Zusammenfassung

 
Begriff

Der Buch- und Belegnachweis ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mehr materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Liefe­rungen und Ausfuhrlieferungen. Gleichwohl genießt der Unternehmer nur Vertrauensschutz, wenn sich aus der Gesamtheit der aufbewahrten Belege glaubhaft das grenzüberschreitende Verbringen der Gegenstände im Fall einer Außenprüfung ergibt. Gelingt dies nicht, kann nur auf andere, nicht im Einflussbereich des Unternehmers liegende Beweismittel für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen und Ausfuhrlieferungen zurückgegriffen werden. Mit der Anpassung des deutschen Rechts an die jetzt harmonisierten Belegnachweise in der EU hat der Unternehmer die Wahl zwischen einer von der Finanzverwaltung angreifbaren Vermutungsregelung und dem normierten Gelangensnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

1 Vollständiger Buch- und Belegnachweis sichert Vertrauensschutz

Nach den neueren Rechtsprechungsgrundsätzen ist zwar der Buch- und Belegnachweis nur ein Indiz, nicht explizit materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen. Dennoch wird ohne einen formell vollständigen Buch- und Belegnachweis i. S. d. § 6 Abs. 4 UStG i. V. m. §§ 9 und 10 UStDV bzw. § 6a Abs. 3 UStG i. V. m. §§ 17a17d UStDV die Steuerbefreiung grundsätzlich nicht gewährt.

Der Unternehmer kann zwar auch mit anderen Mitteln den objektiven Nachweis führen. Derartige Nachweise liegen aber häufig nicht in seinem Einflussbereich und bergen das Risiko, dass die Steuerbefreiung bei unlauteren Machenschaften des Abnehmers nicht anerkannt wird. Dagegen sichert der formell vollständige Buch- und Belegnachweis dem Lieferanten Vertrauensschutz.

Stellt sich nachträglich heraus, dass die Angaben des Abnehmers inhaltlich nicht richtig waren und kann nicht nachgewiesen werden, dass der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben hätte erkennen können, ist ihm Vertrauensschutz[1] zu gewähren.[2] Der BFH legt hier strenge Maßstäbe an. Schon eine Rechnung, die nicht über den Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung verfügt, ein Verbringungsnachweis im Abholfall, der nicht gegenüber dem liefernden Unternehmer abgegeben wird oder die fehlende Angabe des Bestimmungsorts im CMR-Frachtbrief führen zum Verlust des Gutglaubensschutzes i. S. v. § 6a Abs. 4 UStG.[3] Nähere Einzelheiten dazu enthält Abschn. 6a.8 UStAE.

2 Unterscheidung von Beförderungs- und Versendungslieferung notwendig

Primäre Voraussetzung für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder einer Ausfuhrlieferung ist, dass dem Umsatz eine grenzüberschreitende Warenbewegung zuzuordnen ist. Das Umsatzsteuerrecht unterscheidet dabei zwischen Beförderungs- und Versendungslieferungen. Eine Beförderungslieferung liegt nach § 3 Abs. 6 Satz 2 UStG dann vor, wenn der Lieferant oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung selbst fortbewegen. In diesen Fällen muss also immer davon ausgegangen werden, dass die Ware mit eigenen oder ange­mieteten Fahrzeugen und Personal des Lieferanten bzw. des Abnehmers transportiert wird. Dagegen liegt ein Versendungsfall gem. § 3 Abs. 6 Satz 3 UStG immer dann vor, wenn der Lieferant, der Abnehmer oder der beauftragte Dritte den Gegenstand der Lieferung durch einen selbstständigen Beauftragten (z. B. den Spediteur, die Post, die Bahn, einen Kurierdienst) trans­portieren lassen. Von einem Versendungsfall wird auch dann gesprochen, wenn der Abnehmer (Kunde) die Ware durch einen von ihm beauftragten selbstständigen Dritten abholen lässt (unfreie Versendung). Ausgehend von der Unterscheidung nach den am Transport der Liefergegenstände Beteiligten und ihrer Verbringung in das Drittlandsgebiet oder das übrige Gemeinschaftsgebiet müssen auch die Belege zum Nachweis der Steuerbefreiung, insbesondere bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, differenziert werden.

3 Belege bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

3.1 Gelangensvermutung

Aufgrund der bislang unterschiedlichen Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten zur Nachweisführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen wurde Art. 45a MwStSystRL-DVO als unmittelbar geltendes Recht EU-weit mit Wirkung ab 1.1.2020 normiert. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorschrift wortgleich in § 17a UStDV übernommen. Danach wird "vermutet", dass die Liefergegenstände in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt sind, wenn eine der im Folgenden genannten Voraussetzungen erfüllt ist:

  1. Für den Fall der Beförderung oder Versendung durch den liefernden Unternehmer:

    Der liefernde Unternehmer gibt an, ...

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