Entscheidungsstichwort (Thema)

Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Nachprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen durch das BVerfG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Rechtsweg ist nicht erschöpft, wenn die Fachgerichte einen behaupteten Verfahrensmangel nicht nachprüfen können, weil die entsprechende Revisionsrüge keinen schlüssigen Vortrag enthält.

2. Eine fachgerichtliche Entscheidung ist vom BVerfG nur begrenzt darauf zu überprüfen, ob sie Auslegungsfehler erkennen läßt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechtes, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereiches beruhen und die in ihrer Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind.

3. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Verletzung des Anspruchs auf Rechtsanwendungsgleichheit durch eine gerichtliche Entscheidung greift im Rahmen der Prüfungsmöglichkeiten des BVerfG nicht bei jedem Fehler in der Rechtsanwendung ein. Hinzukommen muß vielmehr, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht.

 

Normenkette

BVerfGG § 90 Abs. 2 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 26.03.1985; Aktenzeichen III R 53/83)

FG Köln (Urteil vom 12.01.1983; Aktenzeichen VI 245/78 LA)

 

Gründe

1. a) Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist mangels Beschwer im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG unzulässig. Sie ist nicht am gerichtlichen Ausgangsverfahren beteiligt gewesen. Die angegriffenen Urteile, die gemäß § 110 FGO grundsätzlich nur die Beteiligten binden, beeinträchtigen sie auch nicht durch inhaltliche Feststellungen oder die Art der Formulierung (vgl. BVerfGE 53, 30 ≪48≫).

b) Sollte die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin sich lediglich gegen den Änderungsbescheid vom 14. Januar 1969 richten, fehlt es an der erforderlichen Erschöpfung des Rechtsweges (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

2. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers ist teils unzulässig, teils unbegründet.

a) Der Bundesfinanzhof hat entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. BStBl. II 1982 S. 355) in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise der Revisionsrüge wegen unterbliebener Terminsverlegung durch das Finanzgericht den Erfolg versagt, weil sie keinen schlüssigen Vortrag enthielt. Mangels ordnungsgemäßer Rüge ist bezüglich des Finanzgerichts-Urteils der Rechtsweg nicht erschöpft (vgl. BVerfGE 16, 124 ≪127≫).

b) Die Rüge hinsichtlich der unterlassenen Beiladung der Ehefrau im finanzgerichtlichen Verfahren ist erst nach Ablauf der Beschwerdefrist gemäß § 93 BVerfGG erhoben worden und damit unzulässig (vgl. BVerfGE 12, 319 ≪322≫).

c) Im übrigen geben die angegriffenen Entscheidungen auch materiell-rechtlich zu keinen verfassungsrechtlichen Beanstandungen Anlaß. Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlich unbedenklicher Regelungen unter Würdigung eines konkreten Sachverhaltes obliegen nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie den dafür zuständigen Fachgerichten. Deren Beurteilung ist vom Bundesverfassungsgericht nur begrenzt darauf zu überprüfen, ob die angegriffene Entscheidung Auslegungsfehler erkennen läßt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechtes, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereiches beruhen und die in ihrer Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92≫; 53, 30 ≪61≫ m.w.N.).

Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen auch nicht gegen den Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit oder des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG). Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Verletzung des Anspruchs auf Rechtsanwendungsgleichheit durch eine gerichtliche Entscheidung greift im Rahmen der Prüfungsmöglichkeiten des Bundesverfassungsgerichts nicht bei jedem Fehler in der Rechtsanwendung ein. Hinzukommen muß vielmehr, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 54, 117 ≪125≫; 67, 90 ≪94≫).

Anhaltspunkte dafür, daß die Entscheidungen schlechthin unhaltbar sind oder auf sachfremden Erwägungen beruhen, sind nicht gegeben.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1567793

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