LfSt Bayern, 20.11.2013, S 0624.1.1 - 1/2 St 42

 

1. Allgemeines

§ 364b AO sieht vor, dass das FA im Einspruchsverfahren dem Einspruchsführer in bestimmten Fällen eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen kann. Die Fristsetzung kann nur gegenüber einem Einspruchsführer, nicht jedoch gegenüber einem Hinzugezogenen (§ 360 AO) ergehen.

Zweck der Vorschrift ist es, dem Missbrauch des Rechtsbehelfsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken entgegenwirken. Von der Möglichkeit des § 364b AO ist deshalb insbesondere in Einspruchsverfahren, die einen Schätzungsbescheid wegen Nichtabgabe der Steuererklärung betreffen, Gebrauch zu machen (vgl. AEAO zu § 364b, Nr. 1). Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Finanzämter auch in anderen als geeignet erscheinenden Fällen eine Ausschlussfrist setzen.

Der Finanzbehörde steht eine Aufklärungsverfügung mit Ausschlussfrist nach § 364b Abs. 1 AO nur im Einspruchsverfahren zur Verfügung. Im Verfahren über einen Antrag auf Änderung eines Steuerbescheids (§§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2 AO) ist die Vorschrift hingegen nicht anwendbar.

 

2. Zuständigkeit im FA

Wegen des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen der Fristsetzung nach § 364b AO und der Entscheidung über den Einspruch sollte die Fristsetzung nach § 364b AO grundsätzlich von der zur Fertigung der Einspruchsentscheidung befugten Stelle (in der Regel der Rechtsbehelfsstelle) durchgeführt werden.

In Fällen wiederholter Vollschätzung kann bereits die Arbeitseinheit nach Rücksprache mit der Rechtsbehelfsstelle die Frist nach § 364b AO setzen. Wird die Fristsetzung von der Arbeitseinheit durchgeführt, ist stets mit der Abgabe des Einspruchs an die Rechtsbehelfsstelle bis zum Ablauf der Präklusionsfrist zu warten, da der Einspruch gegen den Schätzungsbescheid nach Eingang der Steuererklärung ggf. durch Abhilfebescheid der Arbeitseinheit erledigt werden kann.

 

3. Zeichnungsrecht/Erfassung in der Datenbank DB-Rb

Fristsetzungen nach § 364b AO sind als Vorgänge von rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeit vom Sachgebietsleiter zu unterzeichnen (vgl. Anlage 2, Nr. 1.4 der Ergänzenden Bestimmungen zu Abschnitt 4 der FAGO ZeiReFÄ, AIS: Organisation>Amtsorganisation>FAGO/AGO/Zeichnungsrecht in den Finanzämtern). Die Vornahme der Fristsetzung und die Präklusionsgründe sind in DB-Rb auf der Registerkarte „Rechtsbehelf” zu vermerken.

 

4. Bestimmtheit der Fristsetzung

Nach § 364b Abs. 1 AO kann das FA dem Einspruchsführer eine Frist setzen

  • zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO)
  • zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte (§ 364b Abs. 1 Nr. 2 AO)
  • zur Bezeichnung von Beweismitteln oder zur Vorlage von Urkunden, soweit er dazu verpflichtet ist (§ 364b Abs. 1 Nr. 3 AO).

Bei Fristsetzungen in Einspruchsverfahren zu Schätzungsbescheiden (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO) steht die Vorlage „Fristsetzung § 364b AO” (Ordner Allgemein> Rechtsbehelfe sowie Ordner Rechtsbehelfsstelle) zur Verfügung.

Soweit eine Fristsetzung in anderen als geeignet erscheinenden Fällen vorgenommen wird, ist diese nur wirksam, wenn die vom FA für klärungsbedürftig angesehenen Punkte bzw. die vorzulegenden Beweismittel oder Urkunden so genau bezeichnet werden, dass es dem Einspruchsführer ohne weiteres möglich ist, der Aufforderung nachzukommen. Der Einspruchsführer muss aus der Formulierung erkennen können, mit welchen Beweismitteln etc. er nach Ablauf der Frist nicht mehr gehört werden kann. Es muss also konkret angegeben sein, welches Verhalten binnen welcher Frist der Einspruchsführer zu erbringen hat. Diesem Erfordernis wird z.B. nicht genügt, wenn der Einspruchsführer allgemein zu einer Stellungnahme oder pauschal zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert wird. Ist die Aufforderung inhaltlich unbestimmt, ist sie unwirksam (vgl. BFH-Urteil vom 25.4.1995, IX R 6/94, BStBl 1995 II S. 545). Die Fristsetzung nach § 364b ist außerdem unwirksam, wenn der Einspruchsführer über die Rechtsfolgen der Fristversäumnis nicht belehrt wurde.

Die Entscheidung, ob dem Steuerpflichtigen eine Frist zur Vorlage von Erklärungen und Beweismitteln gesetzt werden soll, liegt im Ermessen des Finanzamts. Es wird bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen haben, ob der Einspruchsführer das Einspruchsverfahren erkennbar verzögern will. Bei Einspruchsverfahren zu Schätzungsbescheiden ist die Fristsetzung daher regelmäßig ermessensgerecht. Werden Einwendungen gegen die Fristsetzung erhoben, ist – soweit nicht abgeholfen wird – die Ermessensausübung im Rahmen der Entscheidung über den Einspruch gegen den Steuerbescheid darzustellen (vgl. auch Tz. 8).

 

5. Dauer der Frist

Der Gesetzgeber hat in § 364b AO bewusst davon abgesehen, eine Mindestfrist zu benennen. Dadurch soll es den Finanzämtern ermöglicht werden, eine auf den Einzelfall bezogene angemessene Frist zu setzen. Für die Abgabe von Steuererklärungen sollten zwischen 6 und 8 Wochen vorgesehen werden, für Erklärungen über einzelne Punkte mindest...

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