Entscheidungsstichwort (Thema)

Firmenrechtsfähigkeit einer Vor-GmbH/ähnliche Firmenbezeichnungen

 

Leitsatz (amtlich)

a) Die bereits durch Gesellschaftsvertrag gegründete, aber noch nicht eingetragene GmbH (Vor-GmbH) ist namens- und (bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen) firmenrechtsfähig. Auf den Prioritätszeitpunkt dieses Namens- bzw. Firmenschutzes kann die GmbH sich nach ihrer Eintragung berufen, wenn und soweit der Name auch in der Firma der GmbH verwendet wird.

b) Zur Frage der Verwechslungsgefahr bei der Kollision sehr ähnlicher Firmenbezeichnungen für Unternehmen mit weitem Branchenabstand.

 

Normenkette

BGB § 12; UWG § 16 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG München

LG München I

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 1990 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist durch Gesellschaftsvertrag vom 26. Juli 1984 gegründet und am 23. Oktober 1984 in das Handelsregister des Amtsgerichts M. eingetragen worden, und zwar mit Angaben zum Gegenstand des Unternehmens, die von „An und Verkauf von Waren und Objekten aller Art” u.a. über „Vermittlungsgeschäfte” u. ä. bis zur „Produktion von Film-, Fernseh- und Unterhaltungsprogrammen” und zu „Verlagsgeschäften sowie Groß-, Einzel- und Versandhandel aller Art” reichten. Sie führt die Firma „Columbus International GmbH”. Die Beklagte, die als „Columbus Capital Vermögensanlagen GmbH” firmiert, ist durch Gesellschaftsvertrag vom 6. August 1984 gegründet und am 11. September 1984 in das Handelsregister beim Amtsgericht M. eingetragen worden.

Die Klägerin hat unter Berufung darauf, daß sie ihre geschäftliche Tätigkeit unmittelbar nach ihrer Gründung begonnen habe und sich auch – ähnlich wie die Beklagte – mit vermögensrechtlichen Beratungen und Verwaltungen befasse, Namens- und Firmenschutz beansprucht. Sie hat beantragt, der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr bei der Verwaltung, dem Verkauf und Vertrieb sowie der Vermittlung von Kapitalanlagen jeglicher Art sowie bei der Erbringung aller in diesem Zusammenhang stehenden Dienstleistungen die Firma Columbus Capital Vermögensanlagen GmbH zu benutzen.

Außerdem hat sie Verurteilung zur Einwilligung in die Löschung des Firmenbestandteils „Columbus”, die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie Verurteilung zur Auskunftserteilung beantragt. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in erster Linie mit der Begründung versagt, sie könne Firmenrechtsschutz frühestens ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Handelsregister in Anspruch nehmen; daraus folge, daß die früher eingetragene Beklagte prioritätsälter und somit besser berechtigt sei.

Hilfsweise hat das Berufungsgericht die Zurückweisung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts auch darauf gestützt, daß die Klägerin Benutzungshandlungen ihrer Vorgesellschaft lediglich für den Bereich des Kfz-Handels nachgewiesen habe, so daß die Beklagte jedenfalls auf dem Gebiet der Kapitalanlage und Kapitalberatung, für das Benutzungshandlungen der Klägerin nicht vor dem Januar 1986 bewiesen seien, prioritätsältere Rechte habe. Auch danach könne – nach den Grundsätzen der Prioritätsaufspaltung – die Klägerin von der Beklagten das mit der Klage Begehrte nicht verlangen.

II.

Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung zwar im Ergebnis, nicht jedoch in allen Punkten der Begründung stand.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe vor ihrer Eintragung in das Handelsregister Namens- und Firmenrechtsschutz nicht erlangen können; Benutzungshandlungen aus der Zeit vor der Eintragung hätten daher bei der Beurteilung der Priorität außer Betracht zu bleiben. Dem kann nicht beigetreten werden.

a) Allerdings hat der Bundesgerichtshof in den beiden Entscheidungen, auf die das Berufungsgericht seine Auffassung gestützt hat, entschieden, daß die Namens- bzw. Firmenrechtsfähigkeit einer GmbH deren Eintragung in das Handelsregister voraussetze und demgemäß Firmenschutz für sie vor der Eintragung nicht in Betracht komme (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1956 – I ZR 49/54, GRUR 1957, 426, 428 – Getränke Industrie; BGH, Urt. v. 17.3.1965 – Ib ZR 58/63, GRUR 1966, 38, 41 – Centra). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend beachtet, daß diese Entscheidungen für die hier konkret zur Beurteilung stehende Frage der Namensschutzfähigkeit einer GmbH-Vorgesellschaft schon deshalb nicht ohne weiteres als einschlägig angesehen werden können, weil die Vorgesellschaft einer juristischen Person ihre heute gültige Ausprägung erst in der den Urteilen nachfolgenden Zeit gewonnen hat. Mit dem heute in Rechtsprechung und Literatur herrschend gewordenen Verständnis von Wesen und Rechtsnatur der Vorgesellschaft einer GmbH ist es jedenfalls nicht mehr vereinbar, ihr die Namens- bzw. Firmenrechtsfähigkeit und damit entsprechenden Rechtsschutz zu versagen.

b) Die bereits durch Gesellschaftsvertrag gegründete, aber noch nicht eingetragene GmbH (Vor-GmbH) stellt nach neuerer ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Rechtsgebilde eigener Art dar, das als notwendige Vorstufe zur juristischen Person dem Recht der eingetragenen GmbH schon insoweit untersteht, als es mit ihrem besonderen Zweck vereinbar ist und nicht die Rechtsfähigkeit voraussetzt (vgl. BGHZ 51, 30, 32 und BGHZ 80, 212, 214 jeweils m.w.N.). Dieses Rechtsgebilde ist nach heute nahezu einhellig vertretener Meinung zum Auftreten und Handeln im Rechts- und Geschäftsverkehr im weiten Umfang berechtigt und dabei – abgesehen von der Rechtsfähigkeit im engeren Sinne – einer juristischen Person bereits weitgehend angenähert (vgl. BGHZ 45, 338, 348; 80, 129, 132; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., S 11 Rdn. 45 ff.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 7. Aufl., S 11 Rdn. 29 f.;Rowedder/Rittner, GmbHG, 2. Aufl., S 11 Rdn. 77 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 13. Aufl., S 11 Rdn. 2 f.).

c) Eine in solcher Weise zum Auftreten im Rechtsverkehr befugte Organisation eigenen Rechts muß nach Sinn und Zweck der für die Gewährung von Namens- und Firmenschutz einschlägigen Bestimmungen (§ 12 BGB, § 16 UWG) als namens- bzw. kennzeichenrechtsfähig angesehen und behandelt werden; denn sie bedarf im Rechtsverkehr einer konkreten, die Unterscheidung von anderen Rechtssubjekten ermöglichenden Bezeichnung, der zur Vermeidung von sonst möglichen Verwechslungen und von unbilligen Interessenbeeinträchtigungen auch der Schutz durch die genannten Vorschriften nicht versagt werden kann. Rechtsfähigkeit des Namensträgers wird für den Namens- und Firmenrechtsschutz in der Rechtsprechung nicht vorausgesetzt (vgl. RGZ 78, 101, 102 – Gesangverein Germania; BGH, Urt. v. 9.1.1976 – 1 ZR 71/74, GRUR 1976, 311, 312 – Sternhaus; BGH, Urt. v. 28.1.1988 – I ZR 21/86, GRUR 1988, 560, 561 – Christophorus-Stiftung).

d) Mit Recht wird daher in der Literatur einhellig die Auffassung vertreten, daß die Vor-GmbH namens- bzw. (bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen, vgl. dazu Hachenburg/I. Heinrich, GmbHG, 8. Aufl., § 4 Rdn. 112) firmenrechtsfähig ist (vgl. Hachenburg/I. Heinrich aaO § 4 Rdn. 115 f.;Hachenburg/Ulmer aaO § 11 Rdn. 47; Scholz/K. Schmidt aaO S 11 Rdn. 30; Lutter/Hommelhoff aaO § 4 Rdn. 18; Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., S 4 Rdn. 46 u. § 11 Rdn. 12; vgl. auch LG Düsseldorf NJW-RR 1987, 874).

e) Demgemäß hat, da – wie noch auszuführen sein wird – die Bezeichnung „Columbus International” von Haus aus kennzeichnungskräftig ist, die Vorgesellschaft der Klägerin Namensschutz an dieser Bezeichnung durch Aufnahme ihrer geschäftlichen Betätigung unter dem späteren Firmennamen gewonnen (vgl. Hachenburg/I. Heinrich aaO S 4 Rdn. 116). Ob sie zu diesem Zeitpunkt bereits die Voraussetzungen auch der Firmenrechtsfähigkeit erworben hatte (vgl. Hachenburg/I. Heinrich aaO § 4 Rdn. 112), ist unerheblich, da der jedenfalls bestehende Namensschutz gemäß S 12 BGB sich bei dem hier in Frage stehenden Gebrauch des Namens im geschäftlichen Verkehr dem Umfang nach nicht von dem des § 16 UWG unterscheidet (vgl. schon RGZ 114, 90, 94 – Haus Neuerburg; BGHZ 11, 214, 215 – KfA; BGH, Urt. v. 3.12.1976 – I ZR 151/75, GRUR 1977, 503, 504 f. = WRP 1977, 180 – Datenzentrale; Großkomm/Teplitzky S 16 UWG Rdn. 18m.w.N. in Fn. 33).

f) Auf den Prioritätszeitpunkt dieses Namensschutzes ihrer Vor-GmbH kann die Klägerin sich berufen. Nach heute herrschender Meinung gehen mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister alle Rechte und Pflichten der Vor-GmbH auf die eingetragene Gesellschaft über (BGHZ 80, 129, 134-140; Hachenburg/Ulmer aaO S 11 Rdn. 72; Scholz/K. Schmidt aaO § 11 Rdn. 37). Dazu gehört auch das Namensrecht, dessen Schutz demgemäß fortwirkt, wenn und soweit der Name auch in der Firma der GmbH verwendet wird. Die mit diesem Übergang verbundene Änderung allein der Rechtsform des Namensträgers berührt die Priorität des Namens nicht (BGHZ 21, 66, 69 ff. – Hausbücherei; BGH, Urt. v. 19.12.1960 – I ZR 57/59, GRUR 1961, 294, 298 – ESDE; BGH, Urt. v. 25.11.1982 – I ZR 130/80, GRUR 1983, 182 f. – Concordia-Uhren).

g) Da das Berufungsgericht – unausgesprochen, aber rechtsfehlerfrei – davon ausgegangen ist, daß die (Gesamt-) Bezeichnung der Klägerin von Haus aus kennzeichnungskräftig ist und da die Entstehung des Rechtsschutzes an von Haus aus kennzeichnungskräftigen Kennzeichnungen lediglich ihre Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr voraussetzt (BGHZ 10, 196, 204 – DUN-Europa; st. Rspr.), kommt der Firma der Klägerin Kennzeichenrechtsschutz von dem Zeitpunkt ab zu, für den das Berufungsgericht eine Benutzung des übereinstimmenden Namens der Vor-GmbH als (frühestens) nachgewiesen angesehen hat, d.h. ab dem 1. August 1984 (Abschluß des Vertrags über die Miete eines Geschäftslokals; vgl. dazu näher Großkomm/Teplitzky, § 16 UWG, Rdn. 92 f.m.w.N.). Sie ist damit früher zur Entstehung gelangt als die Firma der Beklagten, da eine – mögliche – Benutzungshandlung der letzteren frühestens für den 15. August 1984 substantiiert behauptet worden ist. Die Erstbegründung des Berufungsgerichts, die auf der gegenteiligen Annahme beruht, erweist sich damit als nicht tragfähig.

2. Das Berufungsgericht hat sein Ergebnis hilfsweise damit begründet, daß ein etwaiger Zeitvorrang des Namens- oder Firmenrechts der Klägerin sich lediglich auf den nachgewiesenen ursprünglichen Tätigkeitsbereich der Vorgesellschaft, das heißt den Kfz-Handel beziehen könne, während im Tätigkeitsbereich der Beklagten, das heißt bei Kapitalanlagegeschäften, letzterer die Priorität zukomme, weil in diesem Bereich die Klägerin frühestens im Januar 1986, also nach festgestellter Benutzungsaufnahme durch die Beklagte, tätig geworden sei.

Ob dem unter dem vom Berufungsgericht in den Vordergrund gerückten Gesichtspunkt der Prioritätsspaltung beigetreten werden könnte, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil das Ergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangt ist, sich aufgrund seiner im Zusammenhang mit der Hilfsbegründung getroffenen Feststellungen jedenfalls unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als zutreffend erweist.

a) Wird die Priorität des Namens- bzw. Firmenrechts der Klägerin uneingeschränkt unterstellt, so kommt es darauf an, ob die spätere Ingebrauchnahme der ähnlichen Firmenbezeichnung durch die Beklagte Rechte der Klägerin im Sinne des § 12 BGB und/oder § 16 UWG verletzt. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, Verwechslungen mit der Firma der Klägerin hervorzurufen (§ 16 Abs. 1 UWG); denn bei der hier in Frage stehenden Verwendung eines Namens im geschäftlichen Verkehr geht – wie in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt, vgl. 11 1 e a.E. – der Schutz regelmäßig – zu hier nicht in Frage stehenden Ausnahmen vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., § 16 UWG Rdn. 8 u. Großkomm/Teplitzky § 16 UWG Rdn. 18 u. 20 – nicht über den des § 16 UWG hinaus (vgl. die Nachweise vorstehend unter 11 1 e a.E.).

b) Ob eine solche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt Urt. v. 14.11.1991 – I ZR 24/90, GRUR 1992, 110, 111 – dipa/dib) eine Rechtsfrage, die das Revisionsgericht in vollem Umfang selbständig prüfen kann, sofern die für eine rechtliche Prüfung erforderlichen Tatsachen feststehen.

Das Ergebnis einer solchen Prüfung hängt von der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, von der Kennzeichnungskraft der Schutz beanspruchenden Bezeichnung und von der Branchennähe ab, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen diesen Beurteilungskriterien eine Wechselwirkung dergestalt besteht, daß Ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft um so größer sein können, je entfernter voneinander die Gebiete liegen, auf denen die Namensträger sich betätigen (vgl. dazu aus jüngerer Zeit BGH, Urt. v. 26.9.1985 – I ZR 181/83, GRUR 1986, 253, 255 – Zentism.w.N.; BGH, Urt. v. 2.2.1989 – I ZR 183/86, GRUR 1989, 449, 451 = WRP 1989, 717 – Maritim; BGH, Urt. v. 7.6.1990 – I ZR 298/88, GRUR 1990, 1042, 1044 = WRP 1991, 83 – Datacolor; BGH GRUR 1991, 863, 864 – Avon, insoweit nicht in BGHZ 114, 105). Zum Ähnlichkeitsgrad und zur Kennzeichnungskraft hat das Berufungsgericht nähere Feststellungen zwar nicht getroffen. Anders als regelmäßig (vgl. dazu etwa BGH, Urt. v. 9.3.1989 – I ZR 153/86, GRUR 1989, 510, 513 – Teekanne II; BGH, Urt. v. 30.11.1989 – I ZR 191/87, GRUR 1992, 329, 332 = WRP 1990, 613, 617 – AjS-Schriftenreihe) erweist sich dies im vorliegenden Fall aber (ausnahmsweise) als unschädlich, weil im Hinblick auf den bestehenden Branchenabstand eine Verwechslungsgefahr auch dann zu verneinen ist, wenn im Wege der Unterstellung der Grad der Ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft zugrunde gelegt wird, der nach dem eigenen Vortrag der Klägerin äußerstenfalls angenommen werden kann. Anhaltspunkte für eine besondere, gesteigerte Kennzeichnungskraft der Firmenbezeichnung der Klägerin liegen – jedenfalls für den maßgeblichen Zeitpunkt der ersten Kollision – nicht vor. Die Bezeichnung setzt sich aus einem rein beschreibenden Begriff „International” und dem (prägenden) Bestandteil „Columbus” zusammen, dem – ungeachtet der im Hinblick auf den Amerika-Entdecker dieses Namens naheliegenden Häufigkeit seiner Wahl zur Kennzeichenbildung – in Ermangelung konkret festgestellter Schwächungen von Haus aus eine normale Kennzeichnungskraft zuzubilligen ist. Umstände, aus denen sich eine Steigerung dieser Kennzeichnungskraft ergeben könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere fehlte es im Kollisionszeitpunkt in Anbetracht der bis dahin verschwindend geringen Benutzung an jeglicher Bekanntheit im Verkehr. Neben somit normaler Kennzeichnungskraft ist vorliegend allerdings von einem hohen Ahnlichkeitsgrad auszugehen, da die prägenden Bestandteile der einander gegenüberstehenden Kennzeichen identisch sind und im Hinblick auf die Neigung des Verkehrs, Firmenbezeichnungen schlagwortartig zu verkürzen (vgl. dazu zuletzt, BGH, Urt. v. 28.2.1991 – I ZR 110/89, GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pflegerm.w.N.), auch damit gerechnet werden muß, daß sich die Bezeichnungen ungeachtet der abweichenden Zusätze, die sie enthalten, im Verkehr auch identisch gegenübertreten. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (vgl. BGH GRUR 1991, 863, 864 f. – Avon, insoweit nicht in BGHZ 114, 105), kann jedoch auch bei identischen Bezeichnungen – ja selbst bei einer vorliegend nicht gegebenen außerordentlich hohen, an Berühmtheit grenzenden Kennzeichnungskraft – die Verwechslungsgefahr dann verneint werden, wenn im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Branchen und andere gegebene Umstände nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Verkehr Verwechslungen der bezeichneten Unternehmen erliegen oder wenigstens irrtümlich nicht bestehende wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen ihnen annehmen werde. Ein solcher Fall liegt hier vor. Kraftfahrzeughandel und Kapitalanlagegeschäfte haben unmittelbar so wenig miteinander zu tun, daß eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne aufgrund bloßer Kennzeichenübereinstimmung jedenfalls dann ausscheiden muß, wenn nicht besondere Umstände – wie etwa Größe und Diversifikationsneigung des den Schutz beanspruchenden Unternehmens – die Annahme des Verkehrs nahe legen, hier könne es sich um eine Expansion in einen anderen Geschäftsbereich handeln. Solche Umstände fehlen vorliegend jedoch, und zwar so weitgehend, daß auch die Möglichkeit einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – in Form der Annahme wirtschaftlicher Zusammenhänge zwischen den bezeichneten Unternehmen – auszuschließen ist. Grundsätzlich besteht zwar – was das Berufungsgericht bei seiner Annahme einer „gespaltenen” Priorität außer acht gelassen hat – die Möglichkeit einer gedanklichen Verbindung zwischen Kraftfahrzeughandelsunternehmen und Unternehmen, die sich mit Kapitalgeschäften befassen, da erstere – verkehrsbekanntermaßen – sich zuweilen Unternehmen der letztgenannten Art zu Kreditierungsgeschäften beim Verkauf von Fahrzeugen bedienen. Bei einer Betätigung der Beklagten im Bereich solcher Finanzierungsgeschäfte wäre daher nicht ohne weiteres auszuschließen, daß der Verkehr – bei im wesentlichen übereinstimmenden Unternehmensbezeichnungen – auf wirtschaftliche Verbindungen der Unternehmen schließen könnte. Für den maßgeblichen Kollisionszeitpunkt ist eine solche Betätigung der Beklagten aber nicht festgestellt. Ihrer vollständigen Bezeichnung und ihrer gerade begonnenen Vorbereitungstätigkeit nach stellte die Beklagte sich als ein Unternehmen dar, das Vermögensanlagen anbot. Letztere sind – auch bei Beachtung der Tatsache, daß Kreditgewährungen durchaus eine Form der Vermögensverwendung in weiterem Sinne darstellen können – in den Augen des angesprochenen Verkehrs etwas grundlegend anderes als Kreditvermittlungsgeschäfte oder die Gewährung von Krediten an einzelne Kraftfahrzeugkäufer. Deshalb – und auch im Hinblick darauf, daß die Klägerin selbst sich im Kollisionszeitpunkt als ein gerade erst mit geringen Vorbereitungstätigkeiten zu einem Kraftfahrzeughandel beginnendes Unternehmen darstellte, bei dem ausgreifende Verbindungen mit anderen Unternehmen als fernliegend erscheinen mußten – kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr damals zur Annahme wirtschaftlicher Zusammenhänge der Parteien habe gelangen können.

III.

Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus S 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609444

BGHZ, 103

BB 1993, 163

NJW 1993, 459

GRUR 1993, 404

ZIP 1993, 144

GmbHR 1993, 103

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