Tz. 180

Stand: EL 99 – ET: 06/2020

Die verschleierte (oder verdeckte) Sachgründung einer Kap-Ges (insbes einer GmbH) ist eine Gestaltung, die unter wirtsch Betrachtung der Errichtung einer GmbH durch (hr-liche) Sacheinlagen vergleichbar ist, aber die aufwendigen ges Regelungen hierfür (s Tz 158a) umgeht. Hier entsteht zunächst eine Kap-Ges durch Bargründung. Gegen (zeitnahe) Einbringung der von Anfang an vereinbarten Sacheinlage (zB Betrieb oder MU-Anteil) wird die geleistete Bareinlage zurückgezahlt oder mit der noch ausstehenden Bareinlage verrechnet (zur verschleierten Sachgründung, bei "Einlagerückfluss" durch Erwerb von WG gegen Entgelt vom Inferenten s Urt des BGH v 20.11.2006, DB 2007, 212). Die Sacheinlagevorschriften werden also dadurch unterlaufen, dass trotz der beschlossenen Bareinlage die Kap-Ges vom Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Gründung erfolgten Absprache einen Sachwert erhalten soll (s Urteil des BGH v 19.01.2016, II ZR 61/15, DB 2016, 762 unter Rn 28 mwN). Dies gilt auch für Sacheinlagen bei einer Kap-Erhöhung. Im Fall der verschleierten Sach-Kap-Erhöhung wird eine Erhöhung gegen Bareinlage vereinbart und die Geldzahlung auf das neue Kap geleistet. Das Geld wird umgehend als Kaufpreis für den Betrieb, Teilbetrieb oder MU-Anteil zurückgezahlt bzw iR einer Gewinnausschüttung zurückerstattet (sog Ausschüttungs-Rückhol-Verfahren, s Urt des BGH v 18.02.1991, DB 1991, 1060). Der Tatbestand einer verschleierten Sachgründung oder Sach-Kap-Erhöhung ist auch dann gegeben, wenn die beteiligten Personen diese Vorgehensweise ohne Umgehungsabsicht gewählt haben oder wenn der Wert der Sacheinlage den Nominalwert der neuen Anteile um ein Vielfaches übersteigt (nach Auff s Carlé, KÖSDI 1995, 10 199, ist ein Grund für die verdeckten Sacheinlagen "die Unfähigkeit vieler Notare und Registergerichte, wirtsch Vorgänge nachvollziehen zu können").

Die verschleierte Sacheinlage ist bei einer GmbH wegen Verstoßes gegen § 5 Abs 4 GmbHG (ebenso hierzu s § 19 Abs 5 GmbHG) nach hA unwirksam (s Urt des BGH v 02.05.1966, BGHZ 45, 338/43; s Scholz/Winter, GmbHG, § 5 Rn 78, 80; ebenso hierzu s Meilicke, Die verschleierte Sacheinlage, Schriftenreihe DB 1989, 13 mwNachw; s Carlé, KÖSDI 1995, 10 199; s Heidenhain, GmbHR 2006, 455). Nach Auff des OLG Ddf (s Urt des OLG Ddf v 11.07.1996, DB 1996, 1816 – rkr) kommt es für die Frage, ob der Umgehungstatbestand der verschleierten Sacheinlage bei Gründung vorliegt, auf eine objektivierende Betrachtungsweise an. Es wird die Vermutung einer verschleierten Sacheinlage begründet, wenn ein zeitlicher (bis zu ein oder sogar zwei Jahre, s Carlé, KÖSDI 1995, 10 199 mwNachw) und sachlicher Zusammenhang zwischen der Bareinzahlung und dem Rückfluss des Geldes gegeben ist (s Urteil des BGH v 19.01.2016, II ZR 61/15, DB 2016, 762 unter Rn 31 mwN). Der Gesellschafter hat die Darlegungslast, die Vermutung zu entkräften oder zu widerlegen (s Urt des OLG Ddf v 11.07.1996, DB 1996, 1816 – rkr). Dies gilt nicht nur bei der Gründung einer GmbH, sondern auch bei der verschleierten Sacheinlage im Zusammenhang mit einer Kap-Erhöhung (s Urt des OLG Köln v 28.02.1997, GmbHR 1998, 143 – rkr). Folge der Umgehung der Sachgründungs-/Kap-Erhöhungsvorschriften ist, dass durch die verschleierte Sacheinlage die ursprüngliche Bareinlageverpflichtung gem § 19 Abs 5 GmbHG (bzw s §§ 56 Abs 1 und 2 iVm 19 Abs 5 GmbHG) nicht erfüllt ist und damit weiterhin besteht (s Carlé, KÖSDI 1995, 10 199 mwNachw). Wird über das Vermögen der Kap-Ges das Konkursverfahren eröffnet, kann der Konkursverwalter den Gesellschafter (erfolgreich) auf Leistung der Stammeinlage in Anspruch nehmen. Die Haftung trifft auch die Mitgesellschafter gem § 24 GmbHG oder den Berater (s Groß, GmbHR 1996, 721). Bezogen auf den zivilrechtlichen Übergang des iRd verdeckten Sacheinlage übertragenen (Teil-)Betriebs oder MU-Anteils führt die Umgehung der Sachgründungsvorschriften dazu, dass das Veräußerungsgeschäft (zB Unternehmenskaufvertrag) mit der Kap-Ges unwirksam ist. Dies hat im Fall der verdeckten Sacheinlage in eine AG die Nichtigkeit des dinglichen Erfüllungsgeschäfts (s § 27 Abs 2 S 1 AktG) zur Folge. Ob dies auch in den wes häufigeren Fällen der verdeckten Einlage in eine GmbH gilt, wird vom BGH bejaht (s Urt des BGH v 07.07.2003, GmbHR 2003, 1051 unter B. I. 3. a). Die Rechtshandlungen zur Übertragung des Eigentums an der Sacheinlage sind unwirksam (s aber rückwirkende Neuregelung durch das MoMiG, s Tz 181 und s Tz 184). Dies bedeutet, dass die Übergabe von beweglichen Sachen sowie die Auflassung und Eintragung von Grundstücken iRd verdeckten Sacheinlage in eine GmbH nicht zu einem wirksamen Eigentumswechsel führen. Folglich hat der "einbringende" AE einen Anspruch gegen die GmbH gem § 985 BGB auf Herausgabe des Besitzes an den Vermögensgegenständen seines (Teil-)Betriebs und einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs gem § 894 BGB im Fall der Übertragung von Grundbesitz.

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