Tz. 34

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die Verschmelzung von gGmbH wirft vielfältige gemeinnützigkeitsrechtliche Probleme auf. Im Einzelnen stellen sich folgende Fragen:

  • Vereinbarkeit der Verschmelzung mit der satzungsmäßigen Vermögensbindung der Übertragerin (s Tz 35–37)
  • Vermögensübergang als Verstoß gegen § 58 Nr 2 AO (s Tz 38)
  • Zulässiges Ausmaß der Anteilsgewährung an die Anteilsinhaber der Übertragerin (s Tz 39–45)
  • Erfordernis von Satzungsänderungen bei der Übernehmerin hinsichtlich der Zwecke und Zweckverwirklichungsmaßnahmen (s Tz 46–47)

2.1.4.1.1 Bedeutung der satzungsmäßigen Vermögensbindung (§ 61 AO) der Übertragerin

 

Tz. 35

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die Verschmelzung auf eine ebenfalls gemeinnützige Kö (zB GmbH, AG, Gen) setzt gemeinnützigkeitsrechtlich voraus, dass die satzungsmäßige Vermögensbindung (s § 61 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 4 AO) der Übertragerin der Verschmelzung nicht entgegensteht.

 

Tz. 36

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die satzungsmäßige Vermögensbindung steht der Verschmelzung dann nicht entgegen, wenn

  • entweder die vorgesehene Übernehmerin in der Satzung der Übertragerin schon als Vermögensempfänger vorgesehen ist (s Anl 1 zu § 60 AO, Mustersatzung für Vereine, § 5, Variante 1) oder
  • die Satzung die Vermögensverwendung für einen bestimmten stbegünstigten Zweck vorschreibt (s Anl 1 zu § 60 AO, Mustersatzung für Vereine, § 5; Variante 2), zB Förderung kultureller Zwecke – und die vorgesehene Übernehmerin diesen bestimmten st-begünstigten Zweck ebenfalls verfolgt.
 

Tz. 37

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Aber: die satzungsmäßige Vermögensbindung steht der Verschmelzung entgegen, wenn

  • entweder bisher eine andere Kö als die vorgesehene Übernehmerin als Vermögensempfänger vorgesehen ist, oder
  • die Verwendung des Vermögens für einen bestimmten stbegünstigten Zweck vorgesehen ist (zB Förderung kultureller Zwecke) und die vorgesehene Übernehmerin einen anderen st-begünstigten Zweck verfolgt (s Anl 1 zu § 60 AO, Mustersatzung für Vereine, § 5; Variante 2).

In derartigen Fällen ist es uE erforderlich, noch vor der Verschmelzung (ggf iRd Verschmelzungsbeschl) die Satzung dahingehend zu ändern, dass die vorgesehene Übernehmerin auch ausdrücklich als Vermögensempfängerin benannt wird. Im Ergebnis entspr dies der Anwendung des § 58 Nr 1 AO. Auch in diesem Fall muss die Vermögensübertragung im Vorfeld satzungsmäßig verankert werden (ebenso s Raupach/Böckstiegel, FS Widmann, Stollfuß-Vlg, 476, 477). Empfehlenswert dürfte auch in einem derartigen Fall die vorherige Abstimmung mit dem zuständigen FA sein (auch, um uU einen Verzicht des FA auf eine derartige Änderung der satzungsmäßigen Vermögensbindung zu erreichen; s Raupach/Böckstiegel, aaO, Fn 53; s Widmann, in W/M, § 11 UmwStG Rn 400). Die "Abstimmung" mit der Fin-Verw kann durch eine verbindliche Auskunft bzw iRe tats Verständigung erfolgen.

2.1.4.1.2 Vermögensübergang im Rahmen der Verschmelzung als Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung

 

Tz. 38

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Es stellt sich die Frage, ob ein Vermögensübergang iRd Verschmelzung als Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung anzusehen ist. Hierbei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung durch die übernehmende Kö

    Verstößt nach einer Verschmelzung die übernehmende Kö gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung im Hinblick auf das übergegangene Vermögen, muss uE § 61 Abs 3 AO auch auf den Zeitraum zurückwirken, in dem die übertragende Kö noch bestand. Zwar entsteht die Verpflichtung, die Vermögensbindung einzuhalten, aufgr der Satzung der übernehmenden Kö. Aber: Das Vermögen ging im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über und der übertragende Rechtsträger besteht im neuen Rechtsträger weiter. Dh für die übernehmende Gesellschaft gilt infolge der Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich des übernommenen Vermögens auch § 61 Abs 3 S 2 AO. Die Zehnjahresfrist des § 61 Abs 3 S 2 AO wirkt also auch auf die Jahre zurück, in denen noch die übertragende Kö bestand. Ansonsten könnten die satzungsmäßigen Bindungen leicht umgangen werden, indem man die Bestimmungen über die Vermögensbindung bei der übernehmenden Kö sofort nach der Verschmelzung aufhebt. In diesem Fall würde die Rückwirkung des § 61 Abs 3 AO nur bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung zurückreichen.

  • Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung durch die übertragende Kö

    Im umgekehrten Fall, in dem nach einer Verschmelzung festgestellt wird, dass die übertragende Kö in der Vergangenheit gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung verstoßen hat, tritt der übernehmende Rechtsträger nach § 12 Abs 3 UmwStG in die Rechtsstellung der übertragenden Kö ein. Dies hat uE zur Folge, dass die übernehmende Kö die stlichen Konsequenzen dieses Verstoßes zu tragen hat. Dies lässt sich uE dadurch lösen, indem man die übernehmende Kö bezüglich der satzungsmäßigen Vermögensbindung in die Rechtsnachfolge der übertragenden Kö eintreten lässt. In diesm Fall hat die übernehmende Kö die rückwirkend entstehende St zu begleichen.

2.1.4.1.3 Zulässigkeit der Anteilsgewährung an die Anteilsinhaber der Übertragerin nur im Rahmen des § 55 Abs 1 Nr 2 und Nr 4 AO

 

Tz. 39

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die AE der übertragenden gGmbH erhalten durch die Verschmelzung gem §§ 2, 5 Abs 1 Nr 2 UmwG Anteile an der Übernehmerin (bzw des neuen Rechtsträgers bei Verschmelzung...

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