Anknüpfungspunkt Zwischenhändler: Mit Hilfe von Art. 36a MwStSystRL sind die Regelungen zum innergemeinschaftlichen Reihengeschäft auf unionsrechtlicher Ebene einheitlich gestaltet. Wie bereits in der Normenanalyse festgestellt, knüpft die Norm primär an dem Zwischenhändler in einem Reihengeschäft an. Damit ist nun gesetzlich genau der Fall geregelt, der mit der bisherigen Rechtsprechung des EuGH und dem unionsrechtlichen Begriff der Verschaffung der Verfügungsmacht, am schwersten zu lösen ist.[21] Liegt die Transportverantwortung weder beim ersten noch beim letzten Unternehmer in der Reihe, hat die Transportverantwortung ein Unternehmer, der nicht der Erste oder der Letzte in der Reihe ist. Ein Zwischenhändler also. Aufgrund des Wortlauts der Norm ist klar, dass für das Reihengeschäft nun nicht mehr die "allgemeinen" Vorschriften des Art. 31, 32 MwStSystRL heranzuziehen sind, sondern solche Fälle über Art. 36a MwStSystRL zu prüfen und lösen sind. Aus unserer Sicht lässt sich diese Möglichkeit bereits an der Rechtsprechung des EuGH ableiten.

Die Entwicklung hin zu dieser Begrifflichkeit fußt dabei insbesondere auf der Rechtsprechung zu dem Urteil Euro Tyre Holding. Wie bereits oben angesprochen ist es eine Würdigung der umsatzsteuerrechtlichen Gesamtumstände des Einzelfalls, die zur Bestimmung der Lieferungen im Reihengeschäft notwendig sind. Bereits in der Rechtssache Euro Tyre Holding hat der EuGH die Prüfung über den "Zwischenerwerber" vollzogen und die Verschaffung der Verfügungsmacht an diesen "Zweiterwerber" des Gegenstandes in der Reihe ausgerichtet. Ausgehend von dem "Zwischenerwerber" stellt der EuGH auch klar, dass die Bestimmung der einzelnen Lieferungen aber nicht dazu dient die Person des innergemeinschaftlichen Erwerbs zu bestimmen.[22] Vielmehr dient die richtige Bestimmung der Lieferungen in der Reihe allein der ordnungsgemäßen Zuordnung der Besteuerung des Handels und damit der Zuordnung des Rechts den Endverbrauch des gelieferten Gegenstandes im richtigen Mitgliedstaat zu gewährleisten.[23] Entsprechend prägt diese Rechtsprechung die Einführung des Art. 36a MwStSystRL. Die Abstellung auf den Zwischenhändler (Zwischenerwerber) bringt nach der Rechtsprechung den Vorteil mit sich, dass es sich in der Regel um denjenigen Unternehmer in der Reihe handelt, der aufgrund der Auftragsreihenfolge überblicken kann, wo der zu besteuernde Endverbrauch erfolgen wird. Dieser Endverbrauch und das daran orientierte Besteuerungsrecht richtet sich an der Ausführung der bewegten Lieferung aus. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, insbesondere nach der Einführung der Quick Fixes, aufgrund derer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur materiellen Voraussetzung erhoben wurde, die Verwendung der richtigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Zur Wahl stehen beim Reihengeschäft die des Abgangsmitgliedstaates und die des Bestimmungsmitgliedstaates. Der Zwischenhändler bestimmt somit durch zielgerichtete Anwendung den Ort des Endverbrauchs und damit das Besteuerungsrecht des Abgangs- oder Bestimmungsmitgliedstaates.

Als Konsequenz ist es logisch, dass neben der reinen Transportverantwortlichkeit auch die Transportveranlassung ausschlaggebend und ausreichend für die Zuordnung der bewegten Lieferung ist. Auch wenn in der Rechtssache Euro Tyre Holding auf das Recht, wie ein Eigentümer zu verfügen, sowie auf das physische Verbringen des Gegenstandes von einem Mitgliedstaat in einen anderen abgestellt wird, deutet sich bereits hier an, dass der Nachweis für die Erfüllung all dieser Voraussetzungen über die Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erfolgen kann.[24]

Insofern ist die Transportveranlassung lediglich eine Erweiterung der Transportverantwortlichkeit. Im Ergebnis können diese "weichen Faktoren" zur Bestimmung der einzelnen Lieferungen aber durch die Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer rechtssicher gemeistert werden, da diese nun eine unionale, einheitliche und materielle Voraussetzung für die bewegte Lieferung darstellt und damit auch im Reihengeschäft mehr Gewichtung zukommen muss.

[21] So auch Salder/von Streit, UR 2019, 201 (208).
[24] Siehe hierzu insbesondere EuGH v. 16.12.2010 – C-430/09 Rz. 39.

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