Entscheidungsstichwort (Thema)

Heilbehandlung als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es stellt eine sachlich begründete Abgrenzung der Aufwendungen der Heilbehandlung von anderen Aufwendungen dar, wenn der Bundesfinanzhof auf die Behandlung oder Anweisungen einer durch medizinische Fachkenntnisse als sachkundig ausgewiesenen Person abstellt und von da auf die Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit der Aufwendungen (§ 33 Abs. 2 EStG) schließt.

2. Daß Aufwendungen für einen seelsorgerischen Beistand nicht wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen der Stpfl. steuerlich nicht anerkannt wurden, sondern weil sie nach Maßgabe sachbezogener Kriterien nicht als Kosten der Heilbehandlung angesehen wurden, verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit.

 

Normenkette

EStG 1971 § 33; GG Art. 2-4

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 22.06.1979; Aktenzeichen VI R 43/76; BFHE 128, 230)

 

Gründe

Welche Aufwendungen im Rahmen des § 33 EStG als Kosten der Heilbehandlung anzusehen sind, ist eine Frage der Feststellung und Würdigung des Tatbestandes im Einzelfall. Die Entscheidung der dafür allgemein zuständigen Gerichte ist einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, soweit nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]). Die Auslegung und Anwendung des § 33 EStG auf den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Sachverhalt durch den Bundesfinanzhof ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die unterschiedliche steuerliche Behandlung der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Aufwendungen gegenüber medizinisch angezeigten Aufwendungen der Heilbehandlung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es stellt eine sachlich begründete Abgrenzung der Aufwendungen der Heilbehandlung von anderen Aufwendungen dar, wenn der Bundesfinanzhof auf die Behandlung oder Anweisungen einer durch medizinische Fachkenntnisse als sachkundig ausgewiesenen Person abstellt und von da auf die Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit der Aufwendungen (§ 33 Abs. 2 EStG) schließt.

Art. 3 Abs. 3 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Die Aufwendungen der Beschwerdeführerin für einen seelsorgerischen Beistand wurden nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen steuerlich nicht anerkannt, sondern weil sie nach Maßgabe sachbezogener Kriterien nicht als Kosten der Heilbehandlung angesehen wurden.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs verstößt auch nicht gegen das Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG). Das Grundrecht umfaßt das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (BVerfGE 32, 98 [106 f.]). Dieses Recht wird der Beschwerdeführerin nicht dadurch vorenthalten, daß ihre aus der Glaubensüberzeugung heraus vorgenommenen Aufwendungen nicht zu einer steuerlichen Entlastung führen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1614387

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