1. Steuerbarkeit – § 1 UStG

Begriff der Werklieferung/Werkleistung: Der BFH hat festgestellt (BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 37/10, BStBl. II 2014, 128), dass Werklieferungen vorliegen, sobald zusätzlich zur Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG) ein fremder Gegenstand be- oder verarbeitet wird. Darüber hinaus stellt der BFH fest, dass die Be- oder Verarbeitung eigener Gegenstände des Leistenden nicht für die Annahme einer Werklieferung ausreichend ist.

Das BMF ändert insoweit den UStAE (BMF v. 1.10.2020 – III C 2 - S 7112/19/10001:001, BStBl. I 2020, 983). Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Werkhersteller für das Werk einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet und dafür selbstbeschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind.

Anwendungsregelung: Diese Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird hinsichtlich aller bis vor dem 1.1.2021 entstandener gesetzlicher Umsatzsteuer – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs und Fälle des § 13b UStG – nicht beanstandet, wenn die Unternehmer Lieferungen entsprechend der bisherigen Fassung als Werklieferungen behandelt haben. Zwischenzeitlich hat das BMF die Frist bis zum 1.7.2021 verlängert (BMF v. 11.3.2021 – III C 2 - S 7112/19/10001:001)

Umsatzsteuerliche Behandlung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen: Bei Gutscheinen wurde bisher im Umsatzsteuerrecht zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen unterschieden. Während Wertgutscheine über einen bestimmten Nennbetrag bei dem ausstellenden Händler gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden konnten, bezogen sich Waren- oder Sachgutscheine auf eine konkret bezeichnete Ware oder Dienstleistung.

Die Ausgabe eines Wertgutscheins wurde lediglich als Tausch von Zahlungsmitteln behandelt und stellte selbst keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar. Die Umsatzsteuer entstand erst im Fall der Einlösung des Wertgutscheins und damit bei Ausführung des konkreten Umsatzes.

Bei Waren- oder Sachgutscheinen ist der Bezug zu der im Gutschein bezeichneten Leistung bereits bei Ausgabe des Gutscheins gegeben. Daher stellte der bei Erwerb eines Warengutscheins gezahlte Betrag eine Anzahlung auf die bezeichnete Leistung dar, die der Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG unterlag.

Mit Gesetz vom 11.12.2018 (BGBl. I 2018, 2338) wurden § 3 Abs. 13 bis 15 UStG mit Wirkung zum 1.1.2019 eingeführt. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist, ob bei dem Gutschein die Verpflichtung besteht, ihn als Gegenleistung – ganz oder teilweise anstelle einer regulären Zahlung – für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von sonstigen Leistungen anzunehmen. Das Gesetz sieht per Definition Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine vor.

Insbesondere die Gutscheine, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung (vgl. Abschn. 17.2 UStAE) berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Briefmarken, Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen sowie vergleichbare Instrumente fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich, da in diesen Fällen bereits über die bloße Annahmeverpflichtung hinausgehende Ansprüche bestehen und es sich hierbei vorrangig um Zahlungsnachweise handelt.

Das BMF nimmt nun erstmals im UStAE zu folgenden Punkten anhand von zahlreichen Beispielen Stellung (BMF v. 1.10.2020 – III C 2 - S 7112/19/10001:001, BStBl. I 2020, 983):

  • Definition und Abgrenzung von Gutscheinen
  • Einzweck-Gutscheine i.S.d. § 3 Abs. 14 UStG
  • Einzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im eigenen Namen)
  • Einzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im fremden Namen)
  • Bestimmung des Leistungsorts bei Einzweck-Gutscheinen
  • Bemessungsgrundlage bei Einzweck-Gutscheinen
  • Nichteinlösung von Einzweck-Gutscheinen
  • Remonetarisierbarkeit von Einzweck-Gutscheinen
  • Mehrzweck-Gutscheine i.S.d. § 3 Abs. 15 UStG
  • Mehrzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im fremden und im eigenen Namen)
  • Bestimmung des Leistungsorts bei Mehrzweck-Gutscheinen
  • Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen
  • Nichteinlösung von Mehrzweck-Gutscheinen
  • Remonetarisierbarkeit von Mehrzweck-Gutscheinen
  • Mindestbemessungsgrundlage

In einer Rechnung über die Übertragung bzw. Ausgabe eines Einzweck-Gutscheins nach § 3 Abs. 14 UStG ist die Bezeichnung der Gutscheinart (Einzweck-Gutschein) sowie eine kurze Beschreibung der Lieferung oder der sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, ausreichend. Bei einem Mehrzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 15 UStG unterliegt erst bei dessen Einlösung die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer; über diese Leistung ist dann nach den allgemeinen Regelungen abzurechnen.

Anwendungsregelung: Diese Grundsätze sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden. Es wird – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn ab dem 1.1.2019 und vor dem 2.2.2021 ...

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