Leitsatz

Erwirbt jemand an der Deutschen Terminbörse (jetzt: EUREX) Optionsrechte und stellt sie innerhalb der Spekulationsfrist durch ein Gegengeschäft glatt, so verwirklicht er in Höhe der Differenz zwischen der bei Abschluss des Eröffnungsgeschäfts gezahlten und der bei Abschluss des Gegengeschäfts vereinnahmten Optionsprämien den Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. (entsprechend BMF, Schreiben vom 10.11.1994, BStBl I 1994, 816 Tz. 8).

 

Normenkette

§ 22 Nr. 3 EStG a.F. , § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F.

 

Sachverhalt

Die Klägerin unternahm Optionsgeschäfte an der DTB. Sie erwarb Rechte, innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Termin, Wertpapiere zu einem festgelegten Basiswert zu kaufen und zu verkaufen (sog. Long-Positionen, und zwar long-call – "kaufen" oder long put "verkaufen"). Hierfür zahlte sie Optionsprämien von 225.530 DM. Überdies verpflichtete sie sich als Verkäuferin von Kauf- und Verkaufsoptionen im Rahmen von sog. Short-Positionen. Hierfür erhielt sie Optionsprämien von 246.021,48 DM.

Jeweils innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb oder Einräumung der Optionen schloss die Klägerin ein Glattstellungsgeschäft (Gegengeschäft zum Eröffnungsgeschäft) ab. Dabei erhielt sie für die glattgestellten, von ihr zuvor erworbenen Optionen (die Long-Positionen), Optionsprämien von 321.467 DM und zahlte bei den Glattstellungsgeschäften hinsichtlich der eingeräumten Optionen (die Short-Positionen) Optionsprämien von 215.410,35 DM. Die Klägerin erzielte dementsprechend einen Differenzgewinn von 126.548,13 DM und vertrat in ihrer Einkommensteuererklärung die Auffassung, es handle sich bei den Glattstellungsgeschäften um nicht nach § 23 Abs. 1 EStG steuerbare Erlöse.

Das FA erfasste hingegen den Differenzgewinn, vermindert um Bankspesen und das anteilige Honorar für den Anlageberater, als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 EStG. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat das FG die strittigen Differenzgewinne aus den Optionsgeschäften zu Recht der privaten Vermögensverwaltung zugerechnet und als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung beurteilt sowie zutreffend die Optionsprämie, die die Klägerin als Stillhalterin erhalten hat, der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG unterworfen. Das Glattstellungsgeschäft stelle sich als Veräußerungsvorgang i.S.d. Vorschriften dar.

 

Hinweis

Gegenstand eines Spekulationsgeschäfts können auch Optionen sein (BFH, Urteil vom 24.7.1996, X R 139/93, BFH/NV 1997, 105). Dies gilt auch für an der Deutschen Terminbörse (DTB, jetzt: EUREX) gehandelte Optionen. Der Erwerber einer Put/Call-Option erwirbt wie bei einer Option im konventionellen Handel das Recht, vom Stillhalter jederzeit während der Laufzeit der Option (amerikanische Variante) oder zu einem vorgegebenen Zeitpunkt (europäische Variante) die den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildenden Wertpapiere oder Rechte zum vereinbarten Preis zu kaufen oder an ihn zu verkaufen (BFH, Urteil vom 18.12.2002, I R 17/02, BFH-PR 2003, 220). Für dieses Recht hat der Erwerber bei Abschluss des Optionsgeschäfts die Optionsprämie zu zahlen (vgl. BFH, Urteil vom 24.7.1996, X R 139/93, BFH/NV 1997, 105).

Entscheidend für die Annahme eines Spekulationsgeschäfts ist damit, ob insoweit auch ein Veräußerungsvorgang gegeben ist. An der DTB gehandelte Optionen können nicht an Dritte veräußert, sondern nur durch Gegengeschäfte "glattgestellt", das bedeutet geschlossen werden. Dieses sog. Glattstellungs- oder Closinggeschäft (vgl. BMF, Schreiben vom 10.11.1994, BStBl I 1994, 816 Tz. 2) ist – so der BFH – als Veräußerung der Option anzusehen. Denn es ist der einzige Weg, sich von der eingegangenen Position zu trennen, damit das Optionsrecht zum Erlöschen zu bringen und dabei dessen wirtschaftlichen Wert durch Vereinnahmung der Optionsprämie zu verwirklichen (vgl. Giloy, DStZ 1991, 551, 553). Der erzielte Kursgewinn ist der Zufluss des "Veräußerungspreises" i.S.v. § 23 Abs. 4 EStG i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG (ebenso im Ergebnis BMF, Schreiben vom 10.11.1994, BStBl I 1994, 816).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.6.2003, IX R 2/02

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