Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Lohnsummensteuererhebung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Lohnsummensteuererhebung verstößt auch unter Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse seit der Entscheidung des BVerfG vom 21. 12. 1966 1 BvR 33/64 (BVerfGE 21, 54) nicht gegen das Grundgesetz.

2. Die Lohnsummensteuer kann bei lohnintensiven Betrieben, die über längere Zeiträume hinweg nur Verluste erleiden, zu erheblichen Härten führen, die in Verfahren nach § 131 AO, § 227 AO 1977 zu mildern sind. Zuständig sind dafür die Kommunen.

 

Normenkette

GewStG § 6 Abs. 2, §§ 23-27; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14; AO § 131; AO 1977 § 227

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 21.04.1977; Aktenzeichen IV R 161-162/75; BFHE 122, 141)

 

Gründe

1. Der Beschwerdeführer zu 2) wird durch die im Ausgangsverfahren ergangenen Entscheidungen nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

2. Die Verhältnisse hatten sich 1971 und 1972 gegenüber 1966 nicht so wesentlich geändert, daß die Verfassungsmäßigkeit der Lohnsummensteuer nach der Entscheidung des Ersten Senats des BVerfG vom 21. Dezember 1966 (BVerfGE 21, 54) grundlegend neu beurteilt werden müßte.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits hervorgehoben, daß der Finanzbedarf der Gemeinden auch in ertragslosen Jahren nicht zulasse, daß grundsätzlich keine Lohnsummensteuer erhoben werden dürfte (BVerfGE 21, 54 [67]). Dies gilt auch für Verlustjahre. Steuerbilanzverluste können verschiedene Ursachen haben (vgl. BVerfGE 21, 54 (69]). Es ist nicht geboten, angesichts dieser Unterschiede in den Lebenssachverhalten die Erhebung der Lohnsummensteuer in Verlustjahren als verfassungsrechtlich generell verboten anzusehen. Wenn einzelne Betriebe trotz Einkalkulierung der Lohnsummensteuer in die Selbstkosten mit Verlust abschließen, sind diese Verluste grundsätzlich bei später anfallenden Gewinnen abzugsfähig: (§§ 10d a. F. EStG, 10a GewStG). Auf diese Weise mindert sich in den folgenden Jahren die Einkommen- und Gewerbeertragsteuer. Damit trägt der Gesetzgeber für den Regelfall dem Grundsatz der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit, der der Gewerbesteuer als einer Realsteuer zugrunde liegt, ausreichend Rechnung.

Die Lohnsummensteuer kann bei lohnintensiven Betrieben, die über längere Zeiträume hinweg nur Verluste erleiden, zu erheblichen Härten führen. Diese Härten sind in Verfahren nach § 131 AO, § 227 AO 1977 zu mildern (BVerfGE 21, 54 [67 und 71]). Ob Lohnsummensteuer im einzelnen Fall zu erlassen ist, kann jedoch grundsätzlich nicht im Verfahren über die Festsetzung des Lohnsummensteuermeßbetrags geprüft werden. Zum Erlaß der Lohnsummensteuer sind nicht die Finanzämter sondern die hebeberechtigten Gemeinden zuständig. Es begegnet deshalb auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß im Ausgangsverfahren die Voraussetzungen eines Billigkeitserlasses nicht geprüft worden sind.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1621150

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