Leitsatz

Die Errichtung von Wohnobjekten auf dem eigenen Grundstück und deren Veräußerung stellt nicht unabhängig von der als Indiz wirkenden Drei-Objekt-Grenze bereits wegen der Ähnlichkeit mit dem "Bild des produzierenden Bauunternehmers/Bauträgers" eine gewerbliche Tätigkeit dar.

 

Normenkette

§ 15 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin errichtete 1988 auf ihrem Grundstück ein Gebäude mit 10 Eigentumswohnungen und selbstständigen Reihengaragen sowie Carports. Innerhalb von 5 Jahren veräußerte sie 3 Eigentumswohnungen sowie 3 Garagen. FA und FG nahmen gewerblichen Grundstückshandel an. Ob dieser schon vorliegt, wenn Errichtung von 3 Objekten in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht und anschließende zeitnahe Veräußerung dem "Bild des produzierenden Bauunternehmers/Bauträgers" entsprechen, war vom Großen Senat zu entscheiden.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Großen Senats ist die Errichtung von Wohnobjekten "in bedingter Veräußerungsabsicht" und deren zeitnahe Veräußerung auch dann, wenn sie durch Bauträger erfolgt, nicht unabhängig von der Zahl der verkauften Objekte stets als gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG zu beurteilen. Zahl der Objekte und zeitlicher Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung, Verkauf) hätten für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben sei, (nur) eine indizielle Bedeutung. Sie seien mithin unbeachtlich, wenn eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht zweifelsfrei sei.

 

Hinweis

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von 5 Jahren mehr als drei Objekte erwirbt und veräußert. Als nur ein Objekt gelten neben Ein- und Zweifamilienhäusern Mehrfamilienhäuser und Gewerbebauten unabhängig von Größe, Wert und Nutzungsart (vgl. BFH, Urteil vom 15.3.2000, X R 130/97, BStBl II 2001, 530). Werden aber die Wohnungen eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen umgewandelt, sind sie jeweils ein Objekt. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des Großen Senats uneingeschränkt auch dann, wenn der Steuerpflichtige – als Bauträger – Bauten auf eigenem Grundstück errichtet und sodann veräußert.

Die Drei-Objekt-Grenze wirkt allerdings nicht wie eine Freigrenze, sondern hat lediglich Indizwirkung in Zweifelsfällen. Bestehen solche Zweifel nicht, weil eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen, ist auch die Veräußerung von mehr als 3 Objekten nicht gewerblich; andererseits können auch bei einer Veräußerung von weniger als 4 Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen.

Beispiele des Großen Senats für Gewerblichkeit bei weniger als 4 Objekten:

1. Verkauf des Grundstücks unmittelbar vor der anschließenden Bebauung durch den Veräußerer (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20. 12.2000, 2 K 96/99, EFG 2001, 446, rkr.) oder Bebauung vor Veräußerung auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers.

2. Erhebliche Leistungen des Bauunternehmens für den für den Bau ohne Abrechnung wie unter Fremden (BFH, Urteil vom 11.6.1997, XI R 71/96, BFH/NV 1997, 839).

Die 'Drei-Objekt-Grenze' bleibt nach der Entscheidung des Großen Senats auch für Bauträger im Regelfall maßgeblich für die Überschreitung der Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel. Die stärkere Betonung ihrer "reinen" Indizwirkung und der begrenzten Bedeutung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Erwerb, Bebauung und Veräußerung eröffnet eine größere Offenheit für den substanziierten Vortrag, außergewöhnliche, bei Erwerb oder Errichtung nicht vorhergesehene und nicht vorhersehbare Umstände hätten erst zu einem späteren Zeitpunkt die – als nicht gewerblich zu wertende – Veräußerung weiterer Objekte jenseits der Drei-Objekt-Grenze erforderlich gemacht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 10.12.2001, GrS 1/98

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