Rn 4

Von § 43 wird die echte Gesamtschuld[8] im Sinne der §§ 421 ff. BGB erfasst, bei der die Leistung eines Gesamtschuldners nach § 422 Abs. 1 BGB auch zugunsten des anderen Gesamtschuldners wirkt. § 43 gilt nach allgemeiner Ansicht auch für Fälle der sog. unechten Gesamtschuld, bei der – mangels Gleichrangigkeit bzw. Gleichstufigkeit der haftenden Schuldner – der Anspruch des Gläubigers erst dann erlischt, wenn der endgültig Verpflichtete leistet (z. B. der Dieb und die Diebstahlversicherung des Eigentümers).[9] Aus Sicht des Gläubigers ergeben sich bei wirtschaftlicher Betrachtung somit keine Unterschiede zwischen den beiden Varianten der Gesamtschuld im Insolvenzverfahren, weil es aus Sicht des Gläubigers auf die innere Verbindung zwischen den Verpflichteten nicht ankommen kann.

 

Rn 5

So haften etwa VEB-Nachfolgebetriebe auch nach einer Übernahme durch die seinerzeitige Treuhandanstalt weiterhin gesamtschuldnerisch mit der heutigen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) auf die aus den Zeiten der DDR stammenden Altverbindlichkeiten.[10]

 

Rn 6

Haften die einzelnen Gesamtschuldner in ungleicher Forderungshöhe, so wird eine Gesamtschuld zwischen den Beteiligten nur in Höhe des geringsten Betrages der gemeinsamen Haftung begründet.[11] Damit ist § 43 nach Ansicht des BGH[12] auch nur in entsprechender Höhe anwendbar. Ggf. entstehen aber weitere Gesamtschuldverhältnisse zwischen den übrigen Mitgliedern der Haftungseinheit, soweit diese gemeinsam für einen weitergehenden Teilbetrag haften.

 

Rn 7

 

Beispiel

Dem Gläubiger G haften für eine Verbindlichkeit von 200 EUR eines insolventen Schuldners S die (Höchstbetrags-)Bürgen A mit 50 EUR, B mit 80 EUR und C mit 100 EUR.

Die drei Bürgen A, B und C sind gemäß § 769 BGB hinsichtlich eines Teilbetrags von 50 EUR Gesamtschuldner; insoweit gilt im Insolvenzverfahren über das Vermögen jedes der drei Bürgen und hinsichtlich der während dieser Zeit erbrachten Teilleistungen für den Betrag von 50 EUR die Vorschrift des § 43. Darüber hinaus sind B und C hinsichtlich eines weiteren Teilbetrags von 30 EUR ebenfalls Gesamtschuldner. Zuletzt verbleibt die Haftung des C von 20 EUR. Daneben haftet S mit 200 EUR und damit im Sinne des § 43 jeweils auf das Ganze.

 

Rn 8

Der Ausdruck Teilgesamtschuld trifft insoweit nicht zu, weil genau genommen im genannten Beispiel unterschiedliche Gesamtschuldverhältnisse vorliegen. Zur Problematik von (Teil-)Leistungen der einzelnen Verpflichteten bei Vorliegen mehrerer Gesamtschuldverhältnisse siehe Rn. 35 ff.

[8] Diese kann vertraglich begründet (z. B. durch Schuldbeitritt) oder gesetzlich (z. B. Mittäterhaftung gemäß § 840 BGB) vorgegeben sein, vgl. auch MünchKomm-Bitter, § 43 Rn. 5.
[9] HambKomm-Lüdtke, § 43 Rn. 6 mit weiteren Nachweisen.
[10] LG Dresden ZIP 1995, 491 [LG Dresden 06.12.1994 - 41 O 804/94].
[11] BGH NJW 1969, 1165 [BGH 27.03.1969 - VII ZR 165/66]; MünchKomm BGB-Bydlinski, § 421 Rn. 5.
[12] BGH KTS 1997, 255 (256); Nerlich/Römermann-Andres, § 43 Rn. 9; a. A. (weiterhin in voller Höhe) Bitter, ZInsO 2003, 490 (492).

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