Tz. 700

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

Dem Grunde nach bestehen gegen die Anerkennung von Invaliditätsrenten (= Versorgungszusage für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) bei Ges-GF keine Bedenken. Dies gilt auch für beherrschende Ges-GF. Auf eine klare Vereinbarung ist allerdings zu achten. Die Auszahlung einer Versorgung kommt nur dann in Betracht, wenn der Gesellschafter tats nicht mehr für die Kap-Ges arbeitet (s Urt des BFH v 09.11.2005, BStBl II 2008, 523, zu einem Fall, in dem die GF-Tätigkeit trotz Invalidität weiterhin ausgeübt wurde: vGA trotz erhaltener Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung).

Der BFH hat (s Urt des BFH v 28.01.2004, DStR 2004, 816) entschieden, dass eine Invaliditätsrente, die sich von vornherein und ohne dienstzeitabhängige Abschläge gegenüber der Altersrente auf 75 % der Bruttobezüge belaufen soll, unangemessen und deshalb überhöht ist. Die Fin-Verw hat zuvor im Falle der Erteilung einer Pensionszusage bei Einhaltung der erforderlichen Erdienbarkeitsfrist von zehn Jahren für beherrschende Gesellschafter einen Pensionsanspruch iHv 75 % der Aktivbezüge der Höhe nach stlich als angemessen anerkannt. Unter Berücksichtigung von dienstzeitabhängigen Abschlägen nach den Grundsätzen des BFH-Urt v 28.01.2004, aaO, könnte jedoch nach Ablauf der Erdienbarkeitsdauer von zehn Jahren nur ein Pensionsanspruch iHv ca 20 % als angemessen berücksichtigt werden (75 % x tatsächliche Dienstzeit von zehn Jahren im Verhältnis zur unterstellten Lebensdienstzeit von 40 Jahren). Eine Pensionszusage iHv 75 % der Aktivbezüge wäre nach diesen Grundsätzen also unüblich und würde einem Fremdvergleich nicht standhalten. Zu Einzelheiten der Bewertung s Haßelberg (GmbHR 2004, 1056) und s Schröder (GmbHR 2004, 807).

Der BFH unterscheidet dabei zwischen Pensionszusagen mit Ersetzungs- und Ergänzungsfunktion. Zur uE durchaus berechtigten Kritik an der BFH-Rspr s Rengers (in Blümich, § 8 KStG Rn 739); s Höfer/Kaiser (DStR 2004, 2136); s Briese (GmbHR 2004, 1132 und DStR 2005, 272); s Buciek (DStZ 2005, 88); und s Uckermann/Pradl (BB 2009,1331). Pensionszusagen an Ges-GF haben regelmäßig eine Doppelfunktion; im Übrigen mag die BFH-Linie nicht zu überzeugen, dass bei einer Ersetzungsfunktion strengere Richtlinien gelten sollten als bei einer Ergänzungsfunktion. Unabhängig davon kann im Hinblick auf die BFH-Rspr eine entspr vertragliche Klarstellung sinnvoll sein (s Briese, DStR 2005, 272). Zwischenzeitlich hat der BFH seine Rspr allerdings eingeschr und erläutert (s Beschl des BFH 04.04.2012, BFH/NV 2012, 1181). Danach sei das oa Urt v 28.01.2004 (aaO) nicht dahin zu verstehen, dass für beherrschende Ges-GF generell nur der Ersatz der ges Rente als angemessen anzusehen wäre. Von der Rspr betroffen seien nur ersetzende Versorgungszusagen, mit denen die Beteiligten explizit eine dem Niveau der ges Rente entspr Versorgung des Ges-GF vereinbaren wollten.

UE hält jedenfalls der Vorschlag (s Höfer/Kaiser, DStR 2004, 2136) einem Fremdvergleich stand, einen Sockelbetrag zB von 40 bis 50 % dienstzeitunabhängig zu gestalten und Zuschläge dienstzeitabhängig zu gewähren. Eine reine Dienstzeitabhängigkeit steht dem Sinn und Zweck einer Invaliditätsversorgung, nämlich eine Risikoabsicherung zu gewährleisten, entgegen. Tw wird auch vorgeschlagen, Invaliditätsversorgungen jährlich nur mit höchstens 2,5 % je abgeleistetem Dienstjahr anzuerkennen und dabei aber eine Sozialkomponente zu ergänzen, wonach die bis zum Alter von 55 Jahren fehlenden Dienstjahre hinzugerechnet werden (danach dürfte zB einem 40-jährigen Ges-GF mit der erstmaligen Zusage eine Invaliditätsversorgung von 15 * 2,5 % = 37,5 % erteilt werden); s Wochinger (in E&Y, vGA/vE, F 4 "Pensionszusagen" Rn 109).

 

Tz. 701

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

In der Folge-Rspr (s Urt des BFH v 31.03.2004, BStBl II 2005, 66) hat der BFH die og Grundsätze (Unterscheidung zw Ersetzungs- und Ergänzungsfunktion) auch auf die reine Altersversorgung ausgedehnt. UE hat sich diese Ausdehnung durch die zwischenzeitliche Einschränkung des BFH (s Beschl des BFH 04.04.2012, BFH/NV 2012, 1181) wieder stark relativiert. Eine praktische Auswirkung dürfte sich daraus nicht (mehr) ergeben.

 

Tz. 702–704

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

vorläufig frei

 

Tz. 705

Stand: EL 102 – ET: 06/2021

Auch eine Hinterbliebenenversorgung (Witwenrente/Witwerrente/Waisenrente) ist dem Grunde nach regelmäßig anzuerkennen (s Urt des BFH v 06.02.1985, BStBl II 1985, 420; Ausnahme allerdings, wenn die Witwenzusage erst zu einem Zeitpunkt erteilt wird, in dem der GF bereits die Diagnose über eine lebensbedrohliche Krankheit hatte, dazu s Urt des BFH v 11.08.2004, BFH/NV 2005, 385). Die Zusage muss allerdings bei Tod des Gesellschafters bereits erfolgt sein; eine nachträgliche Zusage (als Ersatz für den Wegfall seiner Altersversorgung) ist nicht zulässig (s BFH v 07.04.1994, BFH/NV 1995, 212). Darin liegt zumindest ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (ebenso s Gosch, KStG, 4. Aufl, § 8 Rn 1076; aA Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 7...

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