Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuer. Nichtbegünstigung von Wohnungen. Altenheime

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, Wohnungen, die im Eigentum gemeinnütziger Körperschaften stehen, allein deshalb von der Grundsteuer freizustellen, weil Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime unter den weiteren Voraussetzungen des § 68 Nr. 1a AO 1977 als Zweckbetriebe gelten, die nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind.

2. § 5 Abs. 2 GrStG genügt den Anforderungen, die an die Normenklarheit und die Justitiabilität eines Gesetzes zu stellen sind und ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

GrStG § 5 Abs. 2, 1 Nr. 3; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1; AO 1977 § 68 Nr. 1a; GewStG § 3 Nr. 6

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 01.07.1983; Aktenzeichen III R 99/80)

BFH (Urteil vom 01.07.1983; Aktenzeichen III R 76/82)

BFH (Urteil vom 30.04.1982; Aktenzeichen III R 71/81)

FG München (Urteil vom 26.02.1981; Aktenzeichen IV 201/78)

 

Gründe

Die Rüge der Beschwerdeführerinnen, § 5 Abs. 2 GrStG genüge nicht den Anforderungen, die an die Normenklarheit und die Justitiabilität eines Gesetzes zu stellen seien, ist an Art. 20 Abs. 3 GG zu prüfen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen hat der Gesetzgeber aber mit der Aufnahme des Begriffs „Wohnung” in die gesetzliche Regelung dem Erfordernis der notwendigen Bestimmtheit genügt. Er war von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, eine Legaldefinition zu geben, die es den Beschwerdeführerinnen unter Umständen ermöglicht hätte, ihre Baupläne so zu gestalten, daß Grundsteuer nicht anfallen konnte. Es ist Aufgabe der Verwaltungsbehörden und Gerichte, bei der Gesetzesanwendung auftauchende Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln zu beantworten (vgl. BVerfGE 26, 1 ≪10≫).

Die in § 5 Abs. 2 GrStG getroffene Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, nach welcher der Wohnzweck kein steuerbegünstigter Zweck im Sinne des Grundsteuergesetzes ist (vgl. auch BStBl. III 1961, 571), verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß es nicht Sache der Gemeinden sei, durch Verzicht auf die Grundsteuer die Mietpreisgestaltung zu beeinflussen (BTDrucks. VI/3418). Das gilt in gleicher Weise für die Auswirkung auf die Kosten einer Heimunterbringung. Wenn es auch wünschenswert ist, diese möglichst niedrig zu halten, so ergibt sich daraus jedenfalls kein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf die Befreiung von Grundsteuer.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, Wohnungen, die im Eigentum gemeinnütziger Körperschaften stehen, allein deshalb von der Grundsteuer freizustellen, weil Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime unter den weiteren Voraussetzungen des § 68 Nr. la AO als Zweckbetriebe gelten, die nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind.

Schließlich stellt die Differenzierung zwischen Wohnräumen und Wohnungen, wie sie § 5 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 GrStG vornimmt, keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dar. Zwar wird die Gruppe der älteren Menschen, die nicht in abgeschlossenen Appartements leben, dadurch begünstigt, daß sich ihre Heimkosten nicht durch anteilige Grundsteuer erhöhen. Aber allein die Tatsache, daß dieser Personenkreis in der Regel finanziell leistungsschwächer sein wird als die Inhaber von Appartements Altenheimen, läßt die Regelung vor der Verfassung bestehen (vgl. BVerfGE 55, 114 ≪128≫).

Die Bestimmung des Wohnungsbegriffs durch den Bundesfinanzhof (vgl. BStBl. II 1982, 671) ist grundsätzlich der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Sie läßt keine Fehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1619390

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