Dies führt zu der Frage, wann die handelsrechtlichen Gewinnanteile den Gesellschaftern steuerrechtlich als Gewinnausschüttungen zuzurechnen sind. Nach § 1a Abs. 3 S. 5 KStG gelten Gewinnanteile erst als ausgeschüttet, wenn

  • sie entnommen werden oder
  • ihre Auszahlung verlangt werden kann.

Unklar ist, wann Gewinnanteile nach § 1a Abs. 3 S. 5 KStG "... entnommen werden...". Hierzu reicht es vermutlich bereits aus, dass der Gewinnanteil auf ein Fremdkapitalkonto[2] des Gesellschafters verbucht wird.[3] Eine spätere "tatsächliche Entnahme" in Form der Auszahlung von diesem Fremdkapitalkonto an den Gesellschafter führt dann nicht zu einer erneuten Zurechnung als Gewinnausschüttung.

Die weitere Kategorie der Gewinnausschüttungsfiktion des § 1a Abs. 3 S. 5 KStG stellt darauf ab, dass die "...Auszahlung [des Gewinnanteils] verlangt werden kann...". Damit sind – nach hier vertretener Auffassung – die Fälle gemeint,

  • bei denen der Gewinnanteil auf einem Eigenkapitalkonto verbucht wird und
  • der Gesellschafter diesen Betrag (ohne weiteren Beschluss) jederzeit entnehmen kann.[4]

Im Zweifel gilt ein so verbuchter (entnahmefähiger) Gewinnanteil mit der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet.[5]

Beachten Sie: Nur wenn und soweit Gewinnanteile nicht entnehmbar sind, führt dies (noch) nicht zu einer Gewinnzurechnung (Gewinnausschüttung) an den Gesellschafter der optierenden Gesellschaft.[6] Das gilt z.B. für die Zuführung zu einer gesamthänderisch gebundenen Rücklage.

Beraterhinweis Vor einer Option nach § 1a Abs. 1 KStG sollten der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft geprüft und bei Bedarf die Entnahmerechte zivilrechtlich wirksam geändert werden.[7] Regelmäßig besteht das Interesse, die Gewinnanteile "so spät wie möglich" den Gesellschaftern zuzurechnen.[8]

 

Beispiel 2

Die AB-GmbH & Co. KG hat nach § 1a KStG zur KSt optiert. Im Gesellschaftsvertrag wurde ein "Vier-Konten-Modell" vereinbart:

1. Kapitalkonto I: Hafteinlage.
2. Kapitalkonto II: Rücklagenkonto (nicht entnehmbare Gewinnanteile). 10 % eines Jahresüberschusses sind jedes Jahr diesem Konto zuzuführen.
3. Verlustvortragskonto
4. Fremdkapitalkonto, auf dem alle entnehmbaren Gewinnanteile, d.h. 90 % des Jahresüberschusses (sofern das Verlustausgleichskonto ausgeglichen ist) sowie der Zahlungsverkehr zwischen Gesellschaft und Gesellschafter und "Einlagen" und "Entnahmen" in die bzw. aus der Gesellschaft verbucht werden.

Die Hafteinlage ist voll eingezahlt und das Verlustvortragskonto ist ausgeglichen. Die AB-GmbH & Co. KG erzielt regelmäßig hohe Jahresüberschüsse, von denen nach dem Gesellschaftsvertrag 10 % auf das Kapitalkonto II und 90 % auf das Fremdkapitalkonto gebucht werden.

Lösung: Die auf das Fremdkapitalkonto zu buchenden Gewinnanteile (90 % des Jahresüberschusses) sind den Gesellschaftern m.E. nach § 1a Abs. 3 S. 5 KStG bereits ab der Feststellung des jeweiligen Jahresabschlusses als Ausschüttung zuzurechnen.

Die auf das Kapitalkonto II zu buchenden Gewinnanteile (10 % des Jahresüberschusses) unterliegen (noch) nicht der Ausschüttungsbesteuerung. Erst wenn z.B. durch einen gemeinschaftlichen Gesellschafterbeschluss die Mittel entnommen werden (dürfen), führt dies m.E. zu einem Zufluss als fiktive Gewinnausschüttung.

Das folgende Schaubild verdeutlicht die hier vertretene Auffassung:

[2] Bei Kommanditgesellschaften ein typischer Fall beim "Mehrkontenmodell" auf Grundlage des § 169 Abs. 1 S. 2 HGB.
[3] Dreßler/Kompolsek, Ubg 2021, 301 (307).
[4] So auch die Verwaltungsauffassung im Entwurf des BMF-Schreibens zu § 1a KStG: BMF v. 30.9.2021 – IV C 2 - S 2700/20/10001 – DOK 2021/1026806 Rz. 74, 78; insoweit a.A. Levedag in Wacker/Krüger/Levedag/Loschelder, DStR-Beihefter 2021, 3, Tz. 5.2.3.3.: Thesaurierung (kein Zufluss) statt Ausschüttung und Wiedereinlage.
[5] Kölbl/Luce, Ubg 2021, 264 (267).
[6] Gl.A. Demuth, KÖSDI 2021, 22230 Tz. 19; a.A. Cordes/Kraft, FR 2021, 401 (405).
[7] Dazu Carlé, NWB 2021, 2270 (2273 ff.).
[8] Sicherlich gibt es auch Fälle, bei denen die "Abschirmwirkung" der optierenden Gesellschaft nicht (so) wichtig oder sogar unerwünscht ist, da die Option (auch) aus anderen Gründen gewählt wird. Hier kann der Gesellschaftsvertrag ggf. "in die andere Richtung" im Sinne einer größtmöglichen Entnahmezulässigkeit geändert werden.

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