Tz. 89

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Die gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten vor allem für grenzüberschreitende Umwandlungen der og Art sind derzeit erst im begrenzten Umfang gegeben. § 1 Abs 1 UmwG begrenzt den Anwendungsbereich des Gesetzes nur auf Rechtsträger mit Sitz im Inl und sieht in §§ 122aff UmwG nur die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kap-Ges vor. Allerdings befindet sich das Gesellschaftsrecht – insbes wegen der mittelbaren Wirkung der Grundfreiheiten des AEUV – im Umbruch (s Einf UmwStG Tz 14ff; s Hörtnagl, in S/H/S, 6. Aufl, § 1 UmwStG Rn 30 zur Spaltung).

Europaweit geltendes Umwandlungsrecht enthalten die SE-VO und die SCE-VO. Zu den verschiedenen Varianten zur Gründung einer SE oder SCE durch Umwandlung s Tz 75ff.
Eine Umwandlung nach dem UmwG ist gegenwärtig zwar hauptsächlich für Rechtsträger mit Sitz im Inl möglich (zum Anwendungsbereich des UmwG s Bungert, BB 2006, 53). Infolge der Umsetzung der Verschmelzungs-R (R 2005/56/EG v 26.10.2005, ABl EG Nr L 310, 1) in §§ 122aff UmwG sind innereuropäische Verschmelzungsvorgänge von Kap-Ges jedoch ebenfalls gestattet (s Tz 20). In gewissem Umfang zwingt ferner das europäische Primär- und Sekundärrecht dazu, auch andere Umwandlungen als Verschmelzungen unter Beteiligung von Rechtsträgern aus anderen Mitgliedstaaten der EU (und ggf des EWR) zuzulassen (zum Ganzen s Einf UmwStG Tz 14ff).
 

Tz. 90

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Von einem Umwandlungsvorgang mit Ausl-Berührung sind zwangsläufig mehrere Rechtsordnungen betroffen, so dass sich kollisionsrechtliche Fragen stellen. Kollisionsrechtliche Probleme können bereits bei einer Inl-Umwandlung auftreten, etwa wenn im Zuge der Umwandlung auch Ausl-Vermögen übertragen wird. Grds geht zwar das Gesellschaftsstatut dem Sachenrechtsstatut (lex rei sitae) vor, und der Übergang ausl Vermögens richtet sich nach § 20 Abs 1 Nr 1 UmwG (grundlegend s W/M, UmwG, § 20 Rn 33ff; s Kindler, in MüKo, Internationales Gesellschaftsrecht, 6. Aufl, Rn 779ff). Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn besondere Vorschriften des Belegenheitsstaats für die Übertragung des betreffenden WG existieren. Das dürfte häufig bei Immobilienvermögen des übertragenden Rechtsträgers der Fall sein; auch ist die für Pers-Ges als übernehmende Rechtsträger zentrale Figur des Gesamthandeigentums nicht in allen Rechtsordnungen bekannt (differenzierend s W/M, UmwG, § 20 Rn 42ff). In diesen Fällen kann schwerlich argumentiert werden, dass sich das Gesellschaftsstatut in jedem Falle durchsetze und die Rechtsgrundsätze des Belegenheitsstaats zurückstehen müssten (s Bungert, in FS für Heldrich, 528ff; s Kuntz, IStR 2006, 229). Denn für den übernehmenden Rechtsträger geht es nicht zuletzt darum, die erworbene Rechtsposition im Belegenheitsstaat durchsetzen zu können. Art 14 Abs 3 Verschmelzungs-R (R 2005/56/EG v 26.10.2005, ABl EG Nr L 310, 1) sieht deshalb vor, dass im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehene Formalitäten zu erfüllen sind, bevor die mit der Verschmelzung beabsichtigte Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wirksam wird.

 

Tz. 91

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

In Fällen grenzüberschreitender Umwandlungen gewinnt die kollisionsrechtliche Problematik zusätzlich an Komplexität, indem für die beteiligten Rechtsträger jeweils ein anderes Gesellschaftsstatut gilt (bzw gelten kann). Für jeden der beteiligten Rechtsträger ist das Umw-Recht nach dem für ihn geltenden Gesellschaftsstatut anzuwenden (s UmwSt-Erl 2011, Rn 01.20, wonach das Recht des Staats gelten soll, in dem der Rechtsträger in ein öff Reg eingetragen ist).

 

Beispiel:

Die Y-Ltd (britischen Rechts) mit Verwaltungssitz in Hamburg soll auf die X-GmbH mit Verwaltungssitz in München umgewandelt (zB verschmolzen) werden.

Lösung:

Die Umwandlung beurteilt sich infolge der Beteiligung der Ltd auch nach britischem Gesellschaftsrecht. Hieran ändern weder der inl Verwaltungssitz noch die unbeschr Stpfl der Y-Ltd in D etwas. Auch der Eintrag der Zweigniederlassung der Y-Ltd in das H-Reg in Hamburg oder die Anwendbarkeit der Regelungen in § 122a ff UmwG führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn die für die Y-Ltd als übertragendem Rechtsträger in GB eintretenden Rechtsfolgen können sich zwangsläufig nur aus britischem Recht ergeben.

 

Tz. 92

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Damit richten sich die Übertragung der von der Umwandlung erfassten Vermögenswerte einerseits und deren Erwerb andererseits nach verschiedenen Rechtsordnungen. Das führt fast zwangsläufig zu Regelungswidersprüchen, indem ein einheitlicher Lebenssachverhalt in den betroffenen Rechtsordnungen rechtlich unterschiedlich bewertet wird. Auch können Regelungslücken entstehen. Die materiell- und verfahrensrechtlichen Schritte einer Umwandlung sind deshalb so abzustimmen, dass sie grds den Erfordernissen sämtlicher betroffener Rechtsordnungen entsprechen. Nur Umwandlungsschritte und Rechtsakte, die den einzelnen Rechtsträger isoliert betreffen und lediglich eine Rechtsordnung angehen, richten sich nach...

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