Tz. 218

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Eine Beteiligung von 50 % oder weniger reicht zur Annahme einer beherrschenden Stellung aus, wenn besondere Umstände hinzutreten, die eine Beherrschung der Gesellschaft begründen (zB s Urt des BFH v 23.10.1985, BStBl II 1986, 195; in diesem Urt-Fall war der Gesellschafter nur mit 50 % beteiligt, die Gesellschaft durfte aber nach ihrer Satzung ausschließlich für diesen Gesellschafter als Handelsvertreter oder Kommissionär tätig sein und die Gesellschaft war aufgrund vertraglicher Vereinbarungen gehalten, sich dem Willen dieses Gesellschafters zu beugen).

Solche besonderen Umstände können auch in der Einbeziehung fremder Beteiligungen zu finden sein, wenn der betroffene Gesellschafter über diese Stimmrechte im eigenen Interesse verfügen kann. Dies ist zB bei einer Stimmrechtsvereinbarung denkbar, bei der sich ein anderer Gesellschafter verpflichtet hat, sein Stimmrecht immer parallel zur Abstimmung des von der Prüfung des Rückwirkungsverbots betroffenen Gesellschafters auszuüben (Stimmrechtsbindungsvertrag oder Stimmrechtsvollmacht). Dazu s Urt des BFH v 20.06.1974, BStBl II 1974, 694, zu einem Minderheitsgesellschafter, der zusätzlich das Stimmrecht anderer Mindergesellschafter ausüben kann.

 

Tz. 219

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Analog zur "Verflechtungsprüfung" bei der Betriebsaufspaltung (s R 15.8 Abs 8 EStR) ist auch eine Zusammenrechnung mit den Anteilen minderjähriger Kinder möglich, für die der betroffene Gesellschafter das Sorgerecht hat (s Urt des BFH v 05.07.1966, BStBl II 1966, 604). Bei erwachsenen Kindern kommt allerdings eine Zusammenrechnung allein wegen der Verwandtschaft mit den Eltern nicht in Betracht (zB s Urt des BFH v 15.03.2000, BStBl 2000, 504). Entspr gilt für die Frage der Zusammenrechnung mit Anteilen der Eltern oder der Geschwister des Gesellschafters (dazu s Urt des BFH v 18.05.1983, BStBl II 1983, 562). Hier kommt eine Zusammenrechnung nur unter den Voraussetzungen in Betracht, die auch bei fremden Dritten eine Zusammenrechnung ermöglichen würden (also insbes wegen gleichgerichteter Interessen; dazu s Tz 222ff).

 

Tz. 220

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Ehegattenanteile dürfen – wie bei der Betriebsaufspaltung (s H 15.7 Abs 7 EStH) – nicht allein wegen der Ehe zusammengerechnet werden. Auch ein jahrelanges konfliktfreies Zusammenwirken und -leben, eine gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie Spezialkenntnisse des Ehegatten, der nur eine Minderheitsbeteiligung hält, reichen für eine Zusammenrechnung der Ehegattenanteile nicht aus. Eine Zusammenrechnung ist allerdings dann möglich, wenn zB ein Ehegatte die Ausübung des Stimmrechts auf den anderen Ehegatten übertragen hat (Stimmrechtsvollmacht; s Urt des BFH v 11.12.1985, BStBl II 1986, 469). Entspr gilt für die Zusammenrechnung mit Anteilen von Kindern. Die Annahme gleichgerichteter Interessen kommt hier zwar grds in Betracht; s Urt des BFH v 05.07.1966 (BStBl III 1966, 604). Eine Zusammenrechnung allein wegen der Verwandtschaft ist jedoch nicht zulässig; s Urt des BFH v 15.03.2000 (BStBl II 2000, 504).

 

Tz. 221

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Werden allerdings mit Angehörigen gleiche oder ähnliche vertragliche Vereinbarungen getroffen, können gleich gerichtete Interessen genauso vorliegen wie unter fremden AE; dazu zB s Urt des BFH v 27.10.1998, BFH/NV 1999, 671, zur Erteilung gleichartiger Pensionszusagen an Ehegatten, die beide Ges-GF waren.

Im Übrigen ist in diesen Fällen (vor allem bei Familiengesellschaften) jeweils zu prüfen, ob das Rückwirkungsverbot nicht bereits deshalb zur Anwendung kommt, weil der betroffene Gesellschafter nahe stehende Person zu einem beherrschenden Gesellschafter ist. In einem solchen Fall kommt es auf die Zusammenrechnung der Anteile von Angehörigen über die Annahme von gleichgerichteten Interessen nicht an.

 

Beispiel 1

Ehemann M ist mit 40 % an der MF-GmbH beteiligt und deren alleiniger GF. Seine Ehefrau F hält die übrigen 60 % der Anteile. Das GF-Gehalt des M wird rückwirkend erhöht (ist aber immer noch angemessen).

Lösung:

Die Anteile von M und F dürfen zwar nicht allein wegen der Ehe zusammengerechnet werden. Auch ansonsten sind keine gleichgerichteten Interessen gegeben, da F nicht GF der GmbH ist und somit keine vergleichbare vertragliche Gestaltung mit ihr vorliegt (insbes erhält sie keine Gehaltserhöhung).

Das Rückwirkungsverbot gilt für M jedoch trotzdem, da er eine nahe stehende Person zur beherrschenden Gesellschaftern F ist.

 

Beispiel 2

Wie Beispiel 1; M ist jedoch (ebenso wie F) mit 50 % an der MF-GmbH beteiligt.

Lösung:

In diesem Fall beherrschen – für sich betrachtet – weder M noch F die GmbH. M ist somit auch nicht nahe stehende Person zu einer beherrschenden Gesellschafterin. Eine Zusammenrechnung der Anteile allein aufgrund der Ehe ist nicht zulässig. Somit ist das Rückwirkungsverbot nicht anwendbar.

Hinweis: Ein etwas seltsames Ergebnis ist dies allerdings schon. Im Beispiel 2 hält M nämlich mehr Anteile als im Beispiel 1. Dennoch gilt nur im Beispiel 1, nicht jedoch im B...

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