Für den Verweis genügt es, wenn das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die künftige pflichtgemäße Amtsführung "nur geringfügig beeinträchtigt" ist. Für eine Geldbuße muss das Vertrauen "nicht nur geringfügig beeinträchtigt" sein. Für eine Kürzung der Bezüge muss das Vertrauen "erheblich beeinträchtigt" sein. Für eine Zurückstufung muss das Vertrauen "nachhaltig erschüttert" sein. Und für eine Entfernung aus dem Dienst muss der Beamte das Vertrauen in seine künftige pflichtgemäße Amtsführung "endgültig verloren" haben.

Die Frage, wie stark das Vertrauen beeinträchtigt ist und ob erwartet werden kann, dass der Beamte sich künftig wieder berufserforderlich verhalten wird, ist prognostisch zu beurteilen: Ist (angesichts der vorliegenden Dienstpflichtverletzung) zu erwarten, dass der Beamte sich künftig wieder so verhalten wird, wie es von ihm als berufserforderlich erwartet wird? Oder gibt es Anzeichen dafür, dass er eine solche (oder eine ähnliche) Dienstpflichtverletzung in der Zukunft erneut begehen wird?

Dabei kommt es aber nicht auf eine rein subjektive Einschätzung des Dienstherrn an, sondern auf objektive Gesichtspunkte. Abzustellen ist dabei insbesondere auf:

das Persönlichkeitsbild des Beamten

Denn § 26 Abs. 1 Satz 2 LDG BW nennt dieses Merkmal als übergreifendes Bemessungskriterium.[42]

auf alle be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.[43]

Dabei darf auch das Nachtatverhalten[44] des Beamten gewürdigt werden – also, ob der Beamte sich reuig zeigt. Bekundet der Beamte, seinen Fehler einzusehen, kann dies das Vertrauen des Dienstherrn in die künftig korrekte Amtsführung bestärken.

Die Rechtsprechung hat, speziell für sogenannte Zugriffsdelikte anerkannte Milderungsgründe (sowie Erschwerungsgründe) entwickelt, die aber entsprechend auch bei allen anderen Dienstvergehen herangezogen werden können, um eine Indizwirkung, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgeht und die grds. Rückschlüsse auf das Vertrauen in die künftige pflichtgemäße Amtsführung zulässt, wieder zu entkräften. Vgl. hierzu die obigen Ausführungen unter 1.5.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist auf das Vertrauen des Dienstherrn "oder" der Allgemeinheit abzustellen. Dies kann zu Schwierigkeiten führen, etwa wenn eine aufsehenerregende Pflichtverletzung, die einen hohen Schaden verursacht hat, zu einem stark negativen Presseecho führt – das Vertrauen des Dienstherrn aber (etwa wegen des positiven Persönlichkeitsbildes des Beamten) in seinem Vertrauen deutlich geringer erschüttert ist. In solchen Fällen kann nicht allein auf das Presseecho abgestellt werden, wenn der Grad des Vertrauensverlusts der Allgemeinheit eruiert werden soll. Vielmehr wird man sich fragen müssen, wie stark das Vertrauen der Allgemeinheit tatsächlich erschüttert wäre, wenn auch ihr alle Fakten vorlägen, die im Disziplinarverfahren ermittelt wurden. In vielen Fällen wird es dann zu einem Gleichlauf zwischen Vertrauenserschütterung des Dienstherrn und Vertrauenserschütterung der Allgemeinheit kommen.

 
Praxis-Tipp

Beispiel für eine Formulierung

"Nach meiner Überzeugung ist aber auch das Vertrauen der Allgemeinheit in Ihre pflichtgemäße Amtsführung vernünftigerweise noch nicht ‚erheblich beeinträchtigt’ – trotz des erheblichen negativen Presseechos. Denn lägen der Allgemeinheit sämtliche Informationen vor, die im Rahmen dieses Disziplinarverfahrens erhoben wurden, müsste auch die Öffentlichkeit vernünftigerweise zur Einschätzung gelangen, dass nach Verhängung einer Geldbuße eine Wiederholungsgefahr realistischerweise nicht anzunehmen ist."

[42] Vgl. LT-Drs. Drucksache 14 / 2996, S. 85.
[43] Vgl. LT-Drs. Drucksache 14 / 2996, S. 86.
[44] BVerwG, Urteil vom 5.7.2006, 1 D 5/05; BVerwG, Urteil vom 24.2.1999, 1 D 72/97; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2008, DL 16 S 616/08.

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