Tz. 71

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

In § 22 Abs 2 S 6 UmwStG werden Vorgänge genannt, die neben der Veräußerung iSd § 22 Abs 2 S 1 UmwStG ebenfalls zu einer Sperrfristverletzung mit denselben Rechtsfolgen (s Tz 71ff) und der Möglichkeit der Suspendierung (s Tz 75) führen. Die Aufzählung in § 22 Abs 2 S 6 UmwStG ist abschließend. Dort wird einerseits (Alt 1) vollinhaltlich auf die Veräußerungsersatztatbestände des § 22 Abs 1 S 6 Nr 1 bis 5 UmwStG verwiesen und andererseits (Alt 2) der Verlust der Ansässigkeitsvoraussetzungen bei der Übernehmerin iSd § 1 Abs 4 UmwStG als sperrfristschädlich festgeschrieben.

Die Veräußerungsersatztatbestände des § 22 Abs 1 S 6 Nr 1 bis 5 UmwStG (dazu im Einzelnen s Tz 39–49) als "sperrfristverletzende" Vorgänge gelten entspr (s § 22 Abs 2 S 6 Alt 1 UmwStG); dh sie sind jeweils auf die übernehmende Gesellschaft (statt auf die Pers des Einbringenden) als (weiter-)übertragende Pers zu beziehen.

Als Folge der entspr Anwendung von § 22 Abs 1 S 5 Nr 2 UmwStG sind die nachgewiesene (Weiter-)Einbringung der eingebrachten Anteile gem § 20 Abs 1 UmwStG zum Bw und der weitere Anteilstausch der eingebrachten Anteile zum Bw (§ 21 Abs 1 S 2 UmwStG) nicht als sperrfristschädliche Veräußerungen iSd § 22 Abs 2 S 1 UmwStG anzusehen.

Aufgr des eindeutigen Verweises auf die "Nr 1 bis 5" von § 22 Abs 1 S 6 UmwStG in § 22 Abs 2 S 6 Alt 1 UmwStG ist der Ersatztatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG (Kap-Rückzahlung/Einlagerückgewähr) entspr anzuwenden. Dies gilt unbeschadet der für diesen Ersatztabestand nicht passenden Wortwahl im Einleitungssatz der "Weiterübertragung der eingebrachten Anteile" (ebenso s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 236; s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.24 S 1; einschr nur auf Fälle der Liquidation und Kap-Herabsetzung s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 238; aA s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 492: keine analoge Anwendung). Ein Verweis in § 22 Abs 2 S 6 UmwStG auf den (gesamten) § 22 Abs 1 S 6 UmwStG war nicht möglich, weil ausdrücklich der Tatbestand der "Nr 6" von § 22 Abs 1 S 6 UmwStG bei der Sperrfristverhaftung nach § 22 Abs 2 UmwStG in der dortigen Tatbestandsmäßigkeit nicht gelten sollte. Dies machte bei der Verweisung eine (positive und selektive) Aufzählung der anzuwendenden "Nr" von § 22 Abs 1 S 6 UmwStG notwendig. Hätte der Ges-Geber auch den Vorgang nach § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG bei § 22 Abs 2 UmwStG als unschädlich ansehen wollen (was sachlich nicht nachvollziehbar wäre), wäre bei dieser Verweisungstechnik auch die "Nr 3" aus der Aufzählung herausgenommen worden.

Sind die Ersatztatbestände durch die Übernehmerin erfüllt, gelten § 22 Abs 2 S 1–5 UmwStG entspr; dh der Tatbestand der Veräußerung in § 22 Abs 2 S 1 UmwStG wird durch den verwirklichten Ersatztatbestand ersetzt. Sind die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs 2 S 1 UmwStG auch gegeben, treten dieselben Rechtsfolgen wie auch bei einer (originären) Veräußerung der eingebrachten Anteile ein.

 

Tz. 71a

Stand: EL 108 – ET: 12/2022

Die Rechtsfolgen des § 22 Abs 2 S 1 bis 5 UmwStG gelten ebenfalls entspr, wenn die übernehmende Gesellschaft oder deren Rechtsnachfolgerin die EU-/EWR-Ansässigkeitsvoraussetzungen des § 1 Abs 4 S 1 Nr 1 iVm Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG aF bzw § 1 Abs 4 S 1 Nr 1 UmwStG idF des KöMoG zu einem Zeitpunkt innerhalb der Sieben-Jahres-Frist (s Tz 19) erstmals nicht mehr erfüllen (zB durch Verlegung des Orts der Geschäftsleitung in einen Drittstaat, s § 22 Abs 2 S 6 Alt 2 UmwStG). Die objektive erstmalige Nichterfüllung der pers Anwendungsvoraussetzungen für die Übernehmerin löst die Sperrfristverletzung aus; die Gründe hierfür sind unmaßgeblich (folglich kommt auch eine sog passive Entstrickung infrage; wie bei § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 UmwStG, s Tz 50g).

Unmaßgeblich ist, ob der Einbringende oder die Gesellschaft, deren Anteile eingebracht worden sind, die EU-/EWR-Ansässigkeitsvoraussetzungen verlieren (hier gelten die allg Regelungen; zB § 6 AStG bei natürlichen Pers; glA s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 306). § 22 Abs 2 S 6 Alt 2 UmwStG gilt nämlich ausdrücklich nur "für diese", namentlich die übernehmende Gesellschaft (ebenso s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 304; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 245; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 510).

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