Der Richter wird daher in einem 1. Schritt gem. § 138 Abs. 1 BGB eine Wirksamkeitskontrolle der Vereinbarung anhand einer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Ehepartner vornehmen, insbesondere also hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und ihres geplanten oder bereits verwirklichten Lebenszuschnitts.

Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn im Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehepartner gerechtfertigt wird.

Dass ein Ehevertrag erst mehrere Monate nach der Heirat geschlossen wird, steht dessen Beurteilung als sittenwidrig aufgrund einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände nicht grundsätzlich entgegen.[1]

Allein aus einem Globalverzicht (Zugewinn) auch bei einem objektiv offensichtlichen Ungleichgewicht der Einkommens- und Vermögensverhältnisse folgt nicht zwangsläufig die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages; Voraussetzung ist vielmehr, dass ein Fall gestörter Vertragsparität vorliegt, d. h. es müssen außerhalb der Vertragsurkunde verstärkende Umstände zu erkennen sein, die auf eine Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit hindeuten.[2]

Auch wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu einem weitgehenden Ausschluss des nachehelichen Unterhalts (bis auf den Betreuungsunterhalt) sowie zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs für sich genommen den Vorwurf der Sittenwidrigkeit noch nicht zu rechtfertigen vermögen, kann das objektive Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines der Ehegatten abzielen und damit zur objektiven Sittenwidrigkeit führen.[3]

Ergibt diese Prüfung, dass der Ehevertrag unwirksam ist, treten an dessen Stelle die gesetzlichen Regelungen.

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