Die nachfolgenden Ausführungen gehen von der These aus, dass Daten einen Wert haben. Im Vordergrund steht der monetäre Wert, den datengetriebene Unternehmen im Rahmen ihrer Big Data Strategie auszuschöpfen versuchen. Dabei ist die Frage, ob Daten einen Wert haben oder nicht, einfacher zu beatworten als die Frage, welchen Wert Daten haben. Dies deshalb, weil sich für Daten (noch) keine allgemein anerkannte Bewertungsmethode etabliert hat und dieses Thema noch Gegenstand diverser Forschungsprojekte ist.[1]

Gewiss bedarf die These einiger Konkretisierungen, denn Daten haben nicht per se einen Wert. Letzterer lässt sich gewöhnlich nur im Lichte des konkreten Unternehmenszwecks und der konkreten Verwendung bzw. implementierten Big Data Strategie bestimmen. So nützt es einem Unternehmen i.d.R. noch nicht viel, wenn es auf einem "Berg von Daten" sitzt, sofern es nicht die Absicht und/oder das spezifische Know-how hat, die Daten auch zu verwerten. Der Begriff "Verwertung" ist dabei weit auszulegen und umfasst insbesondere auch den Verkauf der Daten. Die pauschale Ansicht, dass Rohdaten wertlos sind, greift deshalb zu kurz, wenn das in Frage stehende Unternehmen die Daten in der gegebenen Form verkaufen kann. Ob und inwiefern Daten einen Wert haben, bestimmt sich somit anhand einer subjektiven Betrachtungsweise, was so viel bedeutet, dass die Frage aus Sicht des (datengetriebenen) Unternehmens und unter Berücksichtigung des konkreten Geschäftsmodells zu beantworten ist.

[1] Vgl. hierzu etwa die laufenden Arbeiten des Richtlinienausschusses des Vereins Deutscher Ingenieure VDI/VDE-GMA FA 7.24, in welchem beide Autoren aktiv mitwirken. Als Teil dieser Arbeitsgruppe unterstützen die Autoren die Forschung, Entwicklung und Etablierung internationaler, standardisierter Richtlinien, die sich unter anderem mit den Fragen beschäftigen, nach welchen Kriterien Daten in der Bilanz als Vermögenswert ausgewiesen und wie Daten bewertet werden können. Die jüngsten Projektergebnisse sind im Statusreport "Future Data Assets – Welchen Wert haben technische Daten in Bilanzen? – VDI-Thesen und Handlungsfelder" vom Oktober 2021 zu finden.

1.1.1 Datenverwertung

Wir leben derzeit im digitalen Informationszeitalter, welches durch die digitale Informations- und Kommunikationstechnologie geprägt ist. Dass namentlich die von uns hinterlassenen digitalen Fußabdrücke ökonomisch verwertbar sind, ist schon längst kein Geheimnis mehr und datengetriebene Geschäftsmodelle sind hoch im Trend. Mithin entwickeln wir uns vermehrt zu einer sogenannten "Data Economy", worunter ein digitales Ökosystem verstanden wird, welches im Kern darauf ausgerichtet ist, auf Basis von Daten Informationen zu monetarisieren.

Dass Daten heute als wichtige wissensbasierte und strategische Ressource zu betrachten sind, lässt sich am besten durch die vielfältigen und vielschichtigen Anwendungsbereiche von Big Data Analytics veranschaulichen. Hierzu vorab zwei Beispiele (mehr zu Big Data Analytics vgl. Abschnitt 1.2.4):

  • Erstellen von Scoring-Profilen: Scoring-Profile werden im Rahmen von Nutzwertanalysen erstellt, welche bei komplexen Entscheidungssituationen zum Einsatz kommen. I.d.R. werden Kunden anhand der über sie gesammelten Daten (z.B. via Punkte-System) bewertet, um auf diese Weise z.B. homogene Kundengruppen zu erhalten, die wiederum vom Unternehmen gezielt angesprochen werden können. Einteilungskriterien können etwa das Geschlecht, der Lohn, der Berufstand oder das Alter sein. Eine der gängigsten Methoden zur Berechnung des Kundenwerts ist das sogenannte RFM-Modell, welches Kunden anhand von 3 Kriterien bewertet:

    1. Der Zeitpunkt des letzten Kaufs (recency of purchase),
    2. die Häufigkeit der getätigten Käufe (frequency of purchase) und
    3. der monetäre Wert des Kaufs (monetary value of purchase).

    Grundlage des RFM-Modells sind die historischen Daten. Das Scoring-Modell beschränkt sich jedoch keineswegs auf den E-Commerce-Bereich und die damit zusammenhängenden gezielten Kundenansprachen zwecks Verkaufsförderung. Auch zwecks Bonitätsprüfung können Scoring-Profile eingesetzt werden, wobei die Daten oftmals aus sogenannten Bonitätsdatenbanken stammen: Je höher der Bonitäts-Score, desto besser sind die Erfolgsaussichtung für die Zusprechung eines Kredits und desto geringer ist das Risiko eines Zahlungsausfalles für das kreditgebende Institut. Big Data Analytics ist somit auch im Kreditvergabeverfahren angelangt und Kreditanbieter nutzen diese Prozesse, um fundierte Aussagen über die Kreditwürdigkeit, Zahlungsbereitschaft und Bonität einer Person machen zu können.

  • Predictive Maintenance: Wartungsprognosen (Predictive Maintenance) sind insbesondere im Bereich der Industrie 4.0 anzutreffen und basieren i.d.R. auf Prozess- und Maschinendaten. Ziel von Predictive Maintenance ist die vorausschauende Instandhaltung von z.B. Maschinen, Anlagen oder Geräten, sodass eine bedarfsgerechte Wartung erfolgt. Das Gegenteil einer bedarfsgerechten Wartung ist z.B. eine regelbasierte Wartung, wobei einleuchtend ist, dass der Er...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge