Tz. 101a

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Auch die Auflösung von Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA fällt unter § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschl (s Tz 101). Die StPflicht tritt nicht ein, soweit der Auflösungsbetrag mit dem stlichen Einlagekto zu verrechnen ist.

In Jahren, die grds bereits unter den zeitlichen Anwendungsbereich des § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG fallen, können jedoch nicht gezielt in Jahren vor dem Systemwechsel gebildete Rücklagen, die dem stlichen Einlagekto zuzurechnen waren (s Tz 83), aufgelöst und kapst-frei an die Träger-Kö abgeführt werden. Nach der Rspr des BFH (s Urt des BFH v 16.11.2011, BStBl II 2013, 328) sind in die Verwendungsrechnung nach § 27 Abs 1 S 3 KStG – von Kap-Herabsetzungen abgesehen (hierzu s Tz 95bff) – sämtliche Transferleistungen des BgA an seine Träger-Kö einzubeziehen, die nicht auf der Grundlage eines stlich anzuerkennenden (fiktiven) gegenseitigen Vertrags erbracht werden. Zu diesen "Transferleistungen" gehört auch die Abführung von aufgelösten Altrücklagen. Eine Verrechnung der aufgelösten Rücklagen mit dem stlichen Einlagekto erfolgt also erst dann, wenn die zum Schluss des vorangegangenen Wj ermittelten Neurücklagen aufgebraucht sind (ebenso s Schr des BMF v 28.01.2019, BStBl I 2019, 97 Rn 48).

Nach Verw-Auff (s Schr des BMF v 28.01.2019, BStBl I 2019, 97 Rn 39) wird – uE zutr – nicht danach unterschieden, ob es sich bei einem Regiebetrieb bei den zu Zwecken außerhalb des BgA aufgelösten Rücklagen um "zulässige" oder "unzulässige" Rücklagen handelt (hierzu s § 4 KStG Tz 328ff). Ungeachtet der Tatsache, dass unzulässige Rücklagen bereits bei ihrer Bildung zu Eink der Träger-Kö iSd § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG führten (s § 4 KStG Tz 315), ist es uE erforderlich, auch die Auflösung unzulässiger Rücklagen als solche Eink zu behandeln, da es ansonsten zu Unrecht zu einer zu geringen Erhebung von KapSt kommen kann.

 

Beispiel:

Ein Regiebetrieb (Anfangsbestand stliches Einlagekto und Neurücklagen jeweils 0; zum Begriff der Neurücklagen s Tz 100dff) erzielt im Jahr 01 einen Gewinn von 100 und im Jahr 02 einen Gewinn von 50. Der Gewinn des Jahres 01 wird nicht unmittelbar an die Träger-Kö abgeführt, sondern in eine unzulässige Rücklage eingestellt. Im Jahr 03 wird diese Rücklage aufgelöst und an die Träger-Kö abgeführt. Gewinn des Jahres 03 = 0.

Würde die Auflösung der unzulässigen Rücklage nicht nicht als Eink iSd § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG behandelt, ergäbe sich bzgl der Erhebung der KapSt folgendes Ergebnis:

 
  Stliches Einlagekto Neurücklagen
Anfangsbestand 0 0
./. Verrechnung des Gewinns 01 (kapstpfl)
  ./. 100
+ Zugang des Gewinns 01
  + 100
+ Zugang unzulässige Rücklage (s Tz 101b)
         + 100                 
Bestand 31.12.01 100 0
./. Verrechnung des Gewinns 02
./. 50  
+ Zugang des Gewinns 02
                            + 50
Bestand 31.12.02 50 50
Auflösung unzulässige Rücklage in 03           ./. 50             ./. 50
Bestand 31.12.03             0                     0

Der in die unzulässige Rücklage eingestellte Gewinn 01 (100) unterliegt der KapSt. Dadurch entsteht jedoch gleichzeitig ein stliches Einlagekto in gleicher Höhe (s Tz 101b), mit dem der Gewinn 02 (50) kapstfrei zu verrechnen wäre. Würde man sodann die Auflösung der unzulässigen Rücklage in 03, soweit diese mit den Neurücklagen zu verrechnen ist, nicht der KapSt unterwerfen, bliebe ein Betrag iHv 50 zu Unrecht unbesteuert.

UE ist daher auch die Auflösung der unzulässigen Rücklagen, soweit sie mit den Neurücklagen zu verrechnen ist, der KapSt zu unterwerfen. Dies ist darin begründet, dass das stliche Einlagekto, welches durch die fingierte Wieder-Einlage der in die unzulässigen Rücklagen eingestellten Mittel gebildet wurde, vor der Auflösung dieser Rücklage bereits mit anderen Gewinnen des BgA verrechnet werden kann. Dann steht dieses Einlagekto jedoch nicht mehr zur Verrechnung mit der Auflösung der unzulässigen Rücklagen zur Verfügung, mit der Folge, dass diese mit den Neurücklagen zu verrechnen und daher kapstpfl ist.

Diese Rechts-Auff ist uE auch durch den Wortlaut des § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b S 2 EStG gedeckt, nach dem die Auflösung der Rücklagen (also nicht nur der zulässigen Rücklagen) zu einem kapstpfl Gewinn führt.

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