Tz. 91

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

Die Frage, ob eine Tätigkeit einer jur Pers d öff Rechts eigentümlich und vorbehalten ist, kann nicht immer für das gesamte Bundesgebiet einheitlich beantwortet werden. Die Rechtslage kann vielmehr von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein (zB s Tz 109 "Krematorien"; s Urt des FG Ddf v 21.06.2007, EFG 2007, 1547; s Urt des BFH v 25.01.2005, BStBl II 2005, 501; und s Urt des BFH v 29.10.2008, BStBl II 2009, 1022). Ausführlich hierzu s Baldauf (DStZ 2008, 327). Nach der Rspr (s Urt des BFH v 29.10.2008, BStBl II 2009, 1022) kann in diesen Fällen einer unterschiedlichen Rechtslage auch in den Gebieten, in denen die entspr Tätigkeit den jur Pers d öff Rechts eigentümlich und vorbehalten ist, wegen der räumlichen Ausdehnung des wettbewerbsrelevanten Marktes dennoch eine Wettbewerbssituation zu privaten Unternehmen aus anderen Gebieten bestehen, die nach der dortigen Rechtslage die entspr Leistungen anbieten können. Somit liegt auch in den Gebieten, in denen die Aufgabe nicht auf private Dritte übertragen werden kann, ein BgA vor. Diese "anderen Gebiete" können zB andere Bundesländer sein, aber auch andere Mitgliedstaaten der EU/des EWR, wenn die Tätigkeit zwar nicht im Inl, aber in diesen anderen Staaten auch von privaten Unternehmen ausgeübt werden kann, sofern diese Unternehmen ihre Leistungen auch im Inl anbieten können.

Ein Hoheitsbetrieb kann in diesen Fällen nur dann angenommen werden, wenn der Markt für die angebotene Leistung örtlich so eingegrenzt ist, dass eine Wettbewerbsbeeinträchtigung stpfl Unternehmen in anderen inl Gebieten oder EU-Mitgliedstaaten ausgeschlossen werden kann. Zum Begriff des "relevanten Marktes" s Schiffers (DStZ 2010, 122). Besteht in den vorgenannten Fällen für die Bewohner der Gebiete, in denen die entspr Tätigkeit den jur Pers d öff Rechts eigentümlich und vorbehalten ist, jedoch ein Benutzungszwang für die in ihrem Gebiet belegene Einrichtung, stellt diese – ungeachtet des Vorliegens einer Wettbewerbssituation in anderen Bundesländern – aber einen Hoheitsbetrieb dar. Bei einer unterschiedlichen Behandlung (eigentümlich und vorbehalten oder "gew") von gleichartigen Tätigkeiten in vd benachbarten Marktbereichen liegt uE ein wettbewerbsrelevanter Markt auch dann nicht vor, wenn – zB wegen der Art der angebotenen Leistungen – nicht damit zu rechnen ist, dass die Einwohner der Marktbereiche, in denen die Leistung gew ist, gezielt (zB aus Kostengründen) die Leistungen der Marktbereiche in Anspruch nehmen, in denen die Leistung hoheitlich ist, weil dies bei den Einwohnern aus dem "gew Marktbereich" mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wäre oder weil die Inanspruchnahme der Leistungen aus anderen Bereichen aus technischen Gründen gar nicht möglich wäre. Zum (Nicht-)Vorliegen einer Wettbewerbssituation bei einer rein theoretischen Marktteilnahme privater Wirtschaftsteilnehmer s Urt des EuGH v 19.01.2017 (Az: C-344/15).

 

Tz. 92

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

Die Fin-Verw geht bisher davon aus, dass die Rechtslage zur Annahme eines Hoheitsbetriebs oder eines BgA sogar von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein kann. Hierzu s R 4.4 Abs 1 S 2 KStR 2022; hiernach gehören Schlachthöfe in Gemeinden mit Schlachtzwang zu den Hoheitsbetrieben. Ist dagegen das Schlachten auch außerhalb des gemeindeeigenen Schlachthofs zulässig, ist der Betrieb des Schlachthofs durch die Gemeinde als BgA anzusehen (s Erl des Fin-Min Ba-Wü v 10.06.1992, StEK KStG 1977, § 4 Nr 28). Nach den vorstehenden Kriterien kann – im Hinblick auf den wettbewerbsrelevanten Markt – in Gemeinden mit Schlachtzwang ein Hoheitsbetrieb uE jedoch nur dann vorliegen, wenn für die in diesen Gemeinden ansässigen fleischverarbeitenden Unternehmen ein Benutzungszwang für den Schlachthof in dieser Gemeinde besteht.

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