Kausalität: Eine Haftung nach § 69 AO kommt nur in Betracht, wenn eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung vorliegt. Die Kausalität der Pflichtverletzung für einen dadurch beim Fiskus entstandenen Vermögensschaden kann nicht durch nachträglich eingetretene Umstände (z.B. eine tatsächlich erfolgte Anfechtung von Steuerzahlungen im Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter) oder durch die Annahme eines hypothetischen Kausalverlaufs (d.h. eine mögliche entsprechende Anfechtung von Steuerzahlungen) beseitigt werden. Dies gilt auch für Fälle, in denen sowohl die gesetzliche steuerliche Fälligkeit als auch die verspätete Zahlung der Steuer in den Anfechtungszeitraum fallen und somit der Schaden – unter Berücksichtigung einer schließlich erfolgten Insolvenzanfechtung – auch bei pflichtgemäßer und damit fristgerechter Zahlung eingetreten wäre.

Beraterhinweis Der zu fordernde Kausalzusammenhang ist grundsätzlich nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind.

Nichtabführung von Lohnsteuern trotz vorhandener finanzieller Mittel: Dies gilt nach Auffassung des Thüringer FG jedoch nicht für Fälle, in denen der Steuerpflichtige noch über ausreichende Mittel verfügt, um im Zeitpunkt der Auszahlung der Löhne die jeweilige Lohnsteuer auf entsprechend gekürzte Löhne zu zahlen. Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuern zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten stellt im Regelfall eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des gesetzlichen Vertreters dar. Dabei entlastet die bloße wahrscheinliche Erwartung, Lohnsteuer -Rückstände später durch Kredite eines privaten Kreditgebers, durch Realisierung von Außenständen, durch öffentliche Fördermittel oder durch eine Aufrechnung mit vermeintlichen Steuerguthaben ausgleichen zu können, den gesetzlichen Vertreter in der Liquiditätskrise regelmäßig nicht von seiner Pflicht zur entsprechenden Kürzung der Löhne und zur Abführung der auf die gekürzten Löhne entfallenden Lohnsteuerbeträge.

Beraterhinweis An einem Verschulden des gesetzlichen Vertreters kann es aber ausnahmsweise fehlen, wenn er unter Gesamtwürdigung konkreter nachweisbarer Umstände aufgrund einer verbindlichen Zusage fest mit dem Eingang zusätzlicher Mittel gerechnet hat bzw. hat rechnen können (FG Thür. v. 28.9.2016 – 3 K 1046/13, EFG 2017, 797).

Ein GmbH-Geschäftsführer verletzt seine steuerlichen Pflichten nicht, wenn er eine formell ordnungsgemäße Buchführung dem Steuerberater zur Erstellung der Steuererklärungen übergibt, selbst wenn die Aufschlagsätze des Betriebs unter denen anderer Barbetriebe liegen (FG Sachs. v. 26.10.2017 – 6 K 841/15, EFG 2018, 165).

Nichtabgabe der Steuererklärung und weitere Pflichtverletzungen: Ist der materiell-rechtliche Haftungsanspruch gem. § 69 AO als abstrakter Tatbestand bereits mit der Nichtabgabe der Steuererklärung entstanden, so lassen spätere weitere Pflichtverletzungen, z.B. die Nichtentrichtung der Steuern, den ersten Haftungstatbestand zumindest dann unberührt, wenn sich der Haftungsgegenstand (Haftungsanspruch/Besteuerungszeitraum) durch die weitere Pflichtverletzung nicht ändert (FG Sachs. v. 24.9.2019 – 3 K 269/19, EFG 2020, 962, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VII R 38/19).

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