BMF, 11.12.2014, IV B 4 - S 1301 - TÜR/0 :007

Anwendung von Artikel 18, 19 und 22 des Abkommens vom 19.9.2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen

Am 1.8.2012 ist das Abkommen vom 19.9.2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA) in Kraft getreten. Es ist ab dem Veranlagungszeitraum 2011 anzuwenden. Im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von Alterseinkünften im deutsch-türkischen Verhältnis nehme ich im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

 

1. Unbeschränkt Steuerpflichtige mit Alterseinkünften aus der Türkei

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Ist Deutschland der Ansässigkeitsstaat i.S.d. Artikels 4 DBA, steht für die Alterseinkünfte (Ruhegehälter, Renten und ähnliche Vergütungen) mit Ausnahme der Ruhegehälter aus dem türkischen öffentlichen Dienst (vgl. Rz. 2) grundsätzlich Deutschland das Besteuerungsrecht zu (Artikel 18 Absatz 1 DBA). Betroffen sind insbesondere Renten aus der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung („Institution für Soziale Sicherheit” – SGK) (in der Türkei wurden alle drei ehemaligen staatlichen Renten- und Krankenversicherungsträger unter dem Dach der „Institution für Soziale Sicherheit” (SGK) zusammengelegt. Arbeiter und Angestellte mit einem Arbeitsvertrag bei einem türkischen Unternehmen, Beamte und Angestellte in öffentlichen Betrieben sowie Selbstständige und Arbeitskräfte in der Landwirtschaft werden bei der SGK versichert. Die Versicherungen bieten Schutz bei Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfällen, Behinderungen, Berufskrankheiten sowie eine (meist geringfügige) Altersversorgung und Sterbegeld. Eine Ausnahmeregelung gibt es für Arbeitnehmer, die bei einem Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland beschäftigt sind. Sie können weiterhin ihre Mitgliedschaft bei der deutschen Sozialversicherung beibehalten. Ausführliche Informationen zum türkischen Sozialversicherungssystem werden – auch in deutscher Sprache – auf der Webseite der türkischen Sozialversicherungsanstalt Sosyal Güvenlik Kurumu (www.sgk.gov.tr) zur Verfügung gestellt. Zahlungen der SGK an Ruhestandsbeamte und frühere Angestellte des öffentlichen Dienstes werden von Artikel 19 DBA erfasst). Der Türkei steht als Quellenstaat ebenfalls ein Besteuerungsrecht zu, allerdings sind Zahlungen dort bis zu einem Betrag von 10.000 Euro von der Steuer befreit (Artikel 18 Absatz 2 DBA). Die in der Türkei erhobene Steuer ist nicht auf die deutsche Steuer anzurechnen. In Höhe der in der Türkei als Quellenstaat nicht zu besteuernden Zahlungen bis zu einem Betrag von 10.000 Euro hat Deutschland als Ansässigkeitsstaat das alleinige Besteuerungsrecht (Artikel 18 Absatz 1 DBA).

Eine Doppelbesteuerung wird durch Freistellung vermieden, soweit der Bruttobetrag der Alterseinkünfte den Betrag von 10.000 Euro übersteigt (Artikel 22 Absatz 2 Buchstaben a und d DBA i. V. m. § 32b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 EStG). Zur Berechnung des Progressionsvorbehalts ist aus dem übersteigenden Betrag die Höhe der Einkünfte zu ermitteln. Zur Berechnung im Einzelnen vgl. Beispiel in Rz. 22.

Ist Deutschland – trotz unbeschränkter Steuerpflicht – nicht der Ansässigkeitsstaat i.S.d. Artikels 4 DBA, besteht für Alterseinkünfte aus der Türkei kein Besteuerungsrecht. In diesem Fall unterliegen die Alterseinkünfte in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt.

Für Ruhegehälter, die vom türkischen Staat, von einer türkischen Gebietskörperschaft oder einem von diesen errichteten Sondervermögen an einen in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen für der Türkei oder einer ihrer Gebietskörperschaften geleistete Dienste gezahlt werden, steht Deutschland das ausschließliche Besteuerungsrecht zu, wenn der Steuerpflichtige deutscher Staatsangehöriger ist (Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe b DBA). Artikel 18 DBA ist auf Ruhegehälter aus dem öffentlichen Dienst nicht anwendbar.

 

2. Beschränkt Steuerpflichtige mit Alterseinkünften aus Deutschland

3

Bei der Berücksichtigung von Alterseinkünften aus Deutschland ist im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer eines beschränkt Steuerpflichtigen zunächst die Steuerpflicht dieser Einkünfte in Deutschland (§ 49 EStG) und sodann die Aufteilung des Besteuerungsrechts für diese Alterseinkünfte nach dem DBA zu prüfen.

4

Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen Renten aus der inländischen (deutschen) gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Basisrentenverträgen. Dies gilt auch für Leibrenten und andere Leistungen aus ausländischen Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden (§ 49 Absatz 1 Nummer 7 EStG). Ebenso sind Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen („Riester-Rente”), aus Pensionsfonds, Pensionsk...

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