Leitsatz

1. Es wird daran festgehalten, dass der Gewinn aus der Veräußerung einer in Großbritannien belegenen Immobilie nach dem DBA-Großbritannien 1964/1970 in Deutschland besteuert werden darf, wenn die Veräußerung nach britischem Steuerrecht nur dazu führt, dass zuvor gewährte Abschreibungen auf Teile der Immobilie rückgängig gemacht werden – "Claw-back-Besteuerung" – (Bestätigung des Senatsurteils vom 9. Dezember 2010, I R 49/09, BFHE 232, 145, BStBl II 2011, 482).

2. Der wegen materiell fehlerhafter Feststellungserklärung eines Investmentfonds gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004 a.F. vom Finanzamt gesondert festzustellende Unterschiedsbetrag ist auf einen Investmentanteil zu beziehen. Maßgeblich für die Berechnung ist die Zahl der umlaufenden Anteile zum Schluss desjenigen Geschäftsjahrs, in welchem der materielle Fehler eingetreten ist.

3. Der festzustellende Unterschiedsbetrag ist jedenfalls dann, wenn der Feststellungsbescheid erst nach dem 31. Dezember 2017 unanfechtbar wird, nicht im Wege eines Billigkeitserweises deshalb herabzusetzen, weil die Zahl der umlaufenden Fondsanteile sich nach dem Schluss des Geschäftsjahrs, in dem der materielle Fehler eingetreten ist, infolge einer Verschmelzung mit einem anderen Fonds signifikant erhöht hat.

 

Normenkette

Art. VIII Abs. 1, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a DBA-Großbritannien 1964/1970, § 13 Abs. 4 InvStG 2004 a.F., § 13 Abs. 4a, Abs. 4b InvStG 2004 i.d.F. des InvStRefG, § 163 Abs. 1 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein inländisches Investmentvermögen (Investmentfonds) i.S.d. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 InvStG 2004 i.d.F. des JStG 2008 (InvStG 2004 a.F.). Er reichte am 25.1.2008 die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 13 Abs. 2 InvStG 2004 a.F. für die Endausschüttung vom 7.1.2008 betreffend das vom 1.10.2006 bis 30.9.2007 laufende Geschäftsjahr beim FA ein.

Dabei ging der Kläger für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 InvStG 2004 a.F.) davon aus, dass der aus der Veräußerung einer in GB belegenen Immobilie erzielte Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 InvStG 2004 a.F. i.V.m. dem DBA-Großbritannien 1964/1970 von der Besteuerung im Inland freigestellt sei. Bezogen auf die zum 30.9.2007 umlaufenden Anteile am Kläger von ... Stück entsprach dies einem Betrag i.H.v. ... EUR je Anteil. Die erklärten Besteuerungsgrundlagen wurden am 20.12.2007 mit dem Jahresbericht im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Zum Stichtag 30.9.2009 wurde das Sondervermögen eines weiteren Investmentfonds auf das Investmentvermögen des Klägers verschmolzen. Die zum Verschmelzungsstichtag im Umlauf befindlichen Anteile des Klägers erhöhten sich dadurch zum 1.10.2009.

Das FA war der Auffassung, der durch den Verkauf des Grundstücks erzielte Veräußerungsgewinn sei im Inland nicht steuerfrei. Es erließ daher am 14.12.2012 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 13 Abs. 4 Satz 1 InvStG 2004 a.F. für das Investmentvermögen des Klägers zur gesonderten Feststellung vom 25.1.2008. Es verminderte die Einkünfte, die aufgrund von DBA steuerfrei sind, um den Unterschiedsbetrag pro Anteil und stellte diesen als Bemessungsgrundlage für die 30 %-ige Zinsabschlagsteuer fest. Die Klage war erfolglos (Vorinstanz: Hessisches FG, Urteil vom 20.1.2015, 4 K 1918/13, Haufe-Index 7700545).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers (unter gleichzeitiger Ablehnung eines Terminverlegungsantrags) als unbegründet zurück. Dabei ist allerdings zu beachten, dass eine gesetzliche Übergangsregelung seinen (berechtigten?) Bedenken Rechnung trägt.

 

Hinweis

1. Es geht zunächst um eine abkommensrechtliche Frage: Besteht das deutsche Besteuerungsrecht für einen in Großbritannien erzielten "Veräußerungsgewinn"?

Wird diese Frage bejaht, standen für die klagende Investmentgesellschaft Folgewirkungen zum Zinsabschlag im Raum. Diese waren dadurch beeinflusst, dass in der zeitlichen Abfolge vor der belastenden Änderung durch das FA infolge einer Verschmelzung von Investmentvermögen eine deutliche Erhöhung der Anteilszahl eingetreten war. Wegen der zeitlichen Verschiebung der Wirkung des belastenden Unterschiedsbetrags (Minderung des zunächst als steuerfrei deklarierten und damit zinsabschlagfreien Betrags) drohte eine erhöhte Zinsabschlagsteuerlast. Die Zahl der Anleger, die später von der Korrektur nachteilig betroffen waren, konnte insoweit höher sein als die Zahl der Anleger, die zunächst von dem Fehler profitiert hatten.

2. Die abkommensrechtliche Frage wird vom BFH in der Weise beantwortet, dass er sich auf ein früheres Urteil bezieht und die an diesem zwischenzeitig durch die Literatur geübte Kritik zurückweist (vgl. Leitsatz 1: BFH, Urteil vom 9.12.2010, I R 49/09, BFH/NV 2011, 698, dazu Gosch, BFH/PR 2011, 206):

Mit der Claw-back-Besteuerung wird sowohl aus britischer Sicht als auch aus der Perspektive des deutschen Rechts nicht ein Gewinn aus der Veräußerung (der in Deutschland freizustellen wäre) erfasst, sondern nur die in der Vergangenheit vorgenommene Bes...

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