Beteiligte

1. AOK Rheinland – Die Gesundheitskasse

2. Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen

3. Innungskrankenkasse Nordrhein

4. Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft

5. Bundesknappschaft

6. Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V.

7. Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V.

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. März 1999 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 1998 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 1997 wird aufgehoben. Die Beklagten werden auf den Hilfsantrag der Klägerin verurteilt, die Klägerin zur Versorgung der Versicherten mit Leistungen der ambulanten Rehabilitation in den Indikationsbereichen Orthopädie und Neurologie zuzulassen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revisionen der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 7) werden zurückgewiesen.

Die Beklagten haben der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt die Zulassung zur teilstationären Erbringung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation (Reha).

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1994 gab die Klägerin gegenüber den beklagten Krankenkassen bzw Kassenverbänden ein Angebot auf Abschluß eines Versorgungsvertrags ab. Das Angebot sah die Errichtung einer Tagesklinik zur wohnortnahen rehabilitativen Behandlung von Patienten auf den Gebieten der Orthopädie (60 Behandlungsplätze) und Neurologie (40 Behandlungsplätze) vor. Obwohl der Medizinische Dienst der Krankenversicherung zu dem Ergebnis gekommen war, daß das personelle, fachliche und räumliche Konzept der Klägerin die Voraussetzungen für eine wohnortnahe und qualitativ gute Reha-Behandlung der Versicherten biete (Gutachten vom 25. April 1995), lehnten die Beklagten den Abschluß eines Versorgungsvertrags ab, weil für eine zusätzliche teilstationäre Reha-Klinik im Raum Essen kein Bedarf bestehe (gemeinsamer Ablehnungsbescheid vom 6. Februar 1996; gemeinsamer Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 1997).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagten hätten zu Unrecht die Bedarfsgerechtigkeit der geplanten Tagesklinik verneint. Die Bedarfsprüfung dürfe nicht anhand der vorhandenen voll- und teilstationären Reha-Einrichtungen erfolgen, sondern müsse sich auf die teilstationären Einrichtungen beschränken. Dort sei ein zusätzlicher Versorgungsbedarf zu bejahen.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. Mai 1998). Es hat die Auffassung vertreten, die geplante Einrichtung der Klägerin sei für eine „bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten” iS des § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht notwendig. Der Gesetzgeber habe im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nur eine vollstationäre, nicht aber eine teilstationäre Reha vorgesehen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Entscheidung des SG geändert und die Beklagten verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 9. März 1999). Es ist der Ansicht, die in den §§ 40 Abs 2 und 111 Abs 1 SGB V erwähnte „stationäre” Reha-Behandlung umfasse sowohl vollstationäre als auch teilstationäre Leistungsformen. Die Beklagten hätten von ihrem Beurteilungsspielraum, ob die geplante Tagesklinik der Klägerin als bedarfsgerecht (§ 111 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V) einzustufen sei, nicht sachgerecht Gebrauch gemacht. Sie hätten in die Bedarfsprüfung nicht nur die Anbieter im Raum Essen, sondern alle Anbieter im Bezirk Nordrhein einzubeziehen, die teilstationäre Reha-Leistungen erbringen. Sofern neben der Tagesklinik der Klägerin auch andere Einrichtungen als bedarfsgerecht zu bewerten seien, hätten die Beklagten eine Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.

Mit der Revision rügen die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 7) eine Verletzung der §§ 111 Abs 2 und 107 Abs 2 SGB V. Ein Versorgungsvertrag könne nur mit Anbietern vollstationärer Reha-Leistungen geschlossen werden. Ihre in der Vergangenheit geübte Praxis, vereinzelt auch teilstationäre Einrichtungen mit einem Versorgungsvertrag auszustatten, werde nicht fortgeführt. Außerdem fehle es nach wie vor am Bedarf für eine zusätzliche Reha-Tagesklinik im Raum Essen.

Mit ihrer Anschlußrevision rügt die Klägerin ebenfalls eine Verletzung des § 111 Abs 2 SGB V. Sie ist der Auffassung, diese Vorschrift ermögliche den Abschluß eines Versorgungsvertrags auch mit Anbietern teilstationärer Reha-Leistungen. Dabei habe sie – wie alle Anbieter voll- und teilstationärer Reha-Leistungen – aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Anspruch auf Zulassung ohne Bedarfsprüfung. Das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Grundgesetz ≪GG≫) gebiete es, § 111 Abs 2 SGB V verfassungskonform auszulegen. Das Tatbestandsmerkmal der Bedarfsgerechtigkeit setze lediglich voraus, daß für das Leistungsangebot der betreffenden Reha-Klinik „überhaupt generell”, also der Art und dem Konzept nach ein Bedarf seitens der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben sei, was hier ohne weiteres zu bejahen sei. Eine Bedarfsprüfung im Sinne einer Auswahl zwischen mehreren geeigneten Reha-Kliniken und eines Ausschlusses der Zulassung eines neuen Anbieters bei einem ausreichenden Bestand an bereits zugelassenen Einrichtungen sei nach Art 12 GG hingegen unzulässig. Soweit die teilstationäre Reha nicht der „stationären”, sondern der „ambulanten” Reha zugeordnet werde, ergebe sich jedenfalls ein Anspruch auf – ebenfalls bedarfsunabhängige – Zulassung als „wohnortnahe Einrichtung” iS des § 40 Abs 1 SGB V in seiner ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung.

Die Beklagten halten die Anschlußrevision der Klägerin für unbegründet. Eine Zulassung der Klägerin als wohnortnahe Einrichtung scheide aus, weil auch hier der Bedarf zu prüfen sei. Dieser sei durch zugelassene voll- und teilstationäre Einrichtungen bereits gedeckt.

Die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 7) beantragen,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. März 1999 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 27. Mai 1998 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

  1. die Revisionen der Beklagten zurückzuweisen,
  2. die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. März 1999 und des SG Düsseldorf vom 27. Mai 1998 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 1997 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, mit der Klägerin einen Versorgungsvertrag gemäß § 111 Abs 2 SGB V über die Durchführung teilstationärer Leistungen in den Indikationsgebieten Orthopädie (60 Behandlungsplätze) und Neurologie (40 Behandlungsplätze) abzuschließen,

    hilfsweise,

    die Klägerin als ambulante wohnortnahe Reha-Einrichtung iS des § 40 SGB V zuzulassen.

Die Beklagten beantragen,

die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.

II

Die Revisionen der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 7) sind unbegründet. Die Anschlußrevision der Klägerin hat hingegen Erfolg. Sie hat gemäß ihrem Hilfsantrag einen Anspruch auf Zulassung (durch Verwaltungsakt) zur Versorgung der Versicherten mit Leistungen der ambulanten (einschließlich teilstationären) Reha als „wohnortnahe Einrichtung” iS des § 40 Abs 1 SGB V in seiner ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung (nF). Ein Anspruch auf Zulassung mittels Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V (Hauptantrag) besteht dagegen nicht.

1. Der Zulässigkeit der Revisionen der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 7) steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 4) keine Revision eingelegt hat. Die Beklagten sind zwar, wie sich aus § 111 Abs 2 Satz 1 iVm § 213 Abs 2 SGB V ergibt, notwendige Streitgenossen (so auch BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 und BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 zu § 109 SGB V). Die Entscheidung über den Abschluß eines Versorgungsvertrags mit einer Vorsorge- oder Reha-Einrichtung kann nur gemeinsam ergehen. Wenn auch bezüglich der Wahrung von Fristen und Terminen säumige Streitgenossen durch die nicht säumigen vertreten werden, bedeutet dies nicht, daß alle Streitgenossen nur gemeinsam Rechtsmittel einlegen können oder der sich nicht anschließende Streitgenosse durch das Rechtsmittel der anderen ebenfalls zum Rechtsmittelführer würde (vgl Hartmann in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, 58. Aufl 2000, § 62 RdNr 26). Der notwendige Streitgenosse ist nur am Verfahren zu beteiligen; notwendig ist er auch Rechtsmittelgegner. Die Revision der Klägerin trägt dem Rechnung.

2. Am Verfahren sind alle notwendigen Streitgenossen beteiligt. Die angefochtenen Entscheidungen sind von allen nach § 111 Abs 1 SGB V zu beteiligenden Kassenverbänden getroffen worden, wobei die See-Krankenkasse nicht mitgewirkt hat. Die See-Krankenkasse wird zwar als Spitzenverband in § 213 Abs 1 SGB V aufgeführt, nicht aber als Landesverband in § 207 SGB V. Die See-Krankenkasse zählt nicht zu den Kassen, die gleichzeitig auch Aufgaben eines Landesverbands wahrnehmen, wie es bei den Beklagten zu 5) bis 7) der Fall ist (so bereits BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 zu § 109 SGB V).

3. Der Revision der Klägerin läßt sich nicht entgegenhalten, die Klage sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil die Klägerin als Gesellschaft mit dem Zweck des Klinikbetriebs zwar wirksam errichtet sei, sie aber den Betrieb der Klinik noch nicht aufgenommen habe. Die vorherige Aufnahme des Betriebs der Klinik kann deshalb nicht verlangt werden, weil Kliniken ohne Zulassung zur Versorgung der Versicherten wegen der zu erwartenden Anfangsverluste in der Regel wirtschaftlich nicht überleben können. Der Anspruch auf Zulassung durch Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V oder durch Verwaltungsakt setzt deshalb nicht voraus, daß bereits vor der Zulassung eine Vorsorge- oder Reha-Einrichtung betrieben wird. Die Krankenkassen bzw Kassenverbände müssen dann, wenn dies – wie hier – nicht der Fall ist, allein auf der Grundlage der vorgelegten Planung und Konzeption der Einrichtung über die Zulassung entscheiden (vgl BSGE 81, 189 = SozR 3-2500 § 111 Nr 1).

Das Rechtsschutzinteresse für die Klage entfällt auch nicht wegen der noch nicht erteilten gewerberechtlichen Konzession für den Betrieb der „Privatklinik” nach § 30 Gewerbeordnung (GewO). Zwar kann der Betrieb der Tagesklinik erst nach Erteilung dieser Konzession aufgenommen werden, was dazu führt, daß die Versorgung der Versicherten mit Reha-Leistungen auch erst nach diesem Zeitpunkt einsetzen kann. Die Erteilung der gewerberechtlichen Konzession ist aber keine tatbestandliche oder fachliche Voraussetzung für die Kassenzulassung, sondern nur Voraussetzung für die tatsächliche Nutzung der erteilten Zulassung. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Klägerin diese Konzession versagt würde.

4. Das angefochtene Urteil ist auch nicht schon wegen unterbliebener notwendiger Beiladung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde aufzuheben. Das Unterlassen einer nach § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendigen Beiladung wäre allerdings ein Verfahrensmangel, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten wäre (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 75 RdNr 13a; zur Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren vgl § 168 Satz 2 SGG). § 75 Abs 2, 1. Alt SGG wäre erfüllt, wenn der Rechtsstreit über den Abschluß eines Versorgungsvertrags auch der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde bzw deren Rechtsträger gegenüber notwendigerweise nur einheitlich entschieden werden kann. Die Landesbehörde ist aber am Abschluß des Versorgungsvertrags nicht beteiligt. Nach § 111 Abs 4 Satz 3 SGB V ist mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde nur Einvernehmen über Abschluß und Kündigung des Versorgungsvertrags anzustreben. Der Pflicht der Kassenverbände zur Herstellung des Einvernehmens mit der Landesbehörde entspricht nur ein verfahrensrechtlicher Beteiligungsanspruch dieser Behörde, nicht aber ein Mitentscheidungsrecht.

5. Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag allerdings zu Unrecht den Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V. Sie meint, als teilstationäre Reha-Einrichtung biete sie „stationäre Behandlung” iS des § 111 SGB V bzw „stationäre Reha” iS des § 40 Abs 2 SGB V an. Das trifft nicht zu. Der Begriff „stationär” ist in beiden Vorschriften als „vollstationär” zu verstehen. Vollstationäre Behandlung ist aber nach den Planungsunterlagen der Klägerin ausdrücklich ausgeschlossen.

Maßgeblich für die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (Hauptantrag) bzw Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Hilfsantrag) ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht (BSGE 41, 38 = SozR 2200 § 1418 Nr 2; BSGE 43, 1 = SozR 2200 § 690 Nr 4; BVerwGE 29, 304; st Rspr; Meyer-Ladewig, aaO § 54 RdNr 34). Dies gilt um so mehr, als die Zulassungsentscheidung statusbegründenden Charakter hat und nur für die Zukunft wirkt (BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 zu § 109 SGB V). Anzuwenden sind daher die Regelungen des § 40 Abs 1 und 2 SGB V in der Fassung durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S 2657) zur „GKV-Gesundheitsreform 2000” mit Wirkung ab 1. Januar 2000 und des § 111 Abs 1 und 2 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266). Danach gilt folgendes: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Reha-Leistungen in Reha-Einrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Reha erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen (§ 40 Abs 1 SGB V nF). Reicht die ambulante Reha nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Reha mit Unterkunft und Verpflegung in einer Reha-Einrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 40 Abs 2 SGB V nF). Nach § 111 Abs 1 SGB V dürfen Krankenkassen medizinische Leistungen zur Vorsorge (§ 23 Abs 4 SGB V) oder Reha einschließlich der Anschlußheilbehandlung (§ 40 SGB V), die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, nur in Vorsorge- oder Reha-Einrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam schließen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen einheitliche Versorgungsverträge über die Durchführung der in Abs 1 genannten Leistungen mit Vorsorge- oder Reha-Einrichtungen, die die Anforderungen des § 107 Abs 2 SGB V erfüllen und für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ihrer Mitgliedskassen mit stationären medizinischen Leistungen zur Vorsorge oder Reha einschließlich der Anschlußheilbehandlung notwendig sind (§ 111 Abs 2 Satz 1 SGB V). Nach § 107 Abs 2 Nr 2 SGB V erfolgt Reha „vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen”, um den Gesundheitszustand des Patienten zu verbessern und ihm bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen.

Nach dem Regelungssystem des SGB V werden die „teilstationären Reha-Leistungen” nunmehr von dem Begriff „ambulante Reha” umfaßt (§ 40 Abs 1 SGB V). Die „stationäre Reha” iS des § 40 Abs 2 SGB V ist demgemäß allein die „vollstationäre Reha”. Diese Zuordnung wird durch die historische Entwicklung bestätigt:

(1) Anders als bei Krankenhäusern (§ 39 SGB V), Hospizen (§ 39a SGB V) und Pflegeeinrichtungen (§§ 41, 43 Sozialgesetzbuch Elftes Buch ≪SGB XI≫) unterscheidet das Gesetz bei der medizinischen Reha in der gesetzlichen Krankenversicherung nach wie vor nicht nach ambulanter, teilstationärer und vollstationärer Versorgung. § 40 SGB V differenziert lediglich zwischen ambulanter und stationärer Reha; § 111 SGB V spricht ausschließlich von „stationärer” Behandlung.

Dabei verwendet das Gesetz den Begriff „teilstationäre Reha” andernorts durchaus (zB § 33 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch ≪SGB VII≫). Auch in der Reha-Literatur wird zwischen ambulanter, teilstationärer und stationärer Reha unterschieden, wobei die teilstationäre Reha eher nahe der ambulanten Reha gesehen wird und der Komplex ambulante/teilstationäre Reha mit dem Komplex stationäre (dh vollstationäre) Reha, der in der Praxis bisher den weitaus größten Teil aller Reha-Maßnahmen abdeckt, verglichen wird. Anbieter ambulanter/teilstationärer Reha werden häufig mit dem Begriff „Reha-Zentrum”, Anbieter vollstationärer Reha mit dem Begriff „Reha-Klinik” belegt (vgl Maier-Riehle/Schliehe, Rehabilitation 38 Suppl 1 (1999), S 3 ff).

Ambulante und teilstationäre Formen der Reha, die es zwar immer schon gab, in der Vergangenheit aber wenig verbreitet waren, finden in den letzten Jahren zunehmend Beachtung und gewinnen auch für die Praxis der Versicherungsträger steigende Bedeutung (Maier-Riehle/Schliehe, S 3; Muthny/Berndt/Gradaus/Schweidtmann, Rehabilitation 38 (1999), S 72; vgl auch die „Gemeinsame Erklärung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Rentenversicherungsträger über eine Zusammenarbeit beim bedarfsgerechten Ausbau der ambulanten medizinischen Rehabilitation” vom 18. Mai 2000, KrV 2000, 211). Diese Entwicklung hat den Gesetzgeber veranlaßt, zum 1. Januar 2000 eine Neuabgrenzung zwischen Krankenbehandlung, Vorsorge und Reha vorzunehmen, die eigenständige Bedeutung der Reha hervorzuheben und die ambulante Reha zu stärken (BT-Drucks 14/1245 S 57 Nr 7; BT-Drucks 14/1977 S 150).

(2) Nach § 40 Abs 1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 1999 gültigen Fassung (aF) konnten die Krankenkassen lediglich Maßnahmen in Form einer ambulanten Reha-Kur gewähren, wenn bei dem Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung einschließlich ambulanter Reha-Maßnahmen nicht ausreichte. Für den Anspruch auf ambulante Reha-Maßnahmen gab es – mit Ausnahme der ambulanten Reha-Kur (früher: freie Badekur) – bis Ende 1999 keine eigenständige Rechtsgrundlage. Der Anspruch wurde nicht von § 40 SGB V erfaßt, sondern aus § 27 Abs 1 SGB V abgeleitet (Heilmittel nach Nr 3; andere medizinische und ergänzende Leistungen zur Reha einschließlich Belastungserprobung und Arbeitstherapie nach Nr 6). Mit der ab 1. Januar 2000 geltenden neuen Fassung des § 40 Abs 1 SGB V ist erstmals eine Rechtsgrundlage für alle ambulanten Reha-Maßnahmen geschaffen worden. Dabei sind die früheren ambulanten Reha-Kuren jetzt der Vorsorge zugeordnet (§ 23 Abs 2 SGB V nF, vgl BT-Drucks 14/1245 S 66 zu Nr 21).

Bereits die nach § 40 Abs 1 SGB V aF mögliche „ambulante” Reha-Kur war keine „ambulante” Reha-Maßnahme im eigentlichen Sinne. Obgleich der Versicherte sich tagsüber in der Reha-Einrichtung zur Kur aufhielt – nachts und an den kurfreien Tagen (Wochenende, Feiertage) war er entweder zu Hause oder in einem Hotel –, es sich also der Sache nach um teilstationäre Reha handelte, wurde dies als „ambulante” und nicht als teilstationäre Kur bezeichnet. Erst wenn eine solche „ambulante” Kur nicht ausreichte, konnte die Krankenkasse „stationäre Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Reha-Einrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht” (§ 40 Abs 2 SGB V aF). Daraus folgt, daß bereits § 40 Abs 2 SGB V aF nur die vollstationäre Behandlung erfaßte.

Die Anspruchsdauern waren identisch geregelt. Die Kuren nach Abs 1 und die vollstationären Maßnahmen nach Abs 2 wurden grundsätzlich für längstens drei Wochen erbracht (§ 40 Abs 3 SGB V aF).

(3) § 40 Abs 1 SGB V nF spricht nicht mehr von Reha-Kuren, sondern generell von „ambulanten Reha-Leistungen”. Erbracht werden sie grundsätzlich in „Reha-Einrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht”. Gemeint sind alle ambulanten (einschließlich teilstationären) Reha-Maßnahmen, also Leistungen, die sich nicht auf die Abgabe einzelner Heilmittel (zB 10 Einheiten Krankengymnastik) beschränken und daher mehr sind als ambulante Krankenbehandlung. Entsprechend der Neuabgrenzung zwischen Krankenbehandlung und Reha fällt die isolierte Abgabe von Heilmitteln nur noch unter die Krankenbehandlung. Daß einzelne Maßnahmen in Form von Heilmitteln nicht gemeint sein können, ergibt sich auch daraus, daß die Ansprüche nach Abs 1 weiterhin nach der Behandlungsdauer, nicht aber nach Einheiten bemessen werden (nunmehr: längstens 20 Behandlungstage, § 40 Abs 3 Satz 2 SGB V nF, mit Rücksicht darauf, daß der Versicherte an Wochenenden und Feiertagen, anders als bei vollstationärer Unterbringung, zu Hause ist und nicht behandelt wird) und jetzt auch eine Zuzahlung von 17 DM pro Tag für die Leistungen nach Abs 1 eingeführt worden ist (§ 40 Abs 5 SGB V nF), also eine Gleichbehandlung mit vollstationärer Pflege in Krankenhäusern (§ 39 Abs 4 SGB V) und mit vollstationärer Reha (§ 40 Abs 5 SGB V aF und § 40 Abs 5 SGB V nF) erfolgt.

Die teilstationäre Reha wird also auch hier unter dem Begriff ambulante Reha erfaßt; auch § 40 Abs 2 SGB V nF meint daher bei „stationärer Reha” allein die vollstationäre Unterbringung. Sie wird, wie bisher, grundsätzlich nur für drei Wochen erbracht (§ 40 Abs 3 Satz 2 SGB V).

(4) Da der Begriff „stationär” in § 40 Abs 2 SGB V nF nur als „vollstationär” verstanden werden kann, weil „teilstationär” hier einen Unterfall von „ambulant” bildet, muß auch der Begriff „stationär” in § 111 SGB V als „vollstationär” ausgelegt werden. Vollstationäre Reha konnte immer schon nur in (vollstationären) Einrichtungen erbracht werden, mit denen ein Vertrag nach § 111 SGB V bestand (§ 40 Abs 2 SGB V aF und nF), während die ambulanten Reha-Kuren nach § 40 Abs 1 SGB V aF nicht auf Einrichtungen nach § 111 SGB V beschränkt waren. Diese Differenzierung ist in § 23 SGB V nF, dem die früheren ambulanten Reha-Kuren als ambulante Vorsorgekuren nunmehr zugeordnet sind (§ 23 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 3 SGB V nF), beibehalten worden. Die ambulanten Vorsorgekuren finden nach § 23 Abs 2 Satz 1 SGB V nF zwar in „anerkannten Kurorten” statt, eine nähere Bestimmung der Vorsorgeeinrichtungen gibt es in dieser Vorschrift jedoch nicht. Bei vollstationärer medizinischer Vorsorgebehandlung hat der Gesetzgeber hingegen, wie in § 40 Abs 2 SGB V nF, die Leistungserbringung in Vorsorgeeinrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht, vorgeschrieben (§ 23 Abs 4 SGB V nF).

Die „ambulante” Reha nach § 40 Abs 1 SGB V nF kann nunmehr ebenfalls grundsätzlich nur in Einrichtungen nach § 111 SGB V erbracht werden, aber auch – bei Bedarf – in den in § 40 Abs 1 SGB V nF erstmals erwähnten „wohnortnahen Einrichtungen”, also Einrichtungen, die nicht ein vollstationäres Angebot bereithalten und nicht nach § 111 SGB V zugelassen sind (und auch nicht danach zugelassen werden können). Wohnortnahe Einrichtungen sind nach dem Sprachgebrauch der Reha-Literatur die oben erwähnten Reha-Zentren (im Gegensatz zu den vollstationären Reha-Kliniken).

Eine Zulassung der geplanten Einrichtung der Klägerin nach § 111 SGB V scheidet mangels vollstationärem Leistungsangebot somit schon aus Rechtsgründen aus, ohne daß es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage des Bedarfs für diese Einrichtung ankommt.

6. Der im Revisionsverfahren erstmals gestellte Hilfsantrag, die Beklagten zu verurteilen, die Klägerin als ambulante wohnortnahe Reha-Einrichtung iS des § 40 SGB V zuzulassen, ist zulässig. Der Antrag ist nicht als eine nach § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung einzustufen. Das Verbot der Klageänderung steht nicht einer Änderung der Rechtsausführungen entgegen, die ohne neue Tatsachenwürdigung allein einer inzwischen eingetretenen Rechtsänderung Rechnung tragen und den Antrag entsprechend modifizieren. Im vorliegenden Fall verfolgte die Klägerin stets das Ziel, von den Beklagten zur Versorgung der Versicherten mit teilstationären Reha-Leistungen zugelassen zu werden, wobei die Form der Zulassung, nämlich durch Versorgungsvertrag oder Verwaltungsakt, zweitrangig war. Die Klägerin sah, ebenso wie die Beklagten, zumindest in der Vergangenheit den Abschluß eines Versorgungsvertrags für eine „stationäre” Einrichtung gemäß § 111 SGB V als nach dem Gesetz einzig denkbare Form der Zulassung an. Sonstige Möglichkeiten, etwa die Zulassung durch Verwaltungsakt analog § 124 SGB V (Zulassung der Erbringer von Heilmitteln), wurden von allen Beteiligten nicht in Betracht gezogen, waren aber vom Willen der Klägerin umfaßt. Zu diesen sonstigen Möglichkeiten zählt seit dem 1. Januar 2000 die Zulassung „wohnortnaher Einrichtungen” zur Versorgung mit ambulanten Reha-Leistungen. Mit ihrem Hilfsantrag hat die Klägerin lediglich diese neue Möglichkeit aufgenommen, ohne dabei ihr Klageziel, die Zulassung zur Versorgung der Versicherten mit Leistungen der teilstationären Reha, zu ändern. Den ergänzenden rechtlichen Ausführungen der Klägerin lagen auch nur die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG zum Sachverhalt zugrunde.

7. Die Revision der Klägerin ist in der Form ihres Hilfsantrages begründet. Sie hat einen Anspruch auf Zulassung zur Versorgung der Versicherten mit Leistungen der ambulanten (einschließlich teilstationären) Reha in den Indikationsbereichen Orthopädie und Neurologie, und zwar als „wohnortnahe Einrichtung” iS des § 40 Abs 1 SGB V nF. Die Zulassung geschieht durch Verwaltungsakt eines jeden Beklagten.

(1) Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2000 eine eigene Rechtsgrundlage für den Anspruch auf ambulante (einschließlich teilstationäre) Reha-Maßnahmen geschaffen (§ 40 Abs 1 SGB V nF). Danach besteht unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, ambulante medizinische Reha-Leistungen statt in nach § 111 SGB V zugelassenen vollstationären Einrichtungen in wohnortnahen Einrichtungen zu erhalten. Zu dieser Vorschrift des individuellen Leistungsrechts gibt es indes keine korrespondierende Vorschrift des Leistungserbringerrechts.

Im SGB V sind die Beziehungen der Kassen und Kassenverbände zu den nicht nach § 111 SGB V zugelassenen Anbietern ambulanter Reha-Leistungen nicht eigenständig geregelt. Die §§ 69 bis 140h SGB V normieren zwar umfassend die „Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern”, befassen sich aber im Bereich der Reha nur mit der stationären (dh vollstationären) Reha (§ 111 SGB V). Wie die Zulassung ambulanter und teilstationärer Reha-Anbieter zu erfolgen hat, ist nicht geregelt. Die Praxis hat sich in der Vergangenheit für die teilstationäre Reha damit beholfen, daß sie diese als Unterfall der stationären Reha behandelt und deshalb – bei Bedarf – Versorgungsverträge nach § 111 SGB V abgeschlossen hat. Anbieter einzelner Reha-Maßnahmen sind nach § 124 SGB V wie Erbringer von Heilmitteln zugelassen worden.

Für die ambulante (einschließlich teilstationäre) Reha nach § 40 Abs 1 SGB V nF war zwar in § 125a des Gesetzentwurfs zur GKV-Gesundheitsreform 2000 der Abschluß von Versorgungsverträgen vorgesehen; der Entwurf ist aber nicht Gesetz geworden. Wie die Zulassung der in § 40 Abs 1 SGB V nF erstmals erwähnten „wohnortnahen Einrichtungen” zu erfolgen hat, bleibt daher im Gesetz offen. § 40 Abs 1 des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 14/1245 S 6) sah noch folgendes vor: „Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche Leistungen in Form einer ambulanten Reha in einer Einrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 125a besteht”. § 125a Abs 1 des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 14/1245 S 20) lautete: „Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen schließen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen Versorgungsverträge über die Durchführung der in § 40 Abs 1 genannten ambulanten Leistungen der Reha mit Reha-Einrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht und die für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ihrer Mitgliedskassen mit medizinischen Leistungen der ambulanten Reha einschließlich der Anschluß-Reha notwendig sind. Soweit dies für die Erbringung wohnortnaher ambulanter Reha erforderlich ist, können Verträge nach Satz 1 auch mit Einrichtungen geschlossen werden, die die in Satz 1 genannten Voraussetzungen erfüllen, ohne daß für sie ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht.” Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens ist die vorgesehene Regelung des § 125a gestrichen worden, um sicherzustellen, daß die GKV-Gesundheitsreform 2000 ohne die Zustimmung des Bundesrates verabschiedet werden konnte; denn aufgrund des Inhalts des § 125a wäre die Reform wegen fehlender alleiniger Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art 84 GG) nicht zustimmungsfrei zu verwirklichen gewesen. Die Möglichkeit der Versorgung in wohnortnahen Einrichtungen, die nach dem Gesetzentwurf in § 125a geregelt werden sollte und sich über die Bezugnahme auf diese Vorschrift in § 40 Abs 1 des Entwurfs im Leistungsrecht nur mittelbar wiederfand, ist in der dann verabschiedeten Gesetzesfassung ausschließlich im Leistungsrecht (§ 40 Abs 1 SGB V nF), nicht aber mehr im Leistungserbringerrecht geregelt worden.

(2) Da der Leistungsanspruch der Versicherten aber zu erfüllen ist, besteht eine Pflicht zur Ausfüllung der – nach vorstehenden Ausführungen bewußten – Regelungslücke bezüglich der Zulassung wohnortnaher Einrichtungen. Dies geschieht in entsprechender verfassungskonformer Anwendung der bestehenden Grundsätze des Leistungserbringerrechts.

Teilstationäre Reha-Einrichtungen sind danach zuzulassen, wenn sie die – auch für vollstationäre Reha-Einrichtungen maßgeblichen – personellen und fachlichen Voraussetzungen des § 107 Abs 2 Nr 2 SGB V erfüllen und zu einer leistungsfähigen, wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten (§ 111 Abs 2 Nr 2, § 70 Abs 1 und § 2 Abs 4 SGB V) in der Lage sind. Das ist hier der Fall. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt die Klägerin mit ihrer geplanten Reha-Tagesklinik die personellen, sachlichen und räumlichen Voraussetzungen für eine sachgerechte und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit teilstationären Reha-Leistungen.

(3) Die Zulassung hat durch einen Verwaltungsakt zu erfolgen. Leistungserbringer werden grundsätzlich durch Verwaltungsakt zur Leistungserbringung zugelassen (vgl Schmitt in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 Krankenversicherungsrecht (1994), § 30 RdNr 21, und Neumann, aaO, Bd 4 Pflegeversicherungsrecht (1997), § 21 RdNr 2). Soweit die Zulassung ausnahmsweise durch Abschluß eines Versorgungsvertrags zu geschehen hat, ist dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet (zB §§ 109, 111 SGB V, § 72 SGB XI). Da eine solche ausdrückliche Bestimmung hier fehlt, ist auf die allgemeine Regelung zurückzugreifen.

(4) Eine Bedarfsprüfung, wie sie in § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V für die Zulassung vollstationärer Reha-Einrichtungen vorgesehen ist („für eine bedarfsgerechte … Versorgung … notwendig”), findet bei verfassungskonformer Lückenausfüllung für die Zulassung wohnortnaher Einrichtungen zur ambulanten (einschließlich der teilstationären) Versorgung mit Reha-Leistungen nicht statt. Jede Einschränkung der Zulassung nach Bedarfsgesichtspunkten stellt einen Eingriff in das durch Art 12 Abs 1 Satz 1 GG geschützte Grundrecht der Berufsfreiheit dar. Dabei geht es, wie vom erkennenden Senat bereits entschieden, im Bereich der Reha – anders als im Krankenhausbereich, wo auch die Berufswahlfreiheit betroffen ist – wegen der fehlenden Monopolstellung der Krankenkassen (§ 40 Abs 4 SGB V) hier nur um die Berufsausübungsfreiheit der Anbieter (BSGE 81, 189 = SozR 3-2500 § 111 Nr 1). Einschränkungen des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Gründen des Gemeinwohls sind nach Art 12 Abs 1 Satz 2 GG jedoch auch bezüglich der Berufsausübungsfreiheit nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig. Derartige die Berufsfreiheit einschränkende gesetzliche Regelungen gibt es auf dem Gebiet der Zulassung wohnortnaher Einrichtungen iS des § 40 Abs 1 SGB V nF nicht. Nach § 125a des Gesetzentwurfs war eine Bedarfsprüfung nur vorgesehen. Sowohl mit den Einrichtungen, die nach § 111 SGB V als vollstationäre Einrichtungen ohnehin bereits durch einen Versorgungsvertrag zugelassen waren, als auch mit den über einen solchen Vertrag nicht verfügenden wohnortnahen Einrichtungen sollte danach ein gesonderter Versorgungsvertrag abgeschlossen werden, soweit „diese für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten … notwendig sind”. Für die nach § 111 SGB V zugelassenen vollstationären Einrichtungen ergab sich dies unmittelbar aus Satz 1 des § 125a Abs 1 des Entwurfs; für die wohnortnahen Einrichtungen folgte dies aus der Bezugnahme in Satz 2 auf Satz 1 der Vorschrift („können Verträge nach Satz 1 auch mit Einrichtungen geschlossen werden, die die in Satz 1 genannten Voraussetzungen erfüllen, ohne daß für sie ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht”).

Die in § 40 Abs 1 SGB V nF vorgeschriebene Prüfung betrifft nicht die Zulassung der Leistungserbringer, sondern allein den Leistungsanspruch der Versicherten. Gemäß § 40 Abs 3 Satz 1 SGB V nF bestimmen die Krankenkassen nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführungen der Reha-Leistungen nach § 40 Abs 1 und 2 SGB V nF sowie auch die beauftragte Reha-Einrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Krankenkassen bestimmen daher in diesem Rahmen, ob eine ambulante bzw teilstationäre Reha-Maßnahme im Einzelfall in einer nach § 111 SGB V durch Versorgungsvertrag zugelassenen Reha-Einrichtung oder – „soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten erforderlich ist” (§ 40 Abs 1 SGB V nF) – in einer wohnortnahen Einrichtung durchzuführen ist, wobei den Wünschen der Versicherten nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist (§ 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ≪SGB I≫). Aus dem Verzicht auf die in § 125a des Gesetzentwurfs vorgesehene Regelung für den Abschluß von Versorgungsverträgen mit Reha-Einrichtungen über die Erbringung von Leistungen der ambulanten bzw teilstationären Reha folgt, daß dies auch für die Einschränkung der Zulassung nach dem Bedarf gilt. Eine analoge Anwendung des § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V scheidet danach aus. Die Rechtslage gleicht damit derjenigen bei der Zulassung stationärer Pflegeeinrichtungen nach dem SGB XI, wo ebenfalls eine Bedarfsprüfung nicht stattfindet (§ 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI).

Auf die Frage, ob Gründe des Gemeinwohls die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit durch eine Bedarfsprüfung rechtfertigen könnten (zweifelnd bereits Urteil des Senats vom 19. November 1997 – 3 RK 1/97BSGE 81, 189 = SozR 3-2500 § 111 Nr 1) und welche Gründe hier in Betracht zu ziehen wären, kommt es somit nicht an.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Der Senat hat berücksichtigt, daß die Klage aufgrund gesetzlicher Vorschriften begründet ist, die erst im Laufe des Revisionsverfahrens, nämlich zum 1. Januar 2000, wirksam geworden sind. Daher war für das Revisionsverfahren eine Kostenerstattung zugunsten der Klägerin angebracht. Die Kostenerstattung war hier ohne Einschränkung anzuordnen, weil die Klägerin trotz der Abweisung ihres Hauptantrags wirtschaftlich ihr Ziel ohne Abstriche erreicht hat. Für den ersten und zweiten Rechtszug erschien es dagegen angemessen, von der Anordnung einer Kostenerstattung abzusehen. Denn die insoweit maßgebliche Frage, ob die Klage ohne die Rechtsänderung, also nach der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Rechtslage, Erfolg gehabt hätte, muß offenbleiben. Es besteht im Rahmen einer Kostenentscheidung grundsätzlich kein Anlaß, über eine für die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr relevante Rechtsfrage abschließend zu befinden. Auch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs oder Mißerfolgs der Klage nach altem Recht war nicht festzustellen. Insbesondere muß offenbleiben, ob ein Rechtsanspruch der Versicherten auf teilstationäre Reha-Maßnahmen bis zum 31. Dezember 1999 bestanden hat, ob Anbieter teilstationärer Reha-Leistungen entsprechend § 111 Abs 2 SGB V nur bei Bedarf zuzulassen waren, ob im vorliegenden Fall für die Zulassung der Klägerin ein Bedarf bestanden hätte und, falls dies zu verneinen gewesen wäre, ob die Bedarfsprüfung eine verfassungsrechtlich zulässige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit darstellen würde.

 

Fundstellen

BSGE, 14

NZS 2001, 357

KHuR 2000, 131

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