Tz. 1360

Stand: EL 99 – ET: 06/2020

Der Mandantenstamm einer freiberuflichen Praxis kann Gegenstand eines Pachtvertrages zwischen einem Freiberufler und einer von ihm gegründeten GmbH sein; s Urt des BFH v 30.03.1994 (BStBl II 1994, 903); v 18.12.1996 (BStBl II 1997, 546); s Beschl des BFH v 08.04.2011 (BFH/NV 2011, 1135); und s Urt des BFH v 21.11.2017 (DStR 2018, 667). Die Überlassung des Mandantenstammes (= wes Betriebsgrundlage) führt zu einer Betriebsaufspaltung (und zwar auch dann, wenn ausschl ein Mandantenstamm verpachtet wird). Die von der Betriebs-GmbH für die Überlassung gezahlten Pachtzinsen sind nicht als vGA iSv § 8 Abs 3 S 2 KStG anzusehen (anders noch s Urt des BFH v 28.02.1990, BStBl II 1990, 595).

Hieran hat sich uE auch durch die oa Rspr des BFH zum Übergang eines Geschäftswerts auf die Betriebs-Gesellschaft nichts geändert (dazu s Tz 1344ff).

 

Beispiel:

H errichtete im Januar 05 als Alleingesellschafter eine Steuerberatungsgesellschaft, die H-GmbH. H veräußerte zum 01.04.05 das bewegliche AV, die Finanzanlagen und das UV seiner bisherigen Steuerberatungseinzelpraxis an die H-GmbH. Den Praxiswert, dh den Wert aller dem H erteilten Mandate, brachte er ausdrücklich nicht in die GmbH ein. Der Praxiswert sollte vielmehr an die H-GmbH mietweise gegen Zahlung von jährlich 124 000 EUR überlassen werden. Neue Mandate sollten nicht der H-GmbH, sondern H zustehen. Mit Vereinbarung v 01.04.09 veräußerte H den Praxiswert zum (angemessenen) Preis von 1,1 Mio EUR an die H-GmbH.

Lösung:

Der Mandantenstamm ist nicht bereits zum 01.04.05 auf die H-GmbH übergegangen. Damit konnte zu diesem Zeitpunkt auch keine verdeckte Einlage des Praxiswerts in die H-GmbH vorliegen. Wäre dies der Fall, müssten sowohl die Pachtzahlungen für die Überlassung des Mandantenstammes in den Jahren 05 bis 09 als auch die Vergütung für die Übertragung des Praxiswerts im Jahr 09 als vGA angesehen werden. Der Mandantenstamm muss nicht notwendigerweise das Rechtsschicksal der übrigen übertragenen Gegenstände des BV der bisherigen Einzelpraxis teilen. Er kann Gegenstand eines selbstständigen Übertragungsgeschäfts und auch Gegenstand eines selbstständigen Pachtvertrags sein. Dem steht auch nicht entgegen, dass H seit der Gründung der GmbH deren alleiniger GF war. Die Überlassung/Übertragung des Mandantenstammes ist nicht Gegenstand des Anstellungsverhältnisses. Ein GF schuldet der GmbH nur eine Dienstleistung, nicht aber gleichzeitig die Übertragung des ihm gehörenden Praxiswerts/Mandantenstammes. Er kann diese Werte an einen Dritten übertragen, ohne deshalb seine Pflichten als Gesellschafter oder GF zu verletzen; s Urt des BFH v 30.03.1994 (BStBl II 1994, 903) und v 21.11.2017 (DStR 2018, 667).

Damit führt weder Pacht für die entgeltliche Überlassung des Mandantenstammes noch das Entgelt für dessen Übertragung im Jahr 09 zu einer vGA (unterstellt, Pacht und Kaufpreis sind angemessen).

Wird der Mandantenstamm zu einem späteren Zeitpunkt veräußert (an einen Dritten oder auch an die Betriebs-GmbH), endet die Betriebsaufspaltung; in der Folge müssen die Anteile an der Betriebs-GmbH in das PV entnommen werden, da eine zwangsweise Betriebsaufgabe vorliegt; s Urt des BFH v 21.11.2017 (DStR 2018, 667).

Bei der Verpachtung eines Mandantenstammes ist es uE – anders als bei einem Geschäftswert (dazu s Tz 1354) – zulässig, für Neumandate eine Regelung mit der pachtenden Betriebs-GmbH zu treffen, wonach neue Mandatsverträge generell mit der Pächterin geschlossen werden und der Verpächter (also das Besitzunternehmen) bei Beendigung des Pachtvertrags keine Ansprüche auf Übertragung dieser Mandatsverhältnisse hat. Der Pachtvertrag betrifft bei einer solchen Vereinbarung nur die Altmandate. Zulässig ist eine solche Einschränkung deshalb, weil sich ein Mandantenstamm anders als ein Geschäfts-, Firmen- oder Praxiswert aus vielen Einzel-WG, nämlich den Einzelmandaten, zusammensetzt, die zivilrechtlich getrennt betrachtet und geregelt werden können. Zum Geschäftswert demggü s Urt des BFH v 26.11.2009 (BStBl II 2010, 609). Die Pachthöhe muss dann aber jeweils angepasst werden, wenn ein Altmandat durch Kündigung ausscheidet (Beraterwechsel usw). Ansonsten läge eine überhöhte Pacht vor, die zu einer vGA führt. Die entspr Berechnungsregularien für die Pachtanpassung sollten bereits im Pachtvertrag klar und eindeutig bestimmt werden. Ebenso läge in diesen Fällen eine vGA vor, wenn die Betriebs-GmbH bei Beendigung des Pachtvertrags den Mandantenstamm an das Besitzunternehmern auch hinsichtlich der Neumandanten unentgeltlich überträgt, ohne für die Neumandate eine angemessene Vergütung zu verlangen.

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