Begriff der "weichen" Faktoren: Für die Bestimmung des Zwischenhändlers orientiert sich die Rechtsprechung, auch vor der Einführung der Quick Fixes, vornehmlich an "weichen" Faktoren. Mit weichen Faktoren stellen wir auf Faktoren ab, die sich als Begriff im Gesetz finden, aber darüber hinaus keine Legaldefinition erfahren haben. Da es sich in der Regel um autonome unionsrechtliche Begriffe handelt, sind diese auch unionsrechtlich auszulegen. Eine Auslegung unter dem nach nationalem umsatzsteuerrechtlichen Verständnis oder unter nationaler zivilrechtliche Einflüsse ist grundsätzlich nicht angezeigt.

Der EuGH hat bereits in seinen Urteilen den Begriff der Transportverantwortlichkeit bzw. -beauftragung und damit die Bestimmung der bewegten Lieferung durch eine große Kasuistik geprägt. Für das deutsche Verständnis hat die Rechtsprechung größtenteils keine tiefgreifenden Einschnitte mit sich gebracht, da die Finanzverwaltung und auch der Umsatzsteueranwendungserlass auf dieselben Indizien zur Bestimmung der Transportverantwortlichkeit abstellen.

1. Rechtsprechung vor Einführung der Quick Fixes

Klarstellung durch die Quick Fixes: Wie bereits dargestellt, sollen die gesetzlichen Neuerungen der Quick Fixes eine Erleichterung und eine Klarstellung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Reihengeschäfts mit sich bringen.

Notwendige vorrangige Feststellung der "Transportlieferung": Die dogmatische Prüfung des Reihengeschäfts sieht zunächst vor, festzustellen, welche der vorhandenen Lieferungen in der Reihe die "Transportlieferung", mithin die bewegte Lieferung darstellt. Nur diese Lieferung kann bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – welche in der umsatzsteuerrechtlichen Praxis regelmäßig zu Problemen führen – die innergemeinschaftliche Lieferung sein. Unabhängig von der Anzahl der beteiligten Unternehmer und der betroffenen Mitgliedstaaten gelten die der Transportlieferung vorangehenden Lieferungen allesamt im Abgangsmitgliedstaat und die der Transportlieferung nachfolgenden Lieferungen allesamt im Bestimmungsmitgliedstaat als bewirkt.

Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsmacht maßgeblich: Zur Bestimmung der Transportlieferung stellt der EuGH auf den Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsmacht der Liefergegenstände ab.[7] Maßgeblich für die Bestimmung des Zeitpunkts ist eine Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls.[8]

Beurteilung der Verschaffung der Verfügungsmacht ... Einschränkend führt der EuGH allerdings aus, dass sich die besonderen Umstände des Einzelfalls nur an den umsatzsteuerrechtlich relevanten Anforderungen messen können. Der Einfluss aus der jeweiligen nationalen Rechtsdogmatik bleibt dabei in der Regel unbeachtet.[9] Die Verfügungsmacht ist grundsätzlich dann verschafft, wenn der Empfänger in Folge der Übertragung die Befähigung erhält, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen.[10] Dieses Verständnis entstammt der Definition über die Lieferung von Gegenständen nach Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL und stellt, wie oben bereits dargestellt, das einzige normative Zuordnungselement dar.

... nach sachenrechtlichen Grundsätzen des jeweiligen Mitgliedstaates: Im Grundsatz bezieht sich die Rechtsprechung somit auf die Grundannahme zur Lieferung gem. Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL. Um festzustellen, wann der Unternehmer aber "die Befähigung" erlangt "wie ein Eigentümer" über den Gegenstand zu verfügen, kommt man nicht umhin schlussendlich auf das sachenrechtliche Verständnis der jeweiligen Mitgliedstaates abzustellen und dieses im Rahmen einer Indizienwürdigung des Gesamtsachverhalts miteinzubeziehen.[11] Das galt insbesondere da sich der EuGH in seinen Entscheidungen lange kaum zu einer Präzisierung des Begriffs "wie ein Eigentümer" im Zusammenhang mit dem Reihengeschäft veranlasst sah.[12]

Änderung durch neuere EuGH-Rechtsprechung: Das änderte sich insbesondere durch die aktuelleren Entscheidungen des EuGH zu Reihengeschäften in den Rechtssachen Arex und Herst[13] bei denen es scheint, dass der Einfluss des Zivilrechts der Mitgliedstaaten auf das Unionsrecht steigt.[14] Ausgehend von dem unionsrechtlichen Maßstab des Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL prüft der EuGH vertieft, welche Voraussetzungen sich aus dem nationalem Recht ergeben, wann es in der Reihe zur Verschaffung der Verfügungsmacht und damit zur Befähigung wie ein Eigentümer zu verfügen, gekommen ist. In der Rechtssache Arex stellt er dabei auf den Übergang des Eigentums nach tschechischem Privatrecht ab, was nach Ansicht des EuGH der Anforderung aus der Richtlinie zur Verschaffung der Verfügungsmacht entspricht.[15] In der Rechtssache Herst präzisiert er diese allgemein für sich stehende Aussage und bestimmt, dass die Verfügungsmacht die Befähigung umfasst, Entscheidungen über die rechtliche Situation des Gegenstandes zu treffen.[16] Ob diese Entwicklung erfolgte, weil die nationalen Gerichte dem EuGH eine "unvollständige" Sachstandsaufklärung an die Hand gaben, ist unklar. Es ist aber festzuhalten, dass der EuGH in den "älteren" Entscheidungen wie Euro Tyre Holding[17], Toridas[18] aber auch n...

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