Gesetzestext

 

(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so sind nahestehende Personen:

1. der Ehegatte des Schuldners, auch wenn die Ehe erst nach der Rechtshandlung geschlossen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist;
1a. der Lebenspartner des Schuldners, auch wenn die Lebenspartnerschaft erst nach der Rechtshandlung eingegangen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist;[1]
2. Verwandte des Schuldners oder des in Nr. 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners in auf- und absteigender Linie und voll- und halbbürtige Geschwister des Schuldners oder des in Nr. 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners sowie die Ehegatten oder Lebenspartner dieser Personen;
3. Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben oder im letzten Jahr vor der Handlung in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner gelebt haben.

(2) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so sind nahestehende Personen:

1. die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners sowie Personen, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt sind;
2. eine Person oder eine Gesellschaft, die aufgrund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten;
3. eine Person, die zu einer der in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen in einer in Absatz 1 bezeichneten persönlichen Verbindung steht; dies gilt nicht, soweit die in Nr. 1 oder 2 bezeichneten Personen kraft Gesetzes in den Angelegenheiten des Schuldners zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Bisherige gesetzliche Regelungen

Keine.

[1] Abs. 1 Nr. 1a eingefügt durch Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) vom 16.2.2001 (BGBl. I, S. 266) mit Wirkung zum 1.8.2001. Die geringfügigen Änderungen des § 138 InsO aufgrund des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 sind bei der Kommentierung noch nicht beachtet.

1. Allgemeines

 

Rn 1

§ 138 definiert den Begriff "nahestehende Personen" und ist damit im Zusammenhang mit denjenigen Anfechtungsnormen zu lesen, die diesen Begriff als Tatbestandsvoraussetzung oder im Zusammenhang mit einer Beweislastregel beinhalten. Gemeint sind damit Personen, die zur Zeit der anfechtbaren Rechtshandlung aus persönlichen, gesellschaftsrechtlichen oder ähnlichen Gründen eine besondere Informationsmöglichkeit über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners hatten und wegen ihrer engen wirtschaftlichen oder persönlichen Bindung an diesen regelmäßig eher bereit sein werden, zum Schaden der übrigen Gläubiger mit ihm Verträge abzuschließen.[2]

 

Rn 2

Die einzelnen Tatbestände des § 138 enthalten systematische Schwächen (siehe Rn. 7) und decken die in der Praxis auftretenden Fälle bei weitem nicht ab. Daher sollte bei Rechtsstreitigkeiten möglichst umfangreicher Sachvortrag erfolgen, damit auf die Beweislastregeln des § 138 kein Bezug mehr genommen werden muss.[3]

[2] Vgl. die Beispiele bei Hess/Weis, Rn. 694 ff.
[3] Kirchhof, ZInsO 2001, 825 (830).

2. Näheverhältnisse bei natürlichen Personen (§ 138 Abs. 1)

 

Rn 3

§ 138 Abs. 1 regelt, wer als dem Schuldner nahe stehend anzusehen ist, wenn dieser eine natürliche Person ist. Zunächst ist nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 der Ehegatte des Insolvenzschuldners erfasst,[4] soweit eine wirksame Eheschließung i.S.d. §§ 1310 f. BGB (§§ 16 ff. EheG a.F.) bzw. der entsprechenden ausländischen Bestimmungen vorliegt. Die InsO erfasst – im Gegensatz zur Regelung des § 31 Nr. 2 KO – auch den früheren Ehegatten des Insolvenzschuldners, sofern die Ehe nicht früher als ein Jahr vor der anfechtbaren Rechtshandlung aufgelöst worden ist.[5] Damit wurde der nach altem Recht bestehende Widerspruch beseitigt, dass nach § 31 Nr. 2 KO die Verwandten des früheren Ehegatten im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung schlechter gestellt wurden als der Ehegatte selbst.[6] Die Begrenzung auf den Zeitraum von einem Jahr nach Auflösung der Ehe erklärt sich daraus, dass nach Ablauf dieser Zeit nicht mehr von einer besonderen Informationsmöglichkeit des geschiedenen Ehegatten ausgegangen werden kann.[7]

 

Rn 4

Durch Gesetzesänderung[8] zum 1.8.2001 wird nach § 138 Nr. 1a ein gleichgeschlechtlicher Partner genauso wie ein Ehegatte behandelt, wenn der Insolvenzschuldner mit diesem eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist[9]. Dieses eigenständige familienrechtliche Institut wurde geschaffen, um die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensformen abzubauen.[10] Insolvenzrechtlich ergeben sich kaum Unterschiede, weil solche Personen bisher[11] unter § 138 Abs. 1 Nr. 3 zu subsumieren waren. Die Änderung vereinfacht somit lediglich die Beweisführung.

 

Rn 5

§ 138 Abs. 1 Nr. 2 erfasst die Verwandtschaft und bezieht die (Ur-)Urgroßeltern, die Großeltern, die Eltern, die Kinder, die Enkelkind...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge