Nachdem eine bestehende VP-Struktur im ersten Schritt auf Risiken untersucht worden ist und etwaige Risiken durch eine veränderte, nunmehr wertschöpfungsadäquate Verteilung des Konzernergebnisses auf die Konzerngesellschaften reduziert worden sind, stellt sich nun die Frage, welche Chancen sich aus einer optimierten VP-Struktur für den Konzern ergeben können.

Die aktuelle BEPS[1]-Diskussion in den Medien zeigt, dass Teile der Öffentlichkeit, zumindest Journalisten und Finanzverwaltungen, vermeintliche VP-induzierte Gewinnverschiebungen bei multinationalen Großkonzernen sehr genau beobachten. Insbesondere die Konzerne Starbucks, Google und Amazon sind in 2013 sehr stark an den Pranger gestellt worden, da diese in einzelnen Staaten angeblich keine oder „zu geringe” Steuern bezahlt haben sollen. Da derartige Berichterstattungen die Reputation von Unternehmen stark beschädigen können, besteht derzeit eine gewisse Verunsicherung bzw. Zurückhaltung in den Führungsetagen und den Steuerabteilungen, Steuerplanung zu betreiben. An dieser Stelle sei festgehalten, dass, soweit aus der Presse ersichtlich, nicht etwa illegale Steuerplanungen vorgeworfen werden, sondern vielmehr die Frage gestellt wird, ob – legale Steuerplanungsmodelle – moralisch vertretbar sind oder nicht. Piltz[2] bringt es treffend auf den Punkt: „Warum erkennen oder benennen die OECD und die Einzelstaaten nicht sich selbst als Verursacher dieser Steuergestaltungen? Es ist unbestritten, dass wir hier nur von sog. legaler Steuervermeidung reden, also nicht von Steuerhinterziehung. Ob man das, was die inkriminierten Unternehmen nutzen, als Steuerschlupflöcher bezeichnen will oder intelligente Nutzung des Gesetzes oder die Nutzung legislatorischer Fehler, ist Geschmackssache. Eines ist aber klar: Es gibt keine legale Steuervermeidung, die nicht aus der Gesetzgebung dieser Staaten selbst resultiert.”

Aufgrund der aktuellen Situation sollen im Folgenden Überlegungen dahingehend angestellt werden, unter welchen Rahmenbedingungen Steuerplanung weiterhin möglich ist und ob und inwieweit die BEPS-Vorwürfe auch auf deutsche Unternehmen übertragbar sind.

  1. Die OECD-Richtlinien (OECD-RL)[3] stellen eingangs fest, dass Verrechnungspreise keine exakte Wissenschaft sind. D. h., es gibt nicht den einen oder den anderen „richtigen” VP, sondern VP sind als angemessen zu akzeptieren, soweit sie in eine Bandbreite fremdüblicher Preise/Margen fallen.
  2. Auch die BEPS-Diskussion ändert nichts daran, dass zulässigerweise eine unternehmerische Dispositionsfreiheit besteht, Sachverhalte so zu gestalten, dass sie möglichst wenig Steuerlast auslösen. Dies entspricht der zutreffenden Auffassung der überwiegenden Literaturmeinung[4] und auch der des BFH[5].
  3. Der deutsche Gesetzgeber hat eine umfangreiche Sammlung an Missbrauchsverhinderungs- sowie Hinzurechnungsnormen in Kraft gesetzt, die nach Auffassung des Autors und Vertretern der Finanzverwaltung völlig ausreichen, um „Schieflagen” der Ergebnisallokation aufgrund von unangemessenen VP auch heute schon aufzugreifen und zu korrigieren. Beispielhaft seien erwähnt: § 41 AO (Scheingeschäft), § 42 AO (Rechtsmissbrauch), § 153 AO (Steuererklärungsberichtigung), § 4h EStG/§ 8a KStG (Zinsschranke), § 15b EStG (Verluste und Steuerstundungsmodelle), § 50d Abs. 3 EStG (Anti-Treaty-Shopping), § 50d Abs. 8, 9, 10 EStG (Subject-to-Tax-/Switch-over-Klauseln), § 8c KStG (Mantelkauf), § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG (doppelte Verlustnutzung), § 1 AStG (Verrechnungspreise), § 7 ff. AStG (Hinzurechnungsbesteuerung), § 370 AO (Steuerhinterziehung) etc.
  4. Ausgehend von der oben genannten BEPS-Diskussion scheinen die Medien pauschal mehr oder weniger allen Großkonzernen vorzuwerfen, „unmoralisch” wenig Steuern zu entrichten. Diese „Globalschelte” ist inhaltlich falsch und grenzt an Populismus. Eine differenzierte Analyse ist notwendig, um die Ursachen niedriger Konzernsteuerquoten herauszufinden. Die folgenden Fakten sprechen für sich:
    (a) Die durchschnittliche Konzernsteuerquote aller DAX30 Unternehmen beträgt in 2013 26,67% und in 2014 26,61%. Diese Unternehmen zahlten zusammen Steuern in Höhe von ca. 24 (2013) sowie 26 Milliarden Euro (2014)[6]. Diese Quote ist vergleichsweise hoch, wenn man bedenkt, dass diese Konzerne z. B. in 2014 über 80% ihrer Außenumsätze auf Auslandsmärkten erzielen und die ausländischen Unternehmenssteuersätze häufig unter dem aktuellen deutschen durchschnittlichen Unternehmenssteuersatz von ca. 30% liegen[7].

(b) Eine noch detaillierte eigene Analyse der Konzernabschluss-Zahlen für 2014 ausgewählter DAX30 Unternehmen zeigt darüber hinaus, dass bei 9 von 11 Konzernen der Anteil des deutschen Steueraufwands im Vergleich zum gesamten Steueraufwand den Anteil des deutschen Umsatzes im Vergleich zum Gesamtumsatz erheblich (dreistellige Millionenbeträge) übersteigt[8]. Diese Tatsachen zeigen eindeutig, dass die deutschen DAX30 Konzerne (und vermutlich gilt dies auch für andere internationale Nicht-DAX30-Konzerne) weder insgesamt, noch in Deutsch...

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