Leitsatz

Das FG Berlin-Brandenburg entschied mit Urteil vom 17.6.2021, dass Abfindungsbeträge auch dann steuerlich zugeflossen sind, wenn sie im Falle einer unwirksamen Wertguthabenvereinbarung auf ein Zeitwertkonto der Arbeitnehmer eingezahlt werden. Die anschließende Übertragung an die Deutsche Rentenversicherung kann nicht steuerfrei erfolgen.

 

Sachverhalt

Ein Pharmaunternehmen strukturierte seinen Vertriebsbereich um und baute in diesem Zuge zahlreiche Arbeitsplätze ab. Betroffenen Arbeitnehmern wurden Abfindungen angeboten, die in bereits beim Arbeitgeber geführte Langzeitkonten eingebracht werden konnten. Die darin angesammelten Guthaben konnten laut Betriebsvereinbarung unter anderem zur bezahlten Arbeitsfreistellung vor Ruhestandseintritt genutzt werden.

Arbeitnehmer, die ihre Abfindungszahlungen auf diese Weise verwendeten, beantragten wenige Tage vor ihrer Kündigung die Übertragung ihrer durch Abfindung aufgestockten Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), was auch entsprechend umgesetzt wurde.

Der Arbeitgeber nahm keinen Lohnsteuerabzug auf die "umgeleiteten" Abfindungszahlungen vor und berief sich unter anderem auf die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 53 EStG, die für die Übertragung von Wertguthaben auf die DRV gilt. Das Finanzamt nahm den Arbeitgeber nach einer Lohnsteueraußenprüfung für nicht abgeführte Lohnsteuer in Haftung.

 

Entscheidung

Das FG bestätigte die Haftungsinanspruchnahme und entschied, dass den Arbeitnehmern spätestens mit der Überweisung der Abfindungsbeträge auf die bei der DRV geleisteten Wertguthaben steuerpflichtiger Arbeitslohn zugeflossen war. Zwar waren die Abfindungsbeträge weder bar ausgezahlt noch einem (Bank-)Konto der Arbeitnehmer gutgeschrieben worden, der Lohnzufluss ergab sich aber daraus, dass die Arbeitnehmer mit Zuführung auf die Langzeitkonten die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Beträge erlangt hatten.

Die für die Übertragung von Wertguthaben geltende Steuerbefreiung des § 3 Nr. 53 EStG fand vorliegend keine Anwendung, da es an einer wirksam abgeschlossenen Wertguthabenvereinbarung fehlte. Der den Langzeitkonten zugrundeliegende Vertragszweck konnte nicht mehr erreicht werden, denn bei Zuführung zu den Langzeitkonten hatte bereits festgestanden, dass die Arbeitsverhältnisse beendet werden und eine künftige Freistellung von der Arbeitsleistung im laufenden Dienstverhältnis somit ausschied.

 

Hinweis

Das letzte Wort liegt nun beim BFH. Dieser wird im anhängigen Revisionsverfahren, Az beim BFH IX R 25/21, nun klären müssen, ob Abfindungen für den Arbeitsplatzverlust in wirksamer Weise und zuflussvermeidend auf Zeitwertkonten (Wertguthaben) eingezahlt und steuerfrei auf die DRV übertragen werden können.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.06.2021, 4 K 4206/18

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