Leitsatz

Bei Entschädigungszahlungen der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft für verfallene Urlaubsansprüche handelt es sich um Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen und auf die die Härteregelung nach § 46 Abs. 5 EStG anzuwenden ist.

 

Normenkette

§ 46 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 5 EStG , § 70 EStDV

 

Sachverhalt

Der ledige Kläger erzielte im Streitjahr 1997 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, von denen ein LSt-Abzug vorgenommen wurde. Zusätzlich zahlte ihm die ULAK eine Entschädigung i.H.v. 972 DM für verfallene Urlaubsansprüche aus dem Jahr 1995. Die Entschädigung war von der ULAK nicht dem LSt-Abzug unterworfen worden.

Das FA vertrat die Auffassung, die Zahlung der ULAK stelle eine Lohnzahlung eines Dritten dar, die dem LSt-Abzug unterliege (§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG). Es rechnete die Zahlung dem Bruttoarbeitslohn des Klägers zu und unterwarf sie ungemildert der ESt. Demgegenüber vertrat der Kläger die Auffassung, für die Zahlung der ULAK komme der Härteausgleich des § 46 Abs. 5 EStG in Betracht. Die Klage des Klägers war erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH gab dem Kläger Recht. Seine Revision führte zur Klagestattgabe. Die Nebeneinkünfte des Klägers, nämlich 972 DM, hätten insgesamt mehr als 800 DM betragen. Die Härtefallregelung des § 46 Abs. 5 EStG i.V.m. § 70 EStDV greife ein.

 

Hinweis

1. Von der Möglichkeit, gemeinsame Einrichtungen zu schaffen, haben die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in besonderem Maß Gebrauch gemacht. Neben anderen Einrichtungen wurde u.a. die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) geschaffen.

Grund für die Entstehung der gemeinsamen Einrichtungen (auch der ULAK) waren und sind die besonderen Arbeits- und Produktionsbedingungen dieses Wirtschaftszweigs. Insbesondere die Witterungsabhängigkeit der Arbeit führt dazu, dass vor allem in den Wintermonaten Bauarbeiten häufig technisch nicht möglich oder den Arbeitnehmern nicht zuzumuten sind. Hohe Fluktuation der Bauarbeiter, verbunden mit in vielen Fällen nur kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen, aber häufiger und länger dauernder Arbeitslosigkeit bringen es mit sich, dass Bauarbeiter häufig keinen zusammenhängenden Urlaub in Anspruch nehmen können.

Nach tarifvertraglichen Bestimmungen können Bauarbeiter deshalb in bestimmten Fällen die Auszahlung von Urlaubsersatzvergütungen im Folgejahr vom jeweiligen Arbeitgeber verlangen. Anschließend verfallen diese Ansprüche. Ersatzweise erhalten die Bauarbeiter im darauf folgenden Jahr eine Entschädigungszahlung für verfallene Urlaubsansprüche. Dieser Anspruch ist gegenüber der ULAK geltend zu machen, wobei diese sich durch Beiträge der Bauunternehmen refinanziert.

2. In der Besprechungsentscheidung ging es zunächst um die Frage, wie die Entschädigungszahlungen rechtlich zu qualifizieren sind. Der BFH hat – ohne dies eingehend zu begründen – angenommen, dass die Entschädigungen (nachträgliche) Lohnzahlungen darstellen; die Auffassung der Verwaltung (vgl. hierzu: R 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LStR 2003), wonach Entschädigungen für nicht gewährten Urlaub Arbeitslohn darstellen, hat der BFH auf die verfallenen Urlaubsansprüche erstreckt. Der Frage, ob bereits die Zahlungen der Arbeitgeber an die ULAK Beiträge für eine Art Lohnausfallversicherung (zugunsten der Arbeitnehmer) darstellen, ist der BFH nicht näher getreten.

3. Nach Auffassung des BFH unterliegen die von der ULAK zu leistenden Entschädigungszahlungen nicht dem LSt-Abzug. Eine Abzugspflicht der ULAK scheidet aus, weil sie nicht Arbeitgeber ist. Die betreffenden Arbeitgeber sind nicht abzugspflichtig, weil sie die Entschädigungen nicht selbst – über die ULAK als bloße Zahlstelle – vorgenommen haben, also keine sog. unechte Lohnzahlung Dritter vorlag. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. hierzu auch BFH, Urteil vom 30.5.2001, VI R 123/00, BFH-PR 2001, 407) dann anzunehmen, wenn der Dritte in die Zahlung als Leistungsmittler des Arbeitgebers eingeschaltet ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben.

Der BFH hebt in der Besprechungsentscheidung auch nachdrücklich hervor, dass die Verpflichtung zur Einbehaltung der LSt sowohl in den Fällen der echten wie der unechten Lohnzahlung Dritter stets den Arbeitgeber bzw. bei nachträglichen Lohnzahlungen den früheren Arbeitgeber trifft, nicht aber den Dritten.

4. Die Zahlung einer Entschädigung durch die ULAK stellt sich zwar als eine echte Lohnzahlung eines Dritten dar; diese führt aber nicht zum LSt-Abzug, weil der Arbeitgeber in die Zahlung weder eingeschaltet noch sonst darüber in Kenntnis gesetzt ist. Die Parallele zu den Trinkgeldzahlungen, in denen der Arbeitgeber ebenfalls häufig nicht einbezogen wird, drängt sich auf (vgl. BFH, Urteil vom 24.10.1997, VI R 23/94, BStBl II 1999, 323).

5. Ausgangspunkt für den Härteausgleich ist die aus Vereinfachungsgründen eingeführte Freigrenze für Nebeneinkünfte i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG (Pflichtveranlagung). Diese Freigrenze wird durch die Vorschrift des § 46 Abs. 3 EStG auf die übrigen Ver...

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