Tz. 76

Stand: EL 94 – ET: 10/2018

Ist eine Pers-Ges I an einer anderen Pers-Ges II als MU beteiligt und wächst der Pers-Ges I als letzt verbliebener Gesellschafterin das Vermögen der Pers-Ges II an (gem § 738 BGB), kann der Vermögensübergang nicht als Einbringung iSd § 24 Abs 1 UmwStG beurteilt werden. Ein derartiger Anwachsungsvorgang (sog einfache Anwachsung) ist (zB) anzutreffen, wenn

  • bei einer GmbH & Co KG (Unter-Pers-Ges) die nicht am Vermögen beteiligte Kpl-Kap-Ges entschädigungslos aus der GmbH & Co KG ausscheidet und das Vermögen der Pers-Ges als 100%ige Kdst der Unter-Pers-Ges anwächst oder wenn
  • bei einer KG/OHG (Unter-Pers-Ges) die Pers-Ges I, die (zB) mit 80 % an der KG/OHG beteiligt ist, den Anteil iHv 20 % des/der vorletzten Gesellschafter(s) erwirbt und das Gesellschaftsvermögen der KG/OHG infolge der Anteilsvereinigung der Pers-Ges I anwächst.

Es liegt keine Einbringung iSd § 24 Abs 1 UmwStG vor, weil bei der einfachen Anwachsung kein tauschähnliches Geschäft anzunehmen ist (dies ist ein Grundmerkmal des Einbringungstatbestands, s Tz 5). Denn die betriebliche Sachgesamtheit wird nicht im Gegenzug für eine neue oder erweiterte MU-Beteiligung übertragen (ebenso s S/H/S, 7. Aufl, § 24 UmwStG Rn 55; s Fuhrmann, in W/M, § 24 UmwStG Rn 312; s H/M, 4. Aufl, § 24 UmwStG Rn 90).

 

Tz. 77

Stand: EL 94 – ET: 10/2018

Die ertragstlich durch die MU-Beteiligung repräsentierte Mitberechtigung an den WG der Unter-Pers-Ges wandelt sich mit dem Erwerb aller Anteile an der Unter-Pers-Ges in das Alleineigentum an den WG um. UE liegt hierin weder eine Betriebsaufgabe der Unter-Pers-Ges, noch ein gewinnrealisierender entgeltlicher Erwerbsvorgang durch die aufnehmende Pers-Ges. Die erwerbende Pers-Ges hat die Bw des MU-Anteils an der Unter-Pers-Ges (in analoger Anwendung des § 6 Abs 3 EStG) weiterzuführen (s Patt, in H/H/R, § 6 EStG Rn R 102 und 243 aE; s Wacker, in Schmidt, 37. Aufl, § 16 EStG Rn 525; s Fuhrmann, in W/M, § 24 UmwStG Rn 44–45; s Orth, in FS für von Zezschwitz, 2005, 335ff; s Vfg der OFD Berlin v 19.07.2002, DB 2002, 1966; s Neu/Watermeyer, DStR 2002, 2101 (2108); s Brandenberg, DStZ 2002, 511; s Ley, KÖSDI 2018, 20 750 unter Rn 33; für unmittelbare Anwendung von § 6 Abs 3 EStG: s Kulosa, in Schmidt, 37. Aufl, § 6 EStG Rn 654; s Schindler, in Kirchhof, 17. Aufl, § 6 EStG Rn 202). Eine Rückbeziehung des Vorgangs ist nicht möglich; insbes ist § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG nicht sinngem anzuwenden (Analogieverbot s Tz 83). Eine rückwirkende Anwachsung ist uE dann gegeben, wenn sie mit einer Umwandlung zusammenfällt und als Folgewirkung der ges zugelassenen Umwandlung auch die Anwachsung (stlich) rückwirkend erfolgt (glA s Urt des BFH v 03.02.2010, BFH/NV 2010, 1492 unter Rn 16; v 07.09.2016, BStBl II 2017, 482 unter Rn 62; s Urt des FG Ddf v 28.10.2010, EFG 2011, 477, rkr; ebenso s Stegemann, INF 2003, 266, unter 3; s Breiteneicher, DStR 2004, 1405).

 

Beispiel:

Die T-KG ist zu 100 % als Kdst an der X-GmbH & Co KG und zu 100 % an der X-GmbH, der Kpl der X-GmbH & Co KG, beteiligt. Zum 10.07.03 wird eine Verschmelzung der X-GmbH auf die T-KG beschlossen. Der Verschmelzung wird die Schluss-Bil der Kap-Ges zum 31.12.02 zu Grunde gelegt.

Lösung:

Das Einkommen und Vermögen der Kap-Ges und der aufnehmenden Pers-Ges sind gem § 2 Abs 1 S 1 UmwStG für stliche Zwecke so zu ermitteln, als ob der Vermögensübergang mit Ablauf des 31.12.02 erfolgt wäre. Diese Rückwirkungsfiktion betrifft primär das im Wege der Verschmelzung von der Kap-Ges auf die T-KG übergegangene Vermögen. Quasi als "Reflex" dieser fiktiven Vermögensübertragung rückt die aufnehmende T-KG rückwirkend an die Stelle der durch die Umwandlung beendeten Kpl-GmbH. Dies führt auf der Ebene der X-GmbH & Co KG zu einer Vereinigung sämtlicher MU-Anteile in der Hand der T-KG zum rückbezogenen stlichen Übertragungsstichtag. Daher erzielt die T-KG ab diesem Stichtag (stlich) nicht mehr Anteile am Gewinn aus der Beteiligung an der X-GmbH & Co KG, sondern Eink aus dem ihr nunmehr unmittelbar zuzurechnenden ehemaligen Gesellschaftsvermögen der X-GmbH & Co KG. Denn die Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs 1 S 1 UmwStG schließt ertragstlich in den Fällen der (verschmelzungsbedingten) Anteilsvereinigung das rückwirkende Erlöschen der Pers-Ges mit ein. Die MG kann den auf sie entfallenden gewstlichen Fehlbetrag der Tochter nach Anwachsung weiterhin nutzen (s Urt des FG Ddf v 28.10.2010, EFG 2011, 477, rkr; s R 10a.3 Abs 3 Nr 8 S 6 GewStR 2009; s Glanegger, in Glanegger/Güroff, 9. Aufl, § 10a GewStG Rn 102). Zu weiteren Auswirkungen s Ley, KÖSDI 2018, 20 750 unter Rn 39ff.

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