Tz. 75

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

Es kommt nicht zur rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns II und zu nachträglichen AK in dieser Höhe auf die erhaltenen Anteile beim Einbringenden, wenn und soweit (s Tz 75c) der "Einbringende die erhaltenen Anteile veräußert hat" (s § 22 Abs 2 S 5 Alt 1 UmwStG). Denn in diesem Fall sind die Regelungen in § 22 Abs 2 S 1–4 UmwStG "nicht anzuwenden" (s § 22 Abs 2 S 5 UmwStG: Einleitungssatz). Dies gilt auch für den Einbringungsgewinn II als Folge der Verwirklichung der Ersatztatbestände (§ 22 Abs 2 S 6 UmwStG ordnet nämlich eine analoge Anwendung der Bestimmung in § 22 Abs 2 S 5 UmwStG an; hA, zB s Schmitt in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 138 mwNachw; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 481) und der Nichterbringung des Nachw iSd § 22 Abs 3 UmwStG (die Verletzung der Nachw-Pflicht gilt gem § 22 Abs 3 S 2 UmwStG als Veräußerung iSd § 22 Abs 2 S 1 UmwStG, auf dessen Nichtanwendung in § 22 Abs 2 S 5 UmwStG verwiesen wird).

Zum Begriff der Veräußerung als vollentgeltliche Übertragung auf einen anderen Rechtsträger s Tz 70a und s Tz 27ff. Die Veräußerung der Anteile führt idR zur vollständigen Aufdeckung der stillen Reserven beim Einbringenden. Da für den Einbringenden die St-Freistellung gem § 8b Abs 2 KStG nicht gilt (s Tz 72–73), fällt insoweit die latent vorhandene "Statusverbesserung" weg, wodurch auch die Notwendigkeit der Anwendung des § 22 Abs 2 S 1 UmwStG entfällt.

Die Veräußerung der erhaltenen Anteile durch den Einbringenden ist nicht zugleich eine mittelbare Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die Übernehmerin iSd § 22 Abs 2 S 1 UmwStG (s Tz 70c).

 

Tz. 75a

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

Ob die Anteilsveräußerung zu einer St-Nachzahlung führt, ist irrelevant. Ebenso wird die Anwendung von § 22 Abs 2 S 5 UmwStG nicht davon abhängig gemacht, dass eine festgesetzte St auf den Gewinn aus der Anteilsveräußerung tats entrichtet worden ist oder ggf nach allg Vorschriften (aus pers oder sachlichen Gründen) gestundet wird (zust s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 482; anders als bei § 22 Abs 5 iVm § 23 Abs 2 UmwStG und § 22 Abs 2 S 5 Alt 2 UmwStG, s Tz 77).

Die Veräußerung der erhaltenen Anteile, dh die Übertragung des wirtsch Eigentums, muss (zeitlich) vor dem Zeitpunkt der Anteilsveräußerung iSd § 22 Abs 2 S 1 UmwStG oder der Realisierung der Ersatztatbestände (s § 22 Abs 2 S 6 iVm Abs 2 S 5 UmwStG) durch die Übernehmerin erfolgt sein (ebenso s Urt des BFH v 18.11.2020, BStBl II 2021, 732 unter Rn 25). Spätere Veräußerungen durch den Einbringenden hindern die Anwendung des § 22 Abs 2 S 1 bis 4 UmwStG nicht.

Zu den erhaltenen Anteilen iSd § 22 Abs 2 S 5 UmwStG gehören die Anteile an der Übernehmerin aus dem Anteilstausch mit einem Wertansatz unter dem gW (s Tz 16–18) sowie die mitverstrickten Anteile an der Übernehmerin iSd § 22 Abs 7 UmwStG (s Tz 8–14). Erhaltene Anteile können somit auch gem § 21 UmwStG aF einbringungsgeboren sein (s Tz 24c).

Die Veräußerung anderer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft (dh vor oder nach dem Anteilstausch erworbener Anteile) durch den Einbringenden "befreit" nicht von den Rechtsfolgen des § 22 Abs 2 S 1–4 und 6 UmwStG (zust s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 482). Hier ist auf die Identifizierung der dem Veräußerungsgeschäft zugrundeliegenden Anteile zu achten.

 

Tz. 75b

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

Die (Weiter-)Einbringung der erhaltenen Anteile in eine Kap-Ges gem §§ 20 Abs 1 oder 21 Abs 1 S 2 UmwStG gegen Erhalt von neuen Anteilen ist eine Veräußerung iSd § 22 Abs 2 S 5 UmwStG (s Tz 70a). Dies gilt auch dann, wenn die Sacheinlage oder der Anteilstausch zu Bw/AK erfolgt (s Vor §§ 2023 UmwStG Tz 53 und 55) und demzufolge keine stillen Reserven beim Einbringenden realisiert werden. Auch die Einbringung der erhaltenen Anteile in eine Pers-Ges gem § 24 Abs 1 UmwStG (zB 100%ige Beteiligung des [Sonder]-BV) zum Bw ist Veräußerung (s § 24 UmwStG Tz 5). Diese Beurteilung der Vorgänge ist auch für Zwecke des § 22 Abs 2 S 5 UmwStG heranzuziehen (zust s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 262; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 484; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 83; s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 331; s Ott, DStZ 2020, 561 unter I.7; s Pitzal/Schumacher, DStR 2021, 2553 unter 3.2.1.1; aA s Stimpel/Bernhagen, GmbHR 2020, 301). Die "Einschränkung" des Veräußerungsbegriffs durch den Ersatztatbestand gem § 22 Abs 2 S 6 iVm Abs 1 S 6 Nr 2 UmwStG (s Tz 71 iVm s Tz 33), wonach die Einbringungen nach den §§ 20, 21 UmwStG zum Bw keine sperrfristverletzenden Veräußerungen sind, gilt nur für Zwecke des § 22 Abs 2 S 1 UmwStG, dh die Anteilsveräußerung durch die Übernehmerin (zust s Stimpel/Bernhagen, GmbHR 2020, 301 unter II.2.c), Rn 40). Durch die Einbringung der (gesamten) erhaltenen Anteile zum Bw/AK gem §§ 20, 21 oder 24 UmwStG innerhalb der Sperrfrist wird die Anwendung des § 22 Abs 2 S 1–4 und 6 UmwStG folglich "außer Kraft gesetzt". Auch wenn ohne die Aufdeckung stiller Reser...

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