OFD München, 2.8.2004, S 0256 - 10 St 313

 

1. Geltungsbereich

Werden im Besteuerungsverfahren Auskünfte von Dritten und Sachverständigen eingeholt, bestimmt sich ihre Entschädigung nach § 107 AO in Verbindung mit dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG – (eingeführt ab 1.7.2004 durch Art. 2 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG) vom 5.5.2004, (BGBl 2004 I S. 718; BStBl 2004 I S. 486). Die Vorschrift des § 107 AO gilt in allen Abschnitten des Besteuerungsverfahrens einschließlich des Außenprüfungs-, Erhebungs-, Vollstreckungs- und Einspruchverfahrens.

In Steuerstraf- oder in Bußgeldverfahren, in denen die Finanzbehörde die Ermittlungen selbständig durchführt, sind die von der Finanzbehörde zu Beweiszwecken herangezogenen Zeugen und Sachverständigen entsprechend § 405 AO in der Neufassung des Artikels 4 Abs. 57 Nr. 3 KostRMoG und Nr. 55 AStBV (St) 2004 nach dem JVEG zu entschädigen bzw. zu vergüten (vgl. OFD München vom 18.5.2004, S 0725 – 5 St 354 und OFD Nürnberg vom 21.5.2004, S 0725 – 7/St 42).

Eine besondere gesetzliche Regelung besteht für Dritte, die aufgrund eines Beweiszwecken dienenden Ersuchens der Strafverfolgungsbehörde Gegenstände herausgeben (§ 95 Abs. 1 StPO) oder die Pflicht zur Herausgabe entsprechend einer Anheimgabe der Strafverfolgungsbehörde abwenden, Auskunft erteilen oder die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs ermöglichen (§ 100b Abs. 3 StPO). Diese Dritten haben nach § 23 Absatz 1 JVEG einen Anspruch darauf, wie Zeugen entschädigt zu werden.

Die nachfolgenden Regelungen haben nur die Entschädigung von Auskunftspflichtigen (d.h. anderen Personen gem. § 93 AO) und Sachverständigen nach § 107 AO zum Gegenstand.

 

2. Anspruchsberechtigte

2.1. Die von einem FA zu Beweiszwecken herangezogenen Auskunftspflichtigen (§ 93 AO) und Sachverständigen (§ 96 AO) erhalten auf Antrag eine Entschädigung bzw. Vergütung in entsprechender Anwendung des JVEG (vgl. Gesetzestext in AIS unter Arbeitsbereiche/BuStra/Dienst- und Arbeitsanweisungen), soweit sie weder Beteiligte (§§ 78, 359 AO) sind noch die Auskunftspflicht für einen Beteiligten zu erfüllen haben (wie z.B. die gesetzlichen Vertreter und die Verfügungsberechtigten i.S. der §§ 34, 35 AO sowie die Bevollmächtigten und die von Amts wegen bestellten Vertreter der Beteiligten i.S. der §§ 80, 81 AO).

Auskunftspflichtige können natürliche Personen, juristische Personen und Personengesellschaften sein. Entschädigungsberechtigt sind auch Geldinstitute.

Nimmt ein Auskunftspflichtiger oder ein Sachverständiger eine Hilfsperson (z.B. Steuerberater) in Anspruch, so hat diese keinen eigenen Entschädigungsanspruch (Urteil des Niedersächsischen FG vom 28.10.1988, XII 649/87, n.v.).

2.2. Die dem Drittschuldner durch die Erfüllung seiner Erklärungspflicht gem. § 316 AO entstehenden Kosten sind nicht nach § 107 AO zu erstatten. Dies gilt auch, wenn das FA die Angaben in der Drittschuldnererklärung für unzureichend hält und deshalb um Ergänzung oder Vervollständigung nachsucht. Eine Entschädigung kommt aber in Betracht, wenn das FA den Drittschuldner um Auskünfte ersucht, die über dessen Erklärungspflicht gem. § 316 AO hinausgehen.

 

3. Anspruch auf Entschädigung

Die Entscheidung darüber, ob ein Auskunftspflichtiger oder Sachverständiger eine Entschädigung oder Vergütung erhält, liegt nicht im Ermessen des Finanzamts. Beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht auf die Entschädigung ein Rechtsanspruch (BFH-Urteil vom 23.12.1980, BStBl 1981 II S. 392).

 

4. Fürsorgepflicht des Finanzamts

Handelt es sich bei dem Auskunftspflichtigen um eine Person, bei der Kenntnisse über den Entschädigungsanspruch nicht vorausgesetzt werden können und ist ersichtlich, dass dem Verpflichteten durch die Auskunftserteilung nicht nur ganz unbedeutende Kosten erwachsen werden, ist er auf die Entschädigungsmöglichkeit gem. § 107 AO und das Erfordernis der Antragstellung hinzuweisen (vgl. § 89 AO).

 

5. Umfang der Entschädigung

 

5.1. Auskunftspflichtige

5.1.1. Erledigt der Auskunftspflichtige das Auskunftsersuchen selbst oder beauftragt er Personen, die in seinem Betrieb beschäftigt sind, so werden der Verdienstausfall bzw. die Personalkosten mit dem Betrag erstattet, den ein Zeuge nach § 22 JVEG beanspruchen könnte. Der Zeitaufwand darf jedoch höchstens mit 17 Euro je Stunde angesetzt werden. Dabei ist unbeachtlich, ob dem Antragsteller durch Zahlung von Überstundenvergütungen oder Neueinstellungen ein Mehraufwand entstanden ist. Soweit die Entschädigung nach Stunden bemessen ist, wird sie für höchstens 10 Stunden je Tag gewährt (§ 19 Abs. 2 JVEG). Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet.

5.1.2. Werden keine Fachkräfte beschäftigt und kann auch kein Verdienstausfall nachgewiesen werden, kann nach § 20 JVEG nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis von 3 Euro je Stunde gewährt werden. Dies gilt nicht, wenn durch die Auskunftserteilung ersichtlich kein Nachteil entstanden ist.

5.1.3. Auskunftspflichtige, die nicht erwerbstätig sind un...

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