Das Sondereigentum ist von den Sondernutzungsrechten zu unterscheiden.

Sondernutzungsrecht = Nutzungsrecht an einem Teil des Gemeinschaftsvermögens: Während Sondereigentum das alleinige Eigentum an bestimmten Teilen des Grundstücks darstellt (z.B. an einer Wohnung), wird durch ein Sondernutzungsrecht lediglich ein Nutzungsrecht an einem Teil des Gemeinschaftsvermögens begründet (z.B. an einem Gartenstück). Ein typischer Anwendungsfall von Sondernutzungsrechten ist ein Stellplatz für Fahrzeuge, der einer Eigentumswohnung zugeordnet ist.

Änderungen durch WEG-Reform: Durch die WEG-Reform wurde

Beraterhinweis Nunmehr kann (i.d.R. zusammen mit der Wohnung) auch an einem Pkw-Stellplatz "unter freiem Himmel" einheitliches Sondereigentum begründet werden.[36]

Steuerrechtlich hat der Sondernutzungsberechtigte über seinen Miteigentumsanteil hinaus kein wirtschaftliches Eigentum an dem ihm zur Nutzung überlassenen gemeinschaftlichen Eigentum.[37] Dies ist bei Sondereigentum jedoch m.E. anders und führt zu einer separaten Bewertbarkeit als eigenes Wirtschaftsgut.

 

Beispiel

B erwirbt im Jahr 01 von A eine Eigentumswohnung für einen Kaufpreis (einschließlich Nebenkosten) von 100.000 EUR, um diese selber zu bewohnen. Zu der Eigentumswohnung gehört ein Stellplatz für ein Fahrzeug, der

a) als Sondernutzungsrecht

b) als Sondereigentum

zum erworbenen Wohneigentum gehört.

Ohne den Stellplatz wäre der Kaufpreis um 5.000 EUR geringer gewesen.

B nutzt den Stellplatz ausschließlich zum Parken seines Lieferwagens, der zu seinem als Einzelunternehmen geführten Tischlerbetrieb gehört. Im Jahr 05 findet die Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG) des Tischlerbetriebs statt. Der anteilige Wert des Stellplatzes beträgt dann 9.000 EUR.

Lösung:

zu a): Das Sondernutzungsrecht ist unselbständiger Teil des Wohnungseigentums und mangels wirtschaftlichen Eigentums "der Substanz" für B nicht separat bewertbar. Die anteiligen AK von 5.000 EUR sind in die allgemeine Kaufpreisaufteilung des Wohneigentums zwischen Gebäude sowie Grund und Boden einzubeziehen.

zu b): Der Stellplatz bildet mit der Wohnung zivilrechtlich einheitliches Sondereigentum, das mit demselben Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum verbunden ist.[38] Unabhängig von der Frage, ob dieses "zusätzliche" Sondereigentum steuerrechtlich als Gebäude und/oder Grund und Boden einzuordnen ist, besteht m.E. ein wirtschaftliches Eigentum "an dem Stellplatz" für B.

Ertragsteuerrechtlich wird ein Gebäude bei unterschiedlicher Nutzung in verschiedene Wirtschaftsgüter aufgeteilt.[39] Der damit zusammenhängende Grund und Boden folgt dieser Zuordnung. Zwar wird die Wohnung nicht gewerblich – sondern für eigene Wohnzwecke – genutzt. Der Stellplatz wird aber ausschließlich eigenbetrieblich genutzt, da der als Betriebsvermögen zu beurteilende Lieferwagen (Betriebsvermögen) darauf abgestellt wird.[40] Damit steht der "Stellplatz" (Wirtschaftsgut) in einen anderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang als die Wohnung und ist m.E. notwendiges Betriebsvermögen[41] des Tischlerbetriebs.

Im Jahr 05 ist durch die Betriebsaufgabe das Wirtschaftsgut "Stellplatz" zum gemeinen Wert in das Privatvermögen zu überführen (§ 16 Abs. 3 S. 7 EStG). Die Wertsteigerung zwischen dem Jahr 01 und 05 (stille Reserve) ist Teil des Aufgabegewinns. Wenn demgegenüber an dem Stellplatz "nur" ein Sondernutzungsrecht (Fallvariante a) bestanden hätte, wäre insoweit kein (!) Aufgabegewinn entstanden, da es kein einzeln bewertbares Wirtschaftsgut wäre.

[35] Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz v. 16.10.2020, BGBl. I 2020, 2187.
[36] Denkbar wäre es, dass ein Stellplatz "ohne Wohnung" als Sondereigentum mit gemeinschaftlichem Miteigentum als "Wohnungseigentum" (genauer: "Teileigentum") i.S.d. § 1 Abs. 2 WEG begründet wird (Hügel in Hau/Poseck, BeckOK/BGB, § 3 WEG (1.2.2021) Rz. 12).
[38] Auch eine baulich getrennt errichtete Garage ist i.d.R. als (unselbständiger) Bestandteil des Wohnungsgebäudes zu beurteilen, BFH v. 22.9.2005 – IX R 26/04, BStBl. II 2006, 169 = EStB 2006, 96 (Aweh).
[40] Vgl. BFH v. 10.10.2017 – X R 1/16, BStBl. II 2018, 181 = EStB 2018, 41 (Weiss) zum Fall einer Doppelgarage, in dem sowohl ein betrieblicher als auch privater Pkw geparkt war. Da die betriebliche Nutzung nicht über 50 % lag, war die Doppelgarage kein notwendiges Betriebsvermögen.
[41] Eine Bilanzierung kann nur dann unterbleiben, wenn die in § 8 EStDV aufgeführten Grenzen unterschritten sind.

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