Tz. 210

Stand: EL 112 – ET: 12/2023

Ist für eine Leistung bis zum Tag der Bekanntmachung der erstmaligen Feststellung iSd § 27 Abs 2 KStG zum Schluss des Wj der Leistung eine St-Besch iSd § 27 Abs 3 KStG nicht erteilt worden, gilt gem § 27 Abs 5 S 2 KStG der Betrag der Einlagerückgewähr als mit null bescheinigt.

Diese Regelung soll Verzögerungen durch verspätete Bescheinigungen vermeiden. Ein weiterer Regelungssinn liegt darin, bei verspäteter oder bei unterlassener Bescheinigung einer Einlageverwendung per unwiderlegbarer ges Vermutung zu fingieren, dass die Kö ihren AE eine Einlagerückzahlung iHv null bescheinigt hat (nach früherer Rechtslage str, s Tz 192).

Die in § 27 Abs 5 KStG ges fingierte Einlageverwendung ist lex specialis zu § 27 Abs 1 S 3 KStG und verdrängt die tats Verwendung der Einlage (s Urt des BFH v 11.02.2015, BStBl II 2015, 816, und s Urt des BFH v 11.07.2018, BStBl II 2019, 283, mit Anm Brühl, GmbHR 2019, 84). Dazu auch s FG Rh-Pf, Urt v 18.07.2014 (EFG 2014, 2081; die Rev wurde durch Beschl des BFH v 18.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen). Das gilt gleichermaßen bei Beteiligung nicht anrechnungsberechtigter AE. Nach Auff des BFH (s Urt v 11.02.2015, BStBl II 2015, 816) ist es zumindest für Fallgestaltungen, in denen die Kö erkennt, dass sie Leistungen iSv § 27 Abs 1 S 3 KStG erbracht hat und die fehlerhafte Bescheinigung ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnen ist, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass in den in § 27 Abs 5 S 1 und S 2 KStG bezeichneten Fällen die Berichtigung bzw die erstmalige Erteilung einer St-Besch ausgeschlossen ist. Danach hat der Gesetzgeber mit seiner Fiktion Härten wissentlich in Kauf genommen (s Urt des BFH v 11.07.2018, BStBl II 2019, 283; dazu s auch Brandis, BFH/PR 2019, 44). Ein Anspruch der Kö auf nachträgliche Änderung des Feststellungsbescheids besteht danach selbst dann nicht, wenn dieser unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Die KapSt entsteht am Tag der Auszahlung der Leistung und nicht erst bei Bekanntgabe des gesonderten Feststellungsbescheids zum stlichen Einlagekto (s FG Ba-Wü, Urt v 12.04.2016, EFG 2016, 1994, bestätigt durch das oa Urt des BFH v 11.07.2018; weiter s Urt des BFH v 17.05.2022, BStBl II 2022, 643). In der Praxis dürfte die unterlassene oder verspätete Bescheinigung häufig auf "verunglückte" Fälle zurückzuführen sein, bei denen im Zeitpunkt der Leistung kein Bewusstsein für die KapSt-Pflicht besteht. Gleichwohl wendet der BFH für die Frage des Entstehungszeitpunkts der KapSt die allgemeinen Zuflussgrundsätze, wie sie für oGA gelten, an und lehnt eine Exkulpationsmöglichkeit gem § 44 Abs 5 S 1 Hs 2 EStG (Nachweis, dass weder eine vorsätzliche noch eine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorliegt) explizit ab. Hieran wird deutlich, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen des § 27 KStG im Leistungsfall ist. Hierzu s Kahsnitz (NWB 2022,2384, 2386). Wegen der Haftung der Kö ggü dem AE für eine nicht oder zu niedrig erteilte St-Besch s Schwetlik (GmbH-StB 2021, 234, 235) und s Binnewies (GmbH-StB 2023, 176, 177).

 

Tz. 210a

Stand: EL 112 – ET: 12/2023

Dem FA steht hinsichtlich der KapSt gem § 167 Abs 1 S 1 Alt 2 AO ein Wahlrecht zu, den Entrichtungsschuldner der KapSt entweder durch Haftungsbescheid gem § 44 Abs 5 S 1 EStG oder durch StBescheid (Nacherhebungsbescheid) in Anspruch zu nehmen. Die Wahl des Verfahrens muss nicht begründet werden (st Rspr, s Urt des BFH v 21.09.2017, BStBl II 2018, 163, Rn 36, mwN). Weiter hierzu s Urt des BFH v 17.05.2022 (BStBl II 2022, 643, Rn 24ff). Bei der Verschuldensprüfung legt der BFH einen strengen Maßstab an. Die leistende Kö muss im Blick haben, dass ab dem Zufluss der Ausschüttung eine Einbehaltungs-, Abführungs- und Anmeldepflicht besteht, wenn sie die erforderliche Bescheinigung gem § 27 Abs 3 S 1 KStG nicht rechtzeitig erteilt. Dh die Kap-Ges muss sich spätestens anlässlich der Erstellung der Feststellungserklärung nach § 27 Abs 2 S 4 KStG mit dem Umfang ihrer Bescheinigungspflicht nach § 27 Abs 3 und 4 KStG befassen, zumal in der Anlage WA zur Feststellungserklärung nach den ausgestellten St-Besch gefragt wird (s Urt des BFH v 28.01.2015, BStBl II 2017, 101, Rn 13, und v 17.05.2022, BStBl II 2022, 643, Rn 28). Diese Pflichten der ausschüttenden Gesellschaft stehen auch nicht unter dem Vorbehalt, dass sie nur zu erfüllen sind, wenn der Kap-Ges dies im Einzelfall zumutbar oder erkennbar ist (s Beschl des BFH v 19.01.2021, BFH/NV 2021, 648). Bezogen auf ihre kapstlichen Pflichten hat die Kap-Ges anlässlich der Erstellung der Feststellungserklärung zum Einlagekto daher zu prüfen, ob alle von ihr verfahrensrechtlich zu erfüllenden Voraussetzungen für eine Behandlung der Ausschüttung als Einlagenrückgewähr geschaffen worden sind. Hierzu s Fiand (NWB 2022, 3163).

 

Tz. 211

Stand: EL 112 – ET: 12/2023

Nicht erteilt iSd § 27 Abs 5 S 2 KStG ist eine St-Besch nicht nur dann, wenn dem AE der Vordruck (s Tz 171) oder eine entspr Bankenbescheinigung (s Tz 188) nicht ausgehän...

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