht begünstigt zu besteuern. Eine vom BFH zugelassene Ausnahme liege nicht vor. Die späteren Leistungen beruhten zwar auf sozialer Fürsorge, seien wegen ihrer Gesamthöhe aber keine ergänzenden Zusatzleistungen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat bekanntlich in seiner Grundsatzentscheidung XI R 22/00) vom 14.8.2001 (BFH-PR 2002, 121 eine Ausnahme von dem Grundsatz zugelassen, dass eine Entlassungsentschädigung nur dann steuerbegünstigt ist, wenn sie zusammengeballt – d.h. in einem Veranlagungszeitraum – gezahlt wird. Diese Ausnahme gilt nur für Entschädigungszusatzleistungen, die aus Gründen sozialer Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit geleistet werden. Solche, in späteren Veranlagungszeiträumen erbrachten Zusatzleistungen, dürfen nicht zur nachträglichen Versagung der Steuerbegünstigung der Hauptentschädigungsleistung führen.

2. In der vorliegenden Entscheidung macht der BFH deutlich, dass eine (unschädliche) Entschädigungszusatzleistung nicht nur sozial motiviert sein muss, sondern dass es sich um eine zusätzliche Leistung handeln muss, die dieses Adjektiv auch verdient. Denn nur dann wird die Zusammenballung der Hauptleistung nicht in Frage gestellt.

Die Leistung muss deshalb – so der BFH – auch betragsmäßig einen ergänzenden Zusatz zur Hauptleistung bilden, darf diese also bei weitem nicht erreichen.

Im Streitfall lag die Gesamtsumme der weiteren monatlichen Zahlungen in der Größenordnung der Abfindung. Diese Leistungen waren deshalb keine ergänzenden Zusatzleistungen.

3. Die Entscheidung macht auch deutlich, dass das FA keine "erhöhte" Aufklärungspflicht trifft, wenn eine begünstigte Abfindungszahlung erklärt wird. Es muss z.B. nicht nachfragen, ob noch weitere Zahlungen vereinbart worden sind. Auch insoweit gilt der Grundsatz, dass das FA eindeutigen Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen braucht, sondern regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen darf.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.1.2002, XI R 2/01

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