Tz. 99

Stand: EL 111 – ET: 09/2023

Bei der Beantwortung der Frage, welcher Teilbetriebsbegriff maßgebend ist, sind theoretisch vier Antworten denkbar (dazu, mwNachw, s Beinert/Benecke, FR 2010, 1009, 1020):

a) Es gilt generell der nationale Teilbetriebsbegriff des EStG.
b) Es gilt generell der Teilbetriebsbegriff der FRL.
c) Es gilt eine gespaltene Regelung idS, dass für innerdt Spaltungen der nationale und für grenzüberschreitende Spaltungen sowie für Spaltungen nach EU-ausl Umw-Recht der Teilbetriebsbegriff der FRL maßgeblich ist.
d) Insoweit, als der Teilbetriebsbegriff der FRL großzügiger als der nationale Teilbetriebsbegriff ist, soll er auch für Inl-Spaltungen gelten. Dort, wo der nationale Teilbetriebsbegriff günstiger für die Stpfl ist, soll er für reine inl Spaltungen auch künftig maßgebend sein.
 

Tz. 100

Stand: EL 111 – ET: 09/2023

Die Antwort auf die gestellte Frage hängt unlösbar mit der Beantwortung der in Tz 17 erörterten Frage zusammen, ob und wenn ja inwieweit § 15 UmwStG idF des SEStEG die FRL in dt Recht umgesetzt hat. In der Beantwortung dieser Kernfrage gibt es bis heute keine Einigkeit.

Die Alt a wird offensichtlich von keiner Seite mehr vertreten.

Für die Alt b sprechen sich neben der FinVerw (s Tz 110) zahlreiche Stimmen in der Fach-Lit aus: s Herzig/Momen (DB 1994, 2210); s Rödder/Beckmann (DStR 1999, 751); s Rödder/Wochinger (FR 2000, 1.15); s Haarmann (in FS Widmann, 2000, 375); s Blumers (DB 2001, 722, BB 2008, 2041 und DB 2010, 1670); s Klingberg (in PWC, Reform des UmwSt-Rechts, 2007, Rn 1449); s Weier (DStR 2008, 1002); und s Beinert/Benecke (FR 2010, 1009, 1019).

Für die Alt c sprechen sich Neumann (in Schumacher/Neumann, DStR 2008, 325, 329; weiter in GmbHR 2012, 141, 143); Graw (DB 2013, 1011); und Schulz/Fehrenbacher (StStud 2016, 419) aus. Gegen die Alt c spricht uE allerdings die Entsch des EuGH v 18.10.2012 – C-371/1 "Punch Graphix". Darin hat der EuGH betont, dass RL-Begriffe nicht unterschiedlich für nationale und grenzüberschreitende Sachverhalte auszulegen sind. Dazu s auch Schumacher (in R/H/vL, 3. Aufl, § 15 UmwStG Rn 85 mwNachw). Die Alt c scheint allerdings auf der Linie der BFH-Rspr zu liegen. So hat der BFH mit Urt v 15.04.2015 (BStBl II 2017, 136) ausdrücklich klargestellt, dass von der FRL nur zwischenstaatliche (und nicht rein nationale) Vorgänge erfasst sind. Dieses Urt ist zwar in einem anderen Sachzusammenhang ergangen (es ging um die Verfassungsmäßigkeit der Sperrfristregelungen bei alten einbringungsgeborenen Anteilen), die klare Aussage des BFH wirkt indes verallgemeinerungsfähig.

Für die Alt d sprechen sich Schumacher (in R/H/vL, 3. Aufl, § 15 UmwStG Rn 141ff); Hörtnagl (in S/H/S, 9. Aufl, § 15 UmwStG Rn 56ff); Ott (in FS Herzig, 2010, 729, 735); Schumacher/Neitz-Hackstein (Ubg 2011, 409, 415); Schmitt (DStR 2011, 1108, 1110); und Goebel/Ungemach (DStZ 2012, 353, 365) aus. Danach wird unter Hinw auf Art 1 Buchst a FRL (jeder Mitgliedstaat hat die FRL auf Fusionen anzuwenden, wenn daran Gesellschaften aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten beteiligt sind) vorgebracht, dass die FRL im Grundsatz auf rein innerdt Vorgänge nicht anwendbar ist und nur im Wege der richtlinienkonformen Auslegung von § 15 Abs 1 S 2 UmwStG gewährleistet sein müsse, dass der nationale Tw-Begriff nicht zu Lasten des Stpfl vom Teilwertbegriff der FRL abw dürfe. Sei der Tw-Begriff der FRL hingegen enger (zB bei nach wirtsch Zusammenhängen zuzuordnenden WG), sei er nicht maßgebend. So ausdrücklich Schumacher, in R/H/vL, 3. Aufl § 15 UmwStG Rn 141 und 142.

 

Tz. 101

Stand: EL 111 – ET: 09/2023

Nach Auff der FinVerw (s UmwSt-Erl 2011 Rn 15.02) hat der Ges-Geber des SEStEG mit der Änderung des § 15 UmwStG durch das SEStEG die FRL umgesetzt (s Tz 17), was zur Folge hat, dass der europäische Teilbetriebsbegriff nicht nur für grenzüberschreitende Herein- oder Hinausspaltungen aus dem bzw in das EU-/EWR-Ausl, sondern auch für reine Inl-Spaltungen gilt (s Tz 99; so bereits s Benecke/Staats, FR 2010, 893, 895; s Beinert/Benecke, FR 2010, 1009, 1020; s Blumers, BB 2011, 2204, 2207; und s Rasche, GmbHR 2012, 149ff).

Die Voraussetzungen eines Teilbetriebs sind nach der einschlägigen Rspr unter Zugrundelegung der funktionalen Betrachtungsweise aus der Perspektive des übertragenden Rechtsträgers zu beurteilen (s EuGH v 15.01.2002, C-43/00, DB 2002, 822; BFH-Urt v 07.04.2010, BStBl II 2011, 467; UmwSt-Erl 2011 Rn 15.02).

Der BFH führt in der Begr seines Urt v 07.04.2010 (BStBl II 2011, 467) aus, dass sE nicht ersichtlich sei, dass Art 2 Buchst i FRL ein abw Teilbetriebsbegriff zugrunde liege; insbes hinsichtlich der Voraussetzung der Übertragung aller wes Betriebsgrundlagen entspr der europäische dem nationalen Begriff des Teilbetriebs. IdS s auch Schumacher (in R/H/vL, 3. Aufl, § 15 UmwStG Rn 141 und 157).

 

Tz. 102

Stand: EL 111 – ET: 09/2023

Die Rn S 05 des UmwSt-Erl 2011 enthält für Spaltungen, bei denen der Spaltungsbeschl bis zum 31.12.2011 erfolgt ist, eine Übergangsregelung idS, dass für solche Umw noch der frü...

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