Die im Jahresabschluss enthaltenen Daten und Angaben sind dazu bestimmt, den Adressaten des Jahresabschlusses einen Informationsertrag zu erbringen.

Gerechtfertigte Steigerung des Informationsertrages? Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist eine Steigerung dieses Informationsertrages nur dann gerechtfertigt, wenn der zusätzliche Ertrag für die Bilanzadressaten, welcher aus weiteren, genaueren Angaben resultiert, den zusätzlichen Aufwand und die für den Bilanzierenden entstehende Mehrarbeit übersteigt. Beachten Sie: Insbesondere zum Schutze der externen Jahresabschlussadressaten wird der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit daher durch das Kriterium der Wesentlichkeit der Informationen ergänzt.[25] Um die Adressaten bei der Lösung ihrer unterschiedlichen Entscheidungsprobleme vor unzumutbaren Schäden zu bewahren,

  • soll der Jahresabschluss alle Informationen enthalten, die von Bedeutung sind,
  • während solche Sachverhalte, die für die Jahresabschlussadressaten von untergeordneter Bedeutung sind, vernachlässigt werden können.[26]

Qualitative Beurteilung: Da für den unbestimmten Begriff der Wesentlichkeit kein allgemein gültiger Maßstab existiert und keine konkrete Grenze zwischen wesentlich und unwesentlich allgemein bestimmt werden kann,[27] hat der Bilanzierende qualitativ zu beurteilen, ob und in welchem Ausmaß das Abweichen von einzelnen Bilanzierungsgrundsätzen einen Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der Abschlussadressaten hat.[28]

Beraterhinweis Eine exakte Antwort darauf, bis zu welcher Grenze eine Sofortabschreibung digitaler Vermögensgegenstände über den Grundsatz der Wesentlichkeit und Wirtschaftlichkeit gerechtfertigt werden kann, ist daher nicht möglich.

Jedoch können Kriterien aufgezeigt werden, anhand welcher unter Beachtung der Gegebenheiten des Einzelfalls eine unternehmensindividuelle Prüfung auf Wesentlichkeit durchgeführt werden kann. Dafür ist zu beachten, dass die negativen Auswirkungen auf die Aussagekraft der Bilanz, welche aus einer handelsbilanziellen Sofortabschreibung resultieren, vor allem abhängen

  • vom Gesamtwert des Anlagevermögens,
  • vom Anteil der digitalen Vermögensgegenstände am Anlagevermögen sowie
  • von den individuellen Nutzungsdauern der digitalen Vermögensgegenstände.

Beraterhinweis Anhand dieser Kriterien sollte ein bilanzierendes Unternehmen jahrgangsbezogen untersuchen, ob

  • der Anteil an Digitalgütern einen wesentlichen Abschlussposten darstellt und
  • die Unterschiede zwischen unterstellter einjähriger und tatsächlicher Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände beachtlich sind.

Unwesentlichkeit der Digitalgüter: Wird der Anteil der Digitalgüter als unwesentlich eingestuft und hat eine handelsrechtliche Sofortabschreibung nur geringfügige Auswirkungen auf das durch den Jahresabschluss vermittelte Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, so dürfte ein begründeter Ausnahmefall i.S.d. § 252 Abs. 2 HGB vorliegen. Die uneingeschränkte Übernahme der Sofortabschreibung in die Handelsbilanz kann dann m.E. mit dem Grundsatz der Wesentlichkeit und Wirtschaftlichkeit gerechtfertigt werden.

Wesentlichkeit der Digitalgüter: Kommt das bilanzierende Unternehmen hingegen zu dem Ergebnis, dass von einer Wesentlichkeit der Digitalgüter auszugehen ist, so hat handelsrechtlich grundsätzlich eine Abschreibung über die individuelle Nutzungsdauer zu erfolgen. Beachten Sie: Die unterschiedliche Behandlung in Handels- und Steuerbilanz kann zu umfangreichen Abweichungen zwischen beiden Rechenwerken führen und die Bildung latenter Steuern erforderlich machen.

Geringwertige Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter: Zu beachten ist jedoch, dass eine handelsrechtliche Sofortabschreibung sog. geringwertiger Vermögensgegenstände mit Anschaffungs-/Herstellungskosten bis zu 800 EUR – in Übereinstimmung mit den steuerrechtlichen Vorgaben zu geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) gem. § 6 Abs. 2 S. 1 EStG – bisher als eine mit den GoB zu vereinbarende handelsrechtliche Obergrenze gilt, die über den Wesentlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gerechtfertigt werden kann. Beachten Sie: Danach ist es als zulässig anzusehen, Vermögensgegenstände, die steuerlich das Kriterium eines GWG i.S.d. § 6 Abs. 2 S. 1 EStG erfüllen, in der handelsbilanziellen Rechnungslegung im Geschäftsjahr ihrer Anschaffung/Herstellung voll abzuschreiben, sofern diese für den Abschluss von untergeordneter Bedeutung sind.[29]

Beraterhinweis Dem Grundsatz der Wesentlichkeit und Wirtschaftlichkeit kommt damit zukünftig handelsbilanziell in mehrfacher Hinsicht hohe Bedeutung zu, da er für die Prüfung einer Sofortabschreibungsoption

  • sowohl bei den geringwertigen Vermögensgegenständen mit einem Wert von bis zu 800 EUR
  • als auch bei den digitalen Vermögensgegenständen, welche die Kriterien des neuen BMF-Schreibens vom 26.2.2021 erfüllen,

heranzuziehen ist.

[25] Vgl. Störk/Rimmelspacher in BeckBilKomm., 12. Aufl. 2020, § 297 Rz. 195 ff.
[26] Vgl. IDW PS 250, WPg 2010, 1045.
[27] Vgl. allerdings Störk/Schellhorn, BeckBilKomm., 12. Aufl. 2020, § 264 Rz....

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