Rz. 12
Durch das SEStEG wurde § 6 AStG weitreichend überarbeitet und dabei modifiziert und ergänzt. Hintergrund der umfangreichen Änderungen waren insbesondere Entscheidungen des EuGH. So hat der Gerichtshof eine dem § 6 AStG vergleichbare französische Regelung für unionsrechtswidrig gehalten, weil diese an den Wegzug eine Abschlussbesteuerung knüpfte und dabei eine Steuerstundung nur unter strengen Voraussetzungen vorsah. In einer darauffolgenden Entscheidung bestätigte der EuGH dies nicht nur, sondern erkannte zugleich einen Unionsrechtsverstoß darin, nach dem Wegzug eingetretene Wertminderungen im Wegzugstaat nicht zu berücksichtigen.
Rz. 13
Um einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen, wurden als wesentliche Reaktionen auf die genannte Rechtsprechung des EuGH eine Dauerstundung für EU/EWR-Wegzüge in § 6 Abs. 5 AStG a. F. und die Möglichkeit einer Berücksichtigung nachträglicher Wertminderungen in EU/EWR-Fällen in § 6 Abs. 6 AStG a. F. eingeführt. Entgegen einem zwischenzeitlichen Gesetzesentwurf wurde § 6 Abs. 1 AStG nicht als allgemeine Entstrickungsvorschrift, die allein an einen Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts anknüpft, ausgestaltet, sondern an der Auflistung konkreter Wegzugstatbestände festgehalten. Neben den unionsrechtlich gebotenen Entschärfungen der Wegzugsbesteuerung wurde durch das SEStEG ein Auffangtatbestand für die Wegzugsbesteuerung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AStG a. F. eingeführt.
Rz. 14
§ 6 AStG unterlag in der Folge punktuellen Änderungen. Erwähnenswert ist die durch das ZollkodexAnpG erfolgte Einführung einer Stundungsmöglichkeit in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 AStG a. F. für den Wegzugs-Auffangtatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AStG a. F., ohne die eine Wegzugsbesteuerung unionsrechtswidrig war. Im Hinblick auf den Brexit wurde durch das Brexit-StBG mit § 6 Abs. 8 AStG a. F. eine Norm eingeführt, der zufolge allein der Brexit nicht zum Widerruf der bereits zur Stundung der Wegzugsteuer bei bereits erfolgten Wegzügen führt.