OFD Frankfurt, 8.6.2005, S 2256 A - 1 - St II 2.08

Verkauf von Wertpapieren innerhalb der Veräußerungsfrist

Bei der Ermittlung der Einkünfte von sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch die Veräußerung von Wertpapieren – insbesondere Aktien – bitte ich, Folgendes zu beachten:

 

I. Girosammelverwahrung

Bei der Girosammelverwahrung verliert der Wertpapierinhaber das Einzeleigentum an bestimmten Wertpapieren und wird stattdessen Bruchteilseigentümer an allen Wertpapieren einer Art und Gattung, die gemeinsam im Girosammeldepot verwahrt werden (§§ 5 ff des DepotgesetzesDepotG).

a) Rechtslage ab Veranlagungszeitraum 2005 (Fifo-Methode)

Für die Wertpapiere der Girosammelverwahrung schreibt das Gesetz eine Verwendungsreihenfolge vor. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG n. F. fingiert, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere auch zuerst veräußert werden (sog. Fifo-Methode).

Der Vorteil der Fifo-Methode liegt – gemessen an der alten Rechtslage – in der einfacheren Ermittlung der realisierten Einkünfte. So werden jedem Veräußerungsgeschäft sowohl zeitlich als auch betragsmäßig ein oder mehrere Anschaffungsgeschäfte eindeutig zugeordnet. Dies erleichtert die Entscheidung darüber, ob die Veräußerung innerhalb der Veräußerungsfrist (steuerbar und steuerpflichtig) oder außerhalb (nicht steuerbar) liegt. Im Fall der Steuerpflicht sind die feststehenden Anschaffungskosten aus den zugeordneten Erwerben zu berücksichtigen.

Beispiel 1:

Der Steuerpflichtige Z erwirbt im Laufe der Jahre 2005 und 2006 folgende Aktien der X – AG:

Anschaffungszeitpunkt Anzahl AK je Aktie
1.11.2005 100 100,00 EUR
1.2.2006 40 90,00 EUR
1.8.2006 30 100,00 EUR
1.12.2006 30 110,00 EUR

Am 10.1.2007 veräußert Z 150 Aktien zu einem Preis von je 150,00 EUR.

Nach der Fifo-Methode gelten die am 1.11.2005 angeschafften Wertpapiere als zuerst veräußert und zwar vorliegend außerhalb der Veräußerungsfrist.

Danach folgen nacheinander bis zur Stückzahl der verkauften Aktien die am 1.2.2006 und am 1.8.2006 erworbenen Aktien, die innerhalb der Veräußerungsfrist steuerpflichtig veräußert wurden.

Berechnung des Veräußerungsgewinns:

Veräußerungserlös        
150 Aktien × 150,00 EUR   22.500 EUR    
         
davon nicht steuerbar        
100 Aktien × 150,00 EUR ./. 15.000 EUR    
  = 7.500 EUR    
Steuerpflichtiger Veräußerungserlös[1)] =       3.750 EUR
         
abzgl. AK der am 1.2.2006 erworbenen Aktien        
40 Aktien × 90,00 EUR = 3.600 EUR, davon ½[2)]     ./. 1.800 EUR
         
abzgl. AK der am 1.8.2006 erworbenen Aktien        
10 Aktien × 100,00 EUR = 1.000 EUR, davon ½[3)]     ./. 500 EUR
         
steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn     = 1.450 EUR
         

b) Rechtslage bis VZ 2003 (Durchschnittswertmethode)

Zur Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Wertpapieren in Girosammelverwahrung hat der BFH mit Urteil vom 24.11.1993 (BStBl 1994 II S. 591) entschieden, dass die Veräußerungsfrist i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur dann gewahrt ist, wenn nach der Art und der Stückzahl ausgeschlossen werden kann, dass die veräußerten Wertpapiere außerhalb dieser Frist erworben wurden (vgl. H 169 „Sammeldepot” EStH 2004). Auf die Rzn. 45 – 48 des BMF-Schreibens vom 25.10.2004 (BStBl 2004 I S. 1034) wird verwiesen.

Beispiel 2:

Der Steuerpflichtige A erwarb am 1.1.1998 und am 1.8.1998 je 100 Aktien gleicher Art und Güte der X-AG, die bei der Y-Bank in einem Girosammeldepot verwahrt werden. Am 1.7.1999 veräußert er 150 Aktien der X-AG.

Bei 100 Stück der veräußerten Aktien kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie zu den am 1.1.1998 erworbenen Wertpapieren gehören und damit außerhalb der einjährigen Veräußerungsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erworben wurden. Somit hat A im Veranlagungszeitraum 1999 ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 50 Aktien der X-AG verwirklicht.

Soweit private Veräußerungsgeschäfte vorliegen, sind sowohl das Lifo- als auch das Fifo-Verfahren nicht anwendbar. Die Anschaffungskosten sind nach den Durchschnittswerten zu ermitteln (vgl. BFH vom 24.11.1993, a.a.O.).

Beispiel 3:

Der Steuerpflichtige Z erwirbt im Laufe der Jahre 1999 und 2000 folgende Aktien der X – AG:

Anschaffungszeitpunkt Anzahl AK je Aktie
1.11.1999 100 100,00 EUR
1.2.2000 40 90,00 EUR
1.8.2000 30 100,00 EUR
1.12.2000 30 110,00 EUR

Am 10.1.2001 veräußert Z 150 Aktien zu einem Preis von je 150,00 EUR.

Nach der Rechtsprechung des BFH vom 24.11.1993 (a.a.O.) hat Z ein privates Veräußerungsgeschäft bezüglich des Verkaufs von 50 Aktien verwirklicht, da hinsichtlich 100 Aktien nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie außerhalb der Veräußerungsfrist gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (am 1.11.1999) erworben wurden.

Die Anschaffungskosten der veräußerten Wertpapiere sind nach Durchschnittssätzen zu ermitteln. Damit ergeben sich folgende durchschnittliche Anschaffungskosten:

40 Aktien je 90 EUR = 3.600,00 EUR  
30 Aktien je 100 EUR = 3.000,00 EUR  
30 Aktien je ...

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