Tz. 75

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Mit den Verweis auf Art 17 SE-VO und Art 19 SCE-VO in § 1 Abs 1 Nr 1 UmwStG gelangt auch die Gründung einer SE/SCE durch Verschmelzung in den Anwendungsbereich des UmwStG (s UmwSt-Erl 2011, Rn 01.42). Sowohl die SE-VO (Beschl des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr 93/2002 v 25.06.2002 zur Änderung des Anh XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-A, ABl L 266/69 v 03.10.2002) als auch die SCE-VO (Beschl des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr 15/2004 v 06.02.2004 zur Änderung des Anh XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-A, ABl L 116 v 22.04.2004, S 68) sind in den Staaten des EWR-A unmittelbar anzuwendendes Gesellschaftsrecht Art 288 Abs 2 AEUV. Die Gründungsvarianten einer SE bzw SCE sind allerdings vielfältig und nicht sämtliche durch § 1 Abs 1 Nr 1 UmwStG abgedeckt. SE-VO und die SCE-VO enthalten dabei Rechtsgrundlagen außerhalb des UmwG für grenzüberschreitende innereuropäische Umstrukturierungsmaßnahmen.

 

Tz. 76

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Verordnung (EG) Nr 2157/2001 des Rates v 08.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (ABl EG Nr L 294, 1):

Die SE-VO bildet den europaweit einheitlichen Rechtsrahmen für die Europäische Gesellschaft. Sie ist seit dem 08.10.2004 in Kraft. Ergänzende Bestimmungen enthält das Gesetz zur Einf der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v 22.12.2004, BGBl I 2004, 3675. Die SE-VO ermöglicht die Gründung einer SE durch bestimmte Umwandlungen oder umwandlungsähnliche Vorgänge:

Eine SE kann durch Verschmelzung von AGs gegründet werden, sofern mind zwei von ihnen dem Recht vd Mitgliedstaaten unterliegen (s Art 2 Abs 1 SE-VO).
AG und GmbH können durch Austausch von Anteilen eine Holding-SE gründen, wenn mind zwei von ihnen dem Recht vd Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mind zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende TG oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben (s Art 2 Abs 2 SE-VO).
Gesellschaften iSd Art 54 Abs 2 AEUV sowie jur Pers d öff oder privaten Rechts, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind, können eine Tochter-SE durch Zeichnung ihrer Aktien (zB als Sachgründung mittels Einbringung von Unternehmensteilen) gründen, sofern mind zwei von ihnen dem Recht vd Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mind zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende TG oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben (s Art 2 Abs 3 SE-VO).
Eine AG kann mittels Formwechsel in eine SE umgewandelt werden, wenn sie seit mind zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende TG hat (s Art 2 Abs 4 SE-VO).
 

Tz. 77

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Verordnung (EG) Nr 1435/2003 des Rates v 22.07.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (ABl EG Nr L 207, 1):

Auf der Grundlage der SCE-VO kann seit dem 18.08.2006 die Rechtsform der Europäischen Genossenschaft gewählt werden. Auch die SCE-VO enthält als Gründungsvarianten umwandlungsrechtliche Vorgänge (s Art 2 Abs 1 SCE-VO):

Eine SCE kann durch Verschmelzung von Genossenschaften entstehen, sofern mind zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen.
Sie kann durch Formwechsel einer Genossenschaft gegründet werden, wenn sie seit mind zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Niederlassung oder Tochter hat.
 

Tz. 78

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Die Gründung einer SE/SCE durch Verschmelzung beurteilt sich stlich nach §§ 1 Abs 1 Nr 1, 11ff UmwStG (s Graw, in R/H/vL, 2. Aufl, § 1 UmwStG Rn 97). Ähnlich wie bei den Umwandlungsarten des UmwG bedient sich der Gesetzgeber der Technik des Verweises auf die "Leitnorm" des jeweils für die Gründung durch Verschmelzung maßgeblichen Abschnitts der SE-VO oder der SCE-VO und schließt damit die weiteren für die gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit des Vorgangs erforderlichen Voraussetzungen der VO ein. Darüber hinaus erstreckt sich der Verweis mittelbar auf die Vorschriften nationalen Rechts, nach denen sich der Vorgang beurteilt (s Art 18 SE-VO und Art 20 SCE-VO).

 

Tz. 79

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Keine Erwähnung in § 1 UmwStG findet der in Art 2 Abs 4, 37ff SE-VO und Art 2 Abs 1, 35ff SCE-VO für bestehende AG bzw Genossenschaften vorgesehene Formwechsel zur Gründung einer SE/SCE. Es handelt sich dabei um einen Formwechsel ohne Wechsel des Besteuerungsregimes, der als solcher – auch ohne Erwähnung im UmwStG – stneutral möglich ist (s Tz 38; s Graw, in R/H/vL, 2. Aufl, § 1 UmwStG Rn 97). Gleiches gilt für die in Art 66 SE-VO vorgesehene Rückumwandlung einer SE in eine AG nationalen Rechts.

 

Tz. 80

Stand: EL 85 – ET: 12/2015

Nach Art 2 Abs 2 und 3 SE-VO kann eine SE ferner als Holding-SE oder in Form einer Tochter-SE gegründet werden. Hierfür kann der sachliche Anwendungsbereich des UmwStG über § 1 Abs 3 UmwStG eröffnet sein, auch wenn diese Vorschrift – anders als § 1 Abs 1 UmwStG – keinen ausdrücklichen Verweis auf die SE-VO und die SCE-VO enthält (s Tz 81; aA für die Ausgliederung auf eine SE zur Neugründung s Benecke, in Haa...

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